Heidelberger Druck

Heidelberger Druckmaschinen

Hier finden Sie Informationen zum Wieslocher Druckmaschinenhersteller Heideldruck.

(Foto: Uli Deck/dpa)

Rainer Hundsdörfer im RNZ-Interview

"Einen Strukturwandel kann man nicht aussitzen"

Vorstandsvorsitzender der Heidelberger Druckmaschinen AG, will das Unternehmen mit einem digitalen Geschäftsmodell fit machen

20.07.2018 UPDATE: 21.07.2018 06:00 Uhr 5 Minuten, 19 Sekunden

Rainer Hundsdörfer will den Konzern Heidelberger Druckmaschinen wieder zu einem profitablen Unternehmen machen. Foto: Heidelberg

Von Thomas Veigel

Wiesloch. An der Wand von Rainer Hundsdörfers Vorstandsbüro hängt ein großes Bild eines formatfüllenden Bullen. Der Stier ist rot und strotzt vor Kraft, man hört ihn förmlich schnauben und mit den Hufen scharren. Aber er kommt nicht vom Fleck, ist gefangen im Rahmen des Gemäldes. Eine Allegorie auf den Zustand des Unternehmens? Das bereit ist für die Zukunft, eingestellt auf Wachstum, das aber noch auf sich warten lässt? Im Gespräch mit der Rhein-Neckar-Zeitung nimmt sich der Vorstandsvorsitzende der Heidelberger Druckmaschinen AG, der gerade von einer sogenannten Roadshow bei Investoren in den USA zurückgekommen ist, viel Zeit, um seine Idee von der Zukunft des Unternehmens zu erläutern. Der Mann ist begeistert vom Maschinenbauer Heidelberg, vom Know-how seiner Mitarbeiter und er ist fest von einer profitablen Zukunft überzeugt.

Herr Hundsdörfer, der Aktienkurs ist in ihrer bald zweijährigen Amtszeit zwischenzeitlich um 50 Prozent gestiegen, mittlerweile sind die Gewinne aber wieder weg. Schmerzt sie das?

Das ärgert mich vor allem, weil es unser Ziel ist, den Wert von Heidelberg kontinuierlich zu steigern. Dafür arbeiten wir alle sehr fokussiert an der digitalen Transformation. Die Analysten bewerten unsere mittelfristigen Aussichten auch positiv, aber der Kapitalmarkt denkt und handelt sehr kurzfristig. Mir wäre ein stabiler deutlich höherer Aktienkurs lieber, der uns erlauben würde, uns ganz auf die operativen Dinge zu konzentrieren.

Waren Sie wegen des Aktienkurses in den USA?

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Ja, wir kümmern uns verstärkt um unsere Anleger und überzeugen sie von unserer neuen Geschichte. Die Investoren in den USA verstehen unser Geschäftsmodell. Wir sind aber auch in anderen Regionen auf Roadshow unterwegs.

Verstehen die Leerverkäufer, die den Kurs seit Jahren unter Druck setzen, das Geschäft Ihres Unternehmens nicht?

Ich glaube nicht, dass sie es nicht verstehen, aber das sind Spekulanten, keine Anleger im klassischen Sinn. Die denken sehr kurzfristig, unterstellen, dass etwas schiefgehen wird und darauf wetten sie. Und weil unsere Wachstumsstrategie eher mittelfristig ausgerichtet ist, sind wir die erste Adresse für Leerverkäufer.

Aber auch vielen klassischen Aktionären reichen mittlerweile zehn Jahre Dauerkrise. Verstehen Sie, dass es denen zu langsam voran geht?

Ich verstehe die Ungeduld, die habe ich auch. Aber man kann ein Unternehmen nicht in drei Tagen umbauen, auch nicht in einem Jahr.

Der Umbau dauert aber doch schon fast zehn Jahre?

