Auf einem guten Weg sehen Vorstand und Aufsichtsrat den Druckmaschinenbauer Heidelberger Druckmaschinen. Das betonen (von links) Finanzvorstand Marcus Wassenberg, der Vorstandsvorsitzende Rainer Hundsdörfer und Aufsichtsratschef Martin Sonnenschein bei der virtuellen Hauptversammlung in Wiesloch/Walldorf. Foto: ZG
Von Barbara Klauß
Wiesloch/Walldorf. Die Querelen der Vergangenheit wollen sie hinter sich lassen und das traditionsreiche Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen neu aufstellen: schlanker, effizienter, als Mittelständler mit flachen Hierarchien. Bei der Hauptversammlung am Donnerstag beschwörten Vorstand und Aufsichtsrat den Blick nach vorne.
Vieles war neu an diesem Tag: Erstmals leitete der neue Aufsichtsratsvorsitzende Martin Sonnenschein das Aktionärstreffen, das corona-bedingt virtuell stattfand. Und erstmals stand der neue Finanzvorstand Marcus Wassenberg den Anteilseignern Rede und Antwort. Das passt zum Zustand des Unternehmens, das mitten in einem der größten Umbauten seiner jüngeren Geschichte steckt, wie Heideldruck-Chef Rainer Hundsdörfer sagte.
Der kriselnde Druckmaschinenbauer soll wieder profitabel werden. Unrentable Produkte stellt Heideldruck ein. 1600 der zuletzt 11.700 Arbeitsplätze fallen weg. Es wird mehr in China gefertigt, das Stammwerk in Wiesloch/Walldorf zum Hightech-Campus umgebaut. Man setzt zunehmend auf Digitalisierung, unter anderem mit dem Subskriptionsmodell, einer Art Abo-Modell. Zudem stößt das Unternehmen unprofitable Bereiche, die nicht zum Kerngeschäft gehören, ab. Alles werde schonungslos analysiert und auf den Prüfstand gestellt, so Hundsdörfer.
Bei den Aktionärsvertretern kommt das gut an: "Die machen nicht nur Ankündigungen", sagte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW), "sondern da passiert wirklich etwas." Er habe bei dieser Hauptversammlung viel Positives gehört. "Man spürt, dass die nach vorne wollen." Und dass sie Altlasten hinter sich lassen wollen.
Am Mittwochabend, dem Vorabend der Hauptversammlung, hatte das Unternehmen den Verkauf der Gallus Gruppe bekannt gegeben. Für 120 Millionen Euro geht der Spezialist für Etikettendruck an den Schweizer Verpackungskonzern benpac. Im Jahr 2014 erst hatte der St. Galler Unternehmer Ferdinand Rüesch seine Gallus Gruppe an Heideldruck verkauft. Im Gegenzug bekam er ein Aktienpaket mit neun Prozent am Unternehmen, wurde dessen größter Einzelaktionär und später Mitglied des Aufsichtsrates. Im vergangenen Jahr hatte Rüesch für Aufsehen gesorgt, weil er an einem Brief beteiligt war, in dem der Heideldruck-Vorstand und der Aufsichtsrat scharf angegriffen wurden. Im Herbst legte der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Siegfried Jaschinski sein Amt nieder.
Dass Heideldruck die Gallus Gruppe nun verkaufe, sehe es als Chance für Gallus, sich weiterzuentwickeln und erfolgreich zu wachsen, teilte Ferdinand Rüesch auf RNZ-Anfrage mit. "Für mich ist dieser Schritt auch sehr emotional, ich freue mich aber, dass Gallus von einem privaten Eigentümer weitergeführt wird." Mit seinem Anteil von derzeit rund 7,6 Prozent an Heideldruck werde er sich als Anteilseigner und Aufsichtsratsmitglied weiter engagieren, fügte er hinzu. Auch spreche nichts dagegen, nach dieser Amtszeit, die bis 2023 laufe, erneut für das Kontrollgremium zu kandidieren. Auf die Frage, ob sich sein Verhältnis zum Vorstand entspannt habe, antwortete er: "Mein Anspruch an den Vorstand, eine positive Performance zu zeigen, bleibt bestehen."
Die Unruhe in der Führung war auch Thema in dem Teil der Hauptversammlung, in dem Vorstand und Aufsichtsratschef Fragen der Anteilseigner beantworteten. Journalisten konnten diesem Teil der Online-Übertragung nicht folgen – aus "systemtechnischen Gründen", wie ein Sprecher mitteilte. Nach Auskunft der DSW ist das zwar ungewöhnlich, aber rechtens. Dem Fragenkatalog nach, den Marc Tüngler vom DSW vorab schriftlich eingereicht hatte, wollte er unter anderem wissen, wie das Unternehmen in Zukunft aufgestellt sein wird – und ob die Meinungsverschiedenheiten beigelegt sind. "Wir hoffen", formulierte Tüngler, "dass nun alle an einem Strang ziehen und sowohl Aufsichtsrat als auch Vorstand sowie die Belegschaft den Ernst der Lage erkennen und nunmehr konsensual Lösungen suchen." Das sei ihm, so der Aktionärsvertreter, glaubhaft versichert worden. Das Unternehmen habe nur eine Chance, wenn alle an einem Strang zögen, habe Hundsdörfer erklärt.
Martin Sonnenschein jedenfalls wurde, ebenso wie die Heidelbergerin Ina Schlie, in den Aufsichtsrat gewählt. Zudem wurde er als dessen Vorsitzender bestätigt. Sie seien zwar noch lange nicht da, wo sie hinwollten, erklärte er. Doch seien sie auf einem guten Weg, da ist er sich mit Hundsdörfer und Wassenberg einig.
Die Aktie, die zuletzt stark gelitten hatte und nicht mehr im S-Dax notiert ist, legte nach der Nachricht vom Gallus-Verkauf zu und stand am Abend mit einem Plus von gut 4 Prozent bei 0,71 Euro. Mit dem Verkauf könne sich Heideldruck zunehmend auf das Kerngeschäft konzentrieren und in schwierigen Zeiten liquide Mittel bekommen, kommentierte Analyst Eggert Kuls von Warburg Research.