Wie viel die Mitarbeiter bei SAP verdienen, hängt auch davon ab, wie sie von ihren direkten Vorgesetzten bewertet werden. Über die Jahre können so sehr unterschiedliche Gehälter rauskommen - bei ähnlicher Arbeit. Firmenbild
Von Daniel Bernock
Walldorf. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Auch wenn die Politik immer wieder an diesem Ziel arbeitet, sieht die Realität bei vielen Firmen noch anders aus. Beim nach Börsenwert wertvollsten deutschen Unternehmen, der Walldorfer SAP, scheinen die Unterschiede besonders groß zu sein. Wie Eberhard Schick, Mitglied des Betriebsrats bei dem Software-Konzern, am Donnerstag der RNZ sagte, lägen die Gehaltsunterschiede bei SAP heute bei "mehr oder weniger gleicher Tätigkeit" bei bis zu 80 Prozent. Ein Gehaltsunterschied von 50 Prozent innerhalb eines Teams sei keine Ausnahme, so der Arbeitnehmervertreter. Das komme häufig vor. Die Behauptung sei "aus der Luft gegriffen" und entbehre "jeder Grundlage", sagte ein SAP-Sprecher.
Die großen Unterschiede kommen laut Schick unter anderem daher, dass ältere Mitarbeiter teilweise noch Arbeitsverträge aus den "goldenen 90er Jahren" hätten, die bei der Höhe des Gehalts mit denen von heute nicht mehr vergleichbar seien. Zudem können die Vorgesetzten ihre Mitarbeiter bei einer Gehaltserhöhung je nach Leistung mehr oder weniger berücksichtigen - der "Nasenfaktor", wie es die Gewerkschaft IG Metall nennt. Das könne über längere Zeit dazu führen, dass das Gehalt mancher Mitarbeiter stärker steigt, als das anderer. Zum großen Lohngefälle trage auch bei, wenn Mitarbeiter eine Gehaltsrunde verpassen, etwa wenn sie in Elternzeit sind.
Viele SAP-Mitarbeiter würden teilweise gar nicht wissen, wie groß die Unterschiede beim Gehalt seien. Daher wolle der Betriebsrat bei diesem Thema bewusst mehr Aufklärungsarbeit leisten, sagte Schick. Die Arbeitnehmervertretung plädiert für ein transparenteres und gerechteres Vergütungssystem - wenngleich die meisten SAP-Mitarbeiter im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ein gutes Gehalt hätten, so Schick.
Beim Einstiegsgehalt sieht der Betriebsrat aber noch deutlich Luft nach oben, etwa im Vergleich zur Industrie, die ebenfalls zahlreiche IT-Kräfte beschäftigt. "Bei Heidelberger Druckmaschinen bekommt ein Software-Entwickler ein höheres Einstiegsgehalt als bei uns", sagte Schick. Gerade im Kampf um die besten Köpfe in der IT-Branche müsste SAP beim Einstiegsgehalt nachlegen. Immerhin, das sei erfreulich, stelle der Konzern weiter kräftig ein.
Ebenfalls positiv sieht Schick das seit Anfang Januar geltende Lohntransparenzgesetz. Danach haben Mitarbeiter das Recht, von ihrem Arbeitgeber Auskunft zu erhalten, wie viel die Kollegen mit einer ähnlichen Beschäftigung im Schnitt verdienen. Dieses Instrument müsse sich aber erst noch etablieren.
SAP hat am Donnerstag den Mitarbeitern mitgeteilt, dass ihre Gehälter rückwirkend zum 1. Januar im Schnitt um drei Prozent erhöht werden. Wie bei dem Softwarekonzern üblich, gilt dies jedoch nicht für alle Mitarbeiter pauschal. Vielmehr steigen alle Gehälter lediglich um 1,2 Prozent - und damit weniger stark als die Inflation, die 2017 auf 1,8 Prozent zulegte. Die restliche Lohnerhöhung, 1,8 Prozent, liegt im Ermessen des Vorgesetzten. Dabei steht nicht jedem Vorgesetzten das gleiche Volumen zur Erhöhung zur Verfügung. Wie viel genau, hänge von der Zusammensetzung des Teams ab, so der Betriebsrat. Je höher die Gehälter im Team, desto höher sei das Volumen für die Erhöhungen. "Dies führt zu einer zunehmenden Chaotisierung des SAP-Gehaltssystems", sagte Betriebsrat Schick.
Ende März sollen die Mitarbeiter der SAP erfahren, um wie viel Prozent sich ihr Gehalt erhöht. Die Gehaltserhöhung gilt laut SAP für alle rund 18.000 Mitarbeiter in Deutschland.