Weitermachen wie bisher hätte aber nicht funktioniert. Zehn Jahre wurde saniert und verkleinert. Damit wird das Unternehmen aber auf Dauer nicht auf die Beine kommen. Wir brauchten einen vollkommen neuen Ansatz, um auch wieder beim Umsatz zu wachsen und den haben wir formuliert: Digitalisierung, neue Digitaldruckprodukte, neue digitale Geschäfte, Subskriptions-Modelle. Operativ sind mittlerweile alle Themen auf Kurs. Mir geht es natürlich auch zu langsam, aber ich weiß, dass es nicht schneller machbar ist. Manche Dinge brauchen einfach Zeit und schließlich revolutionieren wir gerade die gesamte Branche mit unseren neuen Angeboten.

Konnten Sie nachvollziehen, warum die Sanierung vor Ihrer Amtszeit sich acht Jahre lang hinzog?

Einige Annahmen waren zu optimistisch: Der Boden war nicht erreicht, von dem es nach der Verkleinerung des Unternehmens wieder aufwärts gehen sollte. Der Boden ist zumindest bei den klassischen Geschäften auch heute nicht erreicht. Selbst ein stabiles Geschäft reicht nicht für eine profitable Zukunft. Dafür braucht es Wachstum und das kriegen wir nur mit einem neuen Ansatz. Einen Strukturwandel kann man nicht aussitzen.

Was macht Sie zuversichtlich?

Für mich war der Anreiz zu Heidelberg zu kommen, dass das Unternehmen in der Industrie, die ich kenne, die besten Voraussetzungen hatte, ein komplett neues Geschäftsmodell zu etablieren. Das Unternehmen hat die Kunden und die Daten, um gemeinsam mit ihnen ein effektives digitales Geschäftsmodell mit Maschinen und Verbrauchsmaterialien zu betreiben. Heidelberg wird ein neues Unternehmen, das klassische Maschinenbau-Geschäft wird zunehmend Vergangenheit.

Wann sehen Sie sich am Ziel?

Das Zwischenziel ist klar formuliert: Bis zum Jahr 2022 soll der Umsatz auf drei Milliarden Euro steigen und der Gewinn nach Steuern auf 100 Millionen Euro. Das soll aber nicht das Ende sein, auch danach wollen wir ein stabiles Wachstum zwischen sechs und zehn Prozent pro Jahr haben. Das braucht ein Unternehmen, um gesund zu sein. Je schneller wir dahin kommen, umso schneller können wir wieder Dividende zahlen. Mein persönliches Ziel ist erreicht, wenn das Unternehmen wieder nachhaltig wächst. Die Profitabilität kommt dann in Folge mit dem Wachstum. An unseren Strukturen im indirekten Bereich müssen wir weiter arbeiten. Wir sind noch nicht schlank und agil genug. Unsere Fabriken und unsere Produkte gehören zum Besten des Maschinenbaus.

Gibt es Risiken für Ihre mittelfristige Prognose?

Der politische Handelsstreit wird uns zwar nicht direkt betreffen, weil es keinen Druckmaschinenhersteller in den USA gibt, Strafzölle würden aber die Maschinen für unsere Kunden teurer machen. Das könnte zu einer Kaufzurückhaltung führen, und die Umsetzung unseres Plans ein Stück weit nach hinten schieben. Falls dies eintritt, können wir damit umgehen. Unsere Neugestaltung von Heidelberg ist damit nicht gefährdet, es würde nur etwas länger dauern.

Ihre Prognose für das laufende Jahr wurde als "unambitioniert" bezeichnet. Die Aktie ist dafür ordentlich abgestraft worden.

Der Markt erwartet leider kurzfristig zu viel. Unambitioniert sind wir ganz sicher nicht. Der Umbau des Unternehmens ist ein Kraftakt, der nicht von Anfang an ein großes Wachstum ermöglicht, weil die neuen Geschäftsfelder noch im Aufbau sind und damit erst mittelfristig nachhaltig wirken. Wir könnten natürlich auch kurzfristig optimieren, das ginge dann zu Lasten der langfristigen Perspektive. Wir haben nichts anderes gesagt als bereits ein Jahr zuvor prognostiziert. Damals ging der Kurs steil nach oben. Deshalb war ich von der aktuellen Reaktion an der Börse doch sehr enttäuscht.

