Die BASF rechnet mit anhaltend schwierigen Zeiten. Foto: dpa
Von Barbara Klauß
Ludwigshafen. "Das Coronavirus stellt die Welt auf den Kopf", erklärte BASF-Chef Martin Brudermüller, als er am Donnerstag die Zahlen fürs erste Quartal vorlegte. Zwar habe der Konzern bisher trotz allem wirtschaftlichen Gegenwind Kurs gehalten – doch sei das erste Quartal 2020 kein normales Quartal gewesen. "Das wird auch für das zweite Quartal gelten und wohl für das gesamte Jahr", fügte er hinzu. Es herrsche große Unsicherheit an den Märkten, zuverlässige Planungen seien derzeit kaum möglich. Konkrete Aussagen zur Umsatz- und Ergebnisentwicklung fürs laufende Geschäftsjahre traut sich der Ludwigshafener Chemieriese daher derzeit nicht zu.
Martin Brudermüller. Foto: dpaErst im Februar hatte die BASF den Ausblick – in Erwartung der gravierenden Folgen des Coronavirus – nach unten korrigiert. Davor hatte BASF für 2020 noch Erlöse von 60 Milliarden Euro bis 63 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 4,2 Milliarden bis 4,8 Milliarden Euro angepeilt. Doch auch das ist aus Sicht des Managements nun nicht mehr zu halten. "Dass wir aber in eine globale Pandemie von diesen Ausmaßen geraten, das haben auch wir nicht vorhergesehen", sagte Brudermüller nun.
Der weltweite Stillstand und die Nachfrageausfälle treffen die Chemiebranche, die als wichtiger Konjunkturindikator gilt, da ihre Produkte in praktisch allen großen Industriezweigen benötigt werden, und ihren Branchenprimus BASF deutlich. Daher rechnet der Konzern im zweiten Quartal mit einem deutlichen Absatzrückgang. Auch einen Verlust schließt BASF im zweiter Quartal nicht aus. Besonders die andauernden Produktionsunterbrechungen in der für die BASF so wichtigen Autoindustrie wird der Chemiekonzern wohl zu spüren bekommen. Um 24 Prozent ist die weltweite Automobilproduktion Brudermüller zufolge im ersten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahresquartal zurückgegangen.
Doch biete das diversifizierte Portfolio von BASF in dieser Situation auch Vorteile, wie der Vorstandsvorsitzende betonte – da nicht alle Kundenindustrien der BASF gleichermaßen von der Pandemie betroffen seien. So erlebten etwa die Bereiche Pharma, Reinigungsmittel oder Ernährung derzeit sogar eine zusätzliche Nachfrage. Zudem, so der BASF-Chef, zahle sich die finanzielle Solidität des Konzerns in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten besonders aus.
Bereits vor der Corona-Krise hatte der seit zwei Jahren amtierende Brudermüller ein Sparprogramm aufgesetzt, um den Konzern unter anderem durch schlankere Strukturen profitabler zu machen. Dazu gehören auch Stellenstreichungen. Der geplante Abbau von 6000 Stellen (rund die Hälfte davon in Deutschland) soll Ende 2020 erreicht werden – ein Jahr früher als geplant. 2019 hat der Konzern weltweit bereits 3100 Stellen abgebaut. "Wir beschleunigen unser Effizienzprogramm wo immer möglich", sagte Brudermüller am Donnerstag. Zudem stelle der Konzern seine Investitionsprojekte auf den Prüfstand. "Wir wollen die Ausgaben für Investitionen weiter senken. Zielgröße in diesem Jahr: 2,8 Milliarden Euro." Ursprünglich waren 3,4 Milliarden Euro geplant.
Ende April waren die Anlagen seinen Angaben zufolge im Durchschnitt noch zu mehr als 60 Prozent ausgelastet. "Dabei hilft, dass die meisten unserer Produkte in vielen Ländern als systemkritisch gesehen werden."Deshalb habe es weltweit nur wenige behördlich angeordnete Stilllegungen gegeben. Derzeit seien deutschlandweit rund 3700 Beschäftigte in Kurzarbeit, bei der BASF SE in Ludwigshafen deutlich unter 100.
Auch die Unternehmensführung will in diesen schwierigen Zeiten einen Beitrag leisten: So verzichten die BASF-Aufsichtsräte vom 1. April bis Ende des Jahres auf 20 Prozent ihrer Festvergütung, ebenso wie die Vorstände für das zweite Quartal 2020. "Abhängig von der weiteren Entwicklung im Laufe des Jahres werden wir weitere Schritte in Betracht ziehen", so Brudermüller.
An seiner Dividende für 2019 hält der Dax-Konzern trotz der Krise fest. Die Ausschüttung soll unverändert 3,30 Euro je Aktie betragen – die Hauptversammlung, die in diesem Jahr erstmals rein virtuell stattfinden wird, soll darüber am 18. Juni entscheiden. Brudermüller verteidigte diese Entscheidung. Die Förderbank KfW vergebe Staatskredite zum Insolvenzschutz an Firmen, die sich infolge der Corona-Krise nicht mehr ausreichend am Kapitalmarkt finanzieren könnten, sagte er. In diesem Fall erwarte die Bundesregierung, dass keine Dividende gezahlt werde. "BASF hat keinen solchen Notfallkredit beantragt und hat das auch nicht vor", betonte er. "Wir stellen unsere Finanzierung nach wie vor über den Kapitalmarkt sicher."
Am Donnerstag war die BASF-Aktie mit einem Minus von mehr als 5,5 Prozent der Verlierer im Dax. Dabei hatten die Zahlen Beobachter positiv überrascht. Das erste Quartal des Chemiekonzerns sei deutlich besser gewesen als von ihm erwartet, schrieb etwa Analyst Christian Faitz von Kepler Cheuvreux. Das zweite werde aber zu einem Test,
Für die zweite Jahreshälfte geht das Unternehmen von einer langsamen Erholung aus – auch wenn die Entwicklung momentan noch äußerst unsicher sei. "Auch die Prognosen von Wirtschaftsexperten verändern sich fast täglich in dramatischer Weise." Dennoch zeigte Brudermüller sich zuversichtlich: "Durch all unsere Maßnahmen sind wir gut aufgestellt, um die BASF erfolgreich – nicht nur durch die Coronakrise – zu führen."