Boykott-Forderung an SAP

"Es gibt nur gut oder böse"

Der ukrainische Präsident Selenskyj fordert den Softwarekonzern SAP auf, den Support russischer Firmen zu beenden.

14.03.2022 UPDATE: 15.03.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 38 Sekunden
Der ukrainischen Präsident Selenskyj während einer Rede in Kiew. Foto: dpa

Von Matthias Kros

Kiew/Walldorf. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Walldorfer SAP aufgefordert, keine Unterstützung ihrer Produkte in Russland mehr anzubieten. "Jetzt darf es keine ,halben’ Entscheidungen geben!", schrieb er am Sonntag über den Nachrichtendienst Twitter. "Es gibt nur schwarz und weiß, gut oder böse! Sie sind entweder für den Frieden oder unterstützen den blutigen russischen Aggressor, ukrainische Kinder und Frauen zu töten. SAP, hören Sie auf, Ihre Produkte in Russland zu unterstützen, stoppen Sie den Krieg!" Der Appell richtet sich auch an die amerikanischen Softwareunternehmen Microsoft und Oracle.

In der vergangenen Woche hatte bereits der ukrainische Vizepremierminister und Minister für digitale Transformation, Mykhailo Fedorov, den Softwarekonzern gebeten, seine Maßnahmen in Russland zu verschärfen. Die Walldorfer sollten die Unterstützung ihrer Produkte einstellen, "solange russische Panzer und Raketen die Ukraine angreifen!"



Screenshot des mit Google Translate übersetzten Tweets:


Ein Sprecher des Softwarekonzerns wollte zu dem neuerlichen Appell aus der Ukraine am Montag nicht Stellung nehmen. Er verwies auf einen Blog-Eintrag von Vorstandschef Christian Klein, der bereits Anfang März angekündigt hatte, das Geschäft in Russland wegen des Ukraine-Krieges herunterzufahren. "Im Einklang mit den Sanktionen stellen wir unser Geschäft in Russland ein und pausieren außerdem den Verkauf aller Dienstleistungen und Produkte", schrieb er am Donnerstag. Bestandskunden, die nicht unter die Sanktionen fielen, würden aber "im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen weiter bedient", hatte ein Sprecher zwei Tage später hinzugefügt.

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Dabei geht es beispielsweise um Programm-Updates, um Sicherheitslücken zu schließen, oder um rechtliche Neuerungen abzubilden. Zudem bieten Softwareunternehmen üblicherweise Unterstützung bei technischen Problemen an. Genau daran stört sich nun Selenskyj. Denn ohne diese Wartung drohen den Kunden schwerwiegende Probleme. In diesem Zusammenhang läuft angeblich sogar ein informeller Austausch zwischen der Bundesregierung und der SAP. Dabei geht es angeblich um die Frage, ob der deutsche Software-Anbieter gezielt Lizenzen russischer Kunden stilllegen könne. Um welche Kunden es im einzelnen geht, blieb auch am Montag unklar. Früheren Verlautbarungen zufolge gehören zu den SAP-Kunden in Russland etwa die Sberbank oder die Fluggesellschaft Aeroflot.

Auch in internen Belegschaftsforen von SAP soll der Fortbestand der Geschäfte in Russland teilweise kritisch gesehen werden. Das hatte in der vergangenen Woche das "Handelsblatt" berichtet. Mitarbeiter würden sich auf die Ethikrichtlinie des Konzerns berufen, die unter anderen die Einhaltung der Menschenrechte in der eigenen Geschäftstätigkeit und entlang der Wertschöpfungskette postuliere.

Gegenüber dem Betriebsrat hatte die Arbeitgeberseite ihren Support für Kunden, die nicht auf der Sanktionsliste stehen, damit begründet, dass in diesem Zusammenhang auch Lieferketten für Nahrungsmittel, Medikamente oder Medizintechnik betroffen seien.

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