Geht die Konsolidierung in der Branche der Druckmaschinenbauer weiter?

Wir sprechen mit Wettbewerbern im Rahmen des Erlaubten, aber enge Kooperationen oder Fusionen sind aus kartellrechtlichen Gründen im direkten Wettbewerbsumfeld eher nicht möglich. Dafür ist unsere marktbeherrschende Stellung mit einem Anteil von über 40 Prozent zu groß. Wir sind aber immer daran interessiert, Kompetenzen zu erwerben, die uns in der Umsetzung unserer Strategie helfen können.

Und wie sieht es bei Ihren Kunden, den Druckereien, aus?

Die Konsolidierung wird weiter gehen, der Druck auf die kleineren Betriebe weiter zunehmen. Das passiert weltweit, inzwischen sogar in China. Auf diese Entwicklung haben wir uns frühzeitig eingestellt und sie hilft uns, weil die entstehenden größeren Druckereien vor allem unsere neuen Hochleistungsmaschinen und digitalen Geschäftsmodelle kaufen.

Welche Rolle spielt China im Produktionsverbund?

Unser Standort bei Shanghai ist für unsere Standardmaschinen wichtig. Zwei Baureihen werden in China für den Weltmarkt produziert. Wir werden die dortigen Kostenvorteile auch weiterhin nutzen. Im Stammwerk Wiesloch/Walldorf wird es deshalb keinen deutlichen Abbau geben, aber wir werden die Altersfluktuation nutzen, um Produktion nach China zu verlagern, wenn sich das anbieten sollte.

Welche Aufgaben werden die Forscher und Entwickler nach ihrem Umzug von Heidelberg nach Wiesloch in Angriff nehmen?

Das Thema Digitaldruck wird wichtig bleiben, auch das Thema Workflow, also der softwaregestützte Arbeitsablauf in Druckereien hat noch großes Potenzial. Der "smart Printshop", also die Digitalisierung unserer Kunden, ist ein wichtiges und großes Arbeitsfeld. Wie können aus den gesammelten Daten neue Geschäftsmodelle entwickelt werden? Wir sind ja bereits sehr erfolgreich darin für unsere Kunden ganz neue Angebote zu entwickeln, die ihnen helfen, produktiver und profitabler zu werden.

Was passiert im Innovation Lab in Heidelberg, in dem Sie seit vielen Jahren zusammen mit BASF und Merck an der gedruckten Elektronik forschen?

Da passiert Einiges, gerade läuft eine erste Anwendung an, in einigen Monaten kann die vorgestellt werden.

Wie weit ist der Ausbau des geplanten Hightech-Campus?

Nach dem Umzug des Forschungs- und Entwicklungszentrums werden wir dieses Thema intensiv in Angriff nehmen. Wir haben geeignete Freiflächen, die wir für die Ansiedlung von Hightech-Unternehmen nutzen wollen, die zu uns passen. Gerade werden zwei Hallen für Start-Ups umgebaut. Dafür ist der Standort auch von der Infrastruktur her hervorragend geeignet, sowohl was das Werk und die Verkehrsanbindung betrifft als auch den leistungsfähigen Internet-Knoten, der auch dank unseres Nachbarn SAP zu den besten der Welt zählt.

Als Sie zu Heidelberg kamen, erzählten Sie von Ihrer langjährigen Begeisterung für das Unternehmen. Hat sich das bestätigt?

Ich bin immer noch begeistert. Es gab keine Überraschungen. Ich hätte den Wandel gerne schneller, die Ungeduld habe ich mit den Aktionären gemeinsam. Heidelberg ist eine tolle Firma, einer der besten Maschinenbauer und ich bin stolz, dass ich das hier machen darf. Ich bin zuversichtlich, dass wir unsere Ziele erreichen werden. Und ich kann nur allen raten, bleibt bei der Stange, geht den Weg des Unternehmens mit.

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