Das Deutsche Weininstitut stellt einen Trend zu höherwertigen Glühweinen fest. Foto: dpa
Von Peter Zschunke
Mainz. Weniger süß soll er sein und nach heimischem Wein schmecken – Glühwein auf den Weihnachtsmärkten in Deutschland kommt zunehmend direkt vom Winzer. Auch wird in der Branche eine verstärkte Nachfrage nach weißem Glühwein beobachtet, allerdings regional unterschiedlich. "Wir haben einen Trend hin zu höherwertigen Glühweinen", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Bodenheim bei Mainz.
In der Vergangenheit bedienten sich nach Branchenangaben viele Standbetreiber auf Weihnachtsmärkten bei fertigen Glühweinen im Handel oder stellten aus einfachen Rotweinen aus Ost- oder Südeuropa eigene Glühweine her. Angaben zur Herkunft der Weine sind nicht erforderlich. Verboten sind Angaben zum Anbaugebiet oder einer bestimmten Lage. Zulässig sind aber geschützte Bezeichnungen wie "Nürnberger Glühwein" – zu den führenden Marktteilnehmern gehört die Gerstacker-Gruppe in der fränkischen Stadt. Das eigene Produkt entstehe "nach geheimer, alt-überlieferter Familienrezeptur", die auf Basis der Nürnberger Lebkuchen entwickelt worden sei.
Neben solchen großen Herstellern haben aber auch immer mehr Weinbaubetriebe damit begonnen, Glühwein herzustellen und in 30- oder 50-Liter-Behältnissen die Standbetreiber zu beliefern, wie Büscher beobachtet. Selbst Discounter hätten Winzer-Glühwein im Angebot.
Auch in Heidelberg wird vor allem Glühwein aus der Region ausgeschenkt, wie Mathias Schiemer, Chef des Weihnachtsmarkt-Veranstalters Heidelberg Marketing, kürzlich erklärte. So schenke Heidelberg Marketing an seinen Ständen ausschließlich den "Heidelberger Weihnachtsmarktglühwein" des Weinguts Adam Müller aus Leimen aus, andere Anbieter greifen auf Glühwein von Pfälzer Winzern zurück.
Während einige Stände sich mit Frucht- oder Spirituosenzusätzen von der Konkurrenz abzuheben versuchen, setzen andere auf die geschmacklichen Unterschiede der Rebsorten. Rote Glühweine aus Portugieser- oder Spätburgundertrauben seien eher gerbstoffarm, erklärt Büscher. "Wer es samtiger mag, nimmt Dornfelder oder Regent." Stark im Kommen seien weiße Glühweine. Ohnehin schon besonders aromatische Sorten wie Gewürztraminer, Muskateller oder Morio-Muskat bringen bereits eine eigene, zum Glühwein passende Würze mit.
Der rheinhessische Winzer Meik Dörrschuck, der gut ein Viertel seiner Ernte für Glühwein verwendet und bundesweit sowie in Nachbarländer vertreibt, bevorzugt beim Roten die Rebsorte Regent. Wenn die Menge nicht ausreicht, kommt noch etwas Dornfelder dazu. Er verwendet höchstens 65 Gramm Rübenzucker je Liter Wein. Welche Gewürze sonst noch zu "Oma Trudes Hausrezept" – benannt nach seiner Mutter – gehören, verrät Dörrschuk nicht: "Das bleibt geheim."
Nach einer Branchenschätzung werden in Deutschland rund 50 Millionen Liter Glühwein pro Jahr getrunken – pro Kopf der Bevölkerung sei das fast eine Flasche, sagt Büscher. Die Saison geht von Ende Oktober bis Weihnachten. In dieser Zeit ist Dörrschuck ständig auf den Beinen. Am besten sei der Verkauf bei Temperaturen zwischen null und zehn Grad, sagt er. Und er sieht eine neue Chance für den Glühwein: "Wir wissen, dass zur Fußballweltmeisterschaft im November und Dezember 2022 in Katar ein zusätzlicher Bedarf kommen wird."