"Wir bekommen die Volumen teilweise nicht vom Hof" - fehlende Lkw-Fahrer machen HeidelbergCement zu schaffen. Foto: dpa
Von Daniel Bernock
Heidelberg. Die schwache Lira in der Türkei, die kränkelnde Wirtschaft Griechenlands, die Brexit-Sorgen und Trumps strenge Regeln bei der Einwanderung - HeidelbergCement ist durch die globale Aufstellung von den politischen Hochs und Tiefs unserer Zeit betroffen wie kaum ein anderes Unternehmen im Dax. So ging es auch am Dienstag bei der Vorstellung der Bilanz für das zweite Quartal quer durch alle Kontinente.
Insgesamt profitiert der Heidelberger Konzern von der guten Wirtschaftslage und den damit verbundenen Bautätigkeiten in weiten Teil der Welt. Besonders in Europa und in den USA liefen die Geschäfte gut. Gegenwind bekam der Baustoffkonzern bei den Energiekosten und den Währungen. Da der Großteil des Umsatzes außerhalb der Eurozone erwirtschaftet wird, schadet der starke Euro dem Unternehmen.
HeidelbergCement-Chef Bernd Scheifele bezifferte die Belastung alleine hier auf rund 54 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Gestiegene Energiekosten - das Unternehmen benötigt für die Produktion in den Zementwerken viel Kohle, die Lastwagen benötigen Kraftstoff - belasteten HeidelbergCement um bis zu 30 Millionen Euro.
Unterm Strich stand im zweiten Quartal ein Gewinn von fast 400 Millionen Euro, ein Plus um elf Prozent. Der Umsatz kletterte um vier Prozent auf 4,8 Milliarden Euro. Positiv auf den Gewinn wirkten sich geringere Finanzierungskosten aus. Zudem waren die Restrukturierungskosten im zweiten Quartal niedriger als im Vorjahreszeitraum. Das soll jetzt auch so bleiben.
Wie Finanzvorstand Lorenz Näger sagte, sei die Integration von Italcementi abgeschlossen, die Finanzierungskosten sollten dank "freundlicher Kapitalmärkte" weiter zurückgehen. Das Unternehmen bestätigte daher den positiven Ausblick für das Gesamtjahr. Mit Preissteigerungen will der Konzern die höheren Energiepreise ausgleichen.
In Europa profitierte das Unternehmen von dem aktuellen Bauboom. Besonders in Frankreich, Deutschland und Spanien seien die Geschäfte gut gelaufen. In Großbritannien sei jedoch gerade im privaten Bausektor eine Verunsicherung zu spüren, die zu einer Zurückhaltung bei Privatleuten führe. Dafür investiere der Staat derzeit stärker in Infrastrukturprojekte.
Schlusslicht in Europa sei erneut Griechenland gewesen. "Die Erholung des Landes hat nur bei europäischen Politikern stattgefunden", sagte Scheifele. Die harten Zahlen würden eine andere Sprache sprechen - nämlich, dass die griechische Wirtschaft am Boden liege. Hoffnung mache ein geplantes Projekt am früheren Hauptstadtflughafen in Athen, der derzeit brach liegt. Chinesen wollen dort bis zu acht Milliarden Euro investieren. "Das würde der Wirtschaft neuen Schwung geben", so Scheifele.
"Schwierig" sei die Situation in der Türkei. Mit dem Zerfall der Lira sei auch die Entwicklung im privaten Bausektor massiv zurückgegangen, die Regierung um Erdogan halte hingegen mit großen Bauprojekten dagegen. Noch gestern wollte Scheifele in die Türkei fliegen, um mit dem lokalen Management die Situation und das weitere Vorgehen zu besprechen. "Wir schauen gespannt, wie sich die Situation vor Ort entwickelt."
Abgesehen von den lokalen Herausforderungen hemmt ein weiteres Phänomen das Wachstum des Konzerns: Es wird vielerorts immer schwieriger Fachkräfte zu finden, etwa Lastwagen-Fahrer. "Wir bekommen die Volumen teilweise nicht vom Hof", sagte Scheifele. Gerade in den USA habe die erstarkte Öl- und Gasindustrie viele Fahrer abgeworben. "An einem typischen Montag kommen einfach 20 Prozent der Fahrer nicht", so der HeidelbergCement-Chef. Das sei schwierig auszugleichen.
In wirtschaftlich starken Gegenden, wie etwa im Silicon Valley, sei es schwer, Lastwagen-Fahrer zu finden - vor allem seit US-Präsident Donald Trump weniger Menschen aus Südamerika ins Land lässt, die häufig auf den Baustellen des Landes arbeiten. Das gleiche Problem gebe es in Osteuropa, wo viele Arbeitskräfte ihr Land in Richtung Westen verlassen hätten.