Ist die Ähnlichkeit Zufall oder ein Fall von Spionage? Eine Concorde (l) und eine Tupolev TU-144 im Technik Museum in Sinsheim. Foto: dpa
Wolfsburg. (hab) Ob ein Neandertaler beim anderen abgeschaut hat, wie man am schnellsten einen Faustkeil herstellt, wissen wir nicht. Menschlich wäre es schon. Doch bereits aus historischen Zeiten sind Fälle bekannt, die heute als Wirtschaftsspionage bezeichnet werden würden - gelungene und fehlgeschlagene.
Jahrhundertelang fehlgeschlagen ist die Ausforschung der venezianischen Glasmacher auf Murano. Bei Todesstrafe war es den Glasmachern verboten, ihr Wissen an andere weiter zu geben. Diese Drohung wirkte lange, völlig verhindern konnte sie nicht, dass heute buntes Glas ein Allerweltsartikel ist.
Schon vor 3500 Jahren gelang es den Indern, das Geheimnis der chinesischen Seidenherstellung zu lüften. Eine chinesische Prinzessin hatte sich als Spionin verdingt und Seidenraupen in ihren Haaren geschmuggelt. 3200 Jahre später war es erneut das Reich der Mitte, das als Angriffsziel einer Spionage-Attacke diente. In 300 Brennöfen der Stadt Jingdezhen wurde das "weiße Gold" Porzellan gebrannt.
Ein Jesuitenpater gelangte im 18. Jahrhundert in die Stadt und schaffte es Rezepturen, Herstellungsvorschriften und Porzellanproben nach Frankreich zu schmuggeln. Der deutsche Alchimist Johann Friedrich Böttger entwickelte in Dresden eine alternative Methode und bald wimmelte es im Königreich Sachsen von Spionen. Das Geheimnis war auf Dauer nicht zu halten.
Zwei indische Männer beim Färben von Seide. Eine chinesische Spionin brachte Seidenraupen versteckt in ihren Haaren in das Land. Foto: dpa
Auch der Krupp-Stahl ist das Produkt von mehreren Spionagereisen der deutschen Stahlkocher nach England. 1823 fuhr Eberhard Hoesch mit dem Dampfschiff über den Ärmelkanal und spionierte aus, wie man Stahl bruchfester und elastischer machen kann. Krupp wurde später zum strengsten Verfechter der Bewahrung wichtiger Informationen im Unternehmen. Bis zum kleinsten Arbeiter musste jeder Kruppianer damit rechnen, strengstens bestraft zu werden, wenn er beim Informationsdiebstahl erwischt wurde.
1839 entdeckte Charles Goodyear das Verfahren der Vulkanisierung von Kautschuk. Aus Kautschuk wurde dadurch Gummi. Die brasilianische Kautschukindustrie boomte. Bis der Engländer Henry Wickham 1976 die Samen des Kautschukbaumes nach Malaysia schmuggelte und dort eigene Kautschukplantagen groß zog.
In der Neuzeit gehören das französische Überschall-Passagierflugzeug Concord und der Nasa-Raumgleiter Spaceshuttle zu den eklatantesten Beispielen eines vermeintlichen Ideenklaus durch die Russen. Derselbe Vorwurf wurde laut als die Chinesen lieber eine eigene Transrapid-Variante bauen wollten, als die deutschen Exporte weiter zu kaufen. Oder als sich der französische TGV in Südkorea auf dubiose Weise gegen den deutschen ICE durchsetzte. Bewiesen wurde in beiden Fällen nichts.
Der Fall Lopez war 1993 ein besonders drastisches Beispiel für Datenverrat durch ehemalige Mitarbeiter. Als Lopez von General Motors zu VW wechselte, soll er sein Wissen mitgenommen und weiter gegeben haben. Es kam zu Gerichtsverfahren, die in Vergleichen endeten und Lopez musste VW verlassen. VW musste Schadensersatz an Opel zahlen. Ein Cyber-Angriff von fünf israelischen Firmen auf ihre Konkurrenten erfolgte 2004. Es wurden CDs mit Angeboten verschickt. Die enthielten eine Spionagesoftware, die unbemerkt Trojaner installierte und die von Virenscannern nicht erkannt wurden. Der Trick war einfach, aber erfolgreich.