Wallbox des Druckmaschinenbauers: Nach fast drei Jahren Marktpräsenz ist die Ladestation ein Erfolgsmodell. Foto: zg
Von Gaby Booth
Heidelberg. Die Nachfrage nach Elektroautos wächst mittlerweile enorm. Nicht zuletzt verlocken die staatlichen Fördergelder derzeit immer mehr Menschen dazu, sich mit dem Thema Elektromobilität anzufreunden. Aber vor dem Umstieg vom Benziner oder Diesel auf das Elektroauto gibt es immer noch viele Fragen zu klären.
Es sind vor allem zwei Knackpunkte, die die Entscheidung pro Elektrofahrzeug dann doch bremsen: Wie weit komme ich mit einer Tankfüllung, sprich Ladung? Muss ich Angst haben auf der Autobahn liegenzubleiben? Und wo kann ich bequem die Batterie (Akku) aufladen? Schließlich hat nicht jeder das Glück, dass sein Arbeitgeber Ladesäulen zur Verfügung stellt, sodass die Bürozeit zum Laden genutzt werden kann.
Während die Autobauer an längeren Reichweiten tüfteln, ist das öffentliche Netz an Ladestationen immer noch recht dürftig. Da bietet sich die private Ladestation in der Garage oder vor dem Haus an.
Bei der Heidelberger Druckmaschinen AG hat die Geschäftsführung schon vor acht Jahren festgestellt, dass sich da eine Bedarfslücke auftut – und die Chance für den Einstieg in ein neues Geschäftsfeld gesehen. 2012 fragten die ersten Automobilhersteller an, ob das Unternehmen nicht in der Lage und interessiert sei, mit seinem Know-how im Bereich der Elektronik in die Entwicklung und Produktion von Ladekabeln beziehungsweise Wallboxen einzusteigen.
Da wurde für die Geschäftsleitung klar, dass man an einem Wendepunkt in der Frage der Elektromobilität stand und reagierte. Im Werk Wiesloch-Walldorf wurde daraufhin geforscht, entwickelt und schon bald die "Heidelberg Wallbox" geboren, die inzwischen immer mehr Abnehmer im privaten Bereich findet.
Im Jahr 2018 kam diese erste Ladestation auf den Markt: Die Heidelberg Wallbox Home Eco. In diesen Tagen folgt bereits die zweite fortentwickelte Generation, die noch viel mehr kann. Sie heißt Heidelberg Wallbox Energy Control. Für Vorstandsvorsitzenden Rainer Hundsdörfer steht fest: "Elektroautos werden eine Option für mehr und mehr Autofahrer. Diesen Trend wollen wir für uns nutzen und mit unseren Kompetenzen von diesem Wachstumsmarkt profitieren."
"Wir haben das Know-how aus unserer eigenen Elektronikfertigung und kennen sämtliche Stromnetze auf dieser Welt, was für eine Expansion ins europäische Ausland von großer Bedeutung ist", erklärt Marco Flach, Leiter der Verkaufs- und Marketingabteilung E-Mobility, warum sich das Unternehmen, das eigentlich auf die Herstellung von Druckmaschinen spezialisiert ist, auf dieses Terrain gewagt hat. "Die Wallbox ist auch das erste Produkt, das wir direkt an den Endverbraucher verkaufen", so Flach.
Nach fast drei Jahren Marktpräsenz wird die Wallbox zum Erfolgsmodell. Die Nachfrage steigt. Die Vertriebskanäle scheinen zu funktionieren. Seit der Markteinführung 2018 konnten mehrere tausend Endkunden direkt, aber auch über zahlreiche Großhändler und Onlinehändler für das erste Modell gewonnen werden. "Mittlerweile haben sich Heidelbergs Ladesysteme im Markt für Elektrofahrzeuge fest etabliert", begrüßt der Vorstandsvorsitzende, Rainer Hundsdörfer, die steigende Nachfrage. Vor allem die "schlauere" Wallbox der zweiten Generation wird für gewerbliche Abnehmer interessant. Bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres (Ende März 2021) sei ein Absatz von 30.000 Wallboxen vorstellbar, so ein Unternehmenssprecher.
Der ADAC hat das Produkt mit dem H-Logo auf dem silbernen Gehäuse bei verschiedenen Tests mit der Gesamtnote 1,1 ausgezeichnet. "Das macht uns schon alle stolz", sagt Marco Flach. Die Technologie eignet sich sowohl für private Haushalte als auch für halböffentliche Einrichtungen. Auf der Handelsplattform Amazon ist die Heidelberg Wallbox Home Eco bereits eines der meistverkauften Ladesysteme in Deutschland. Aber Achtung: Zur Installation ist selbstverständlich ein Elektrofachbetrieb erforderlich.
Die Elektriker der Region verspüren die Nachfrage der Kunden, die bei sich zu Hause eine Wallbox einrichten wollen und dafür fachmännische Installation brauchen. Weil zu dem Thema noch viel Informationsbedarf besteht, holen sie sich bei dem Wieslocher Unternehmen Rat. "Inzwischen bekommen wir 700 Anrufe pro Monat und Dutzende von E-Mails von dieser Seite", so Marco Flach. Um den Wissensdurst zu stillen, bietet die Firma Webinare an, auch für die Großhändler.
Mit der zweiten Wallbox-Generation, der Energy Control, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Da passt es, dass der Gesetzgeber kürzlich das Wohneigentumsgesetz novelliert hat. Denn dann dürfte es in Zukunft leichter werden, auch in Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen Gemeinschaftsladestationen einzurichten. So wird es einfacher, in Garagen mit mehreren Fahrzeugen Lademöglichkeiten zu schaffen. "Die Heidelberg Wallbox Energy Control mit integriertem Lastmanagement ermöglicht das gleichzeitige Laden mehrerer Fahrzeuge und bietet damit für Mehrfamilienhäuser, in Garagen mit mehreren Parkplätzen sowie auf Firmen- und Hotelparkplätzen eine attraktive Ladelösung", verspricht Heideldruck. Bis zu 16 Hybrid- oder Elektrofahrzeuge könnten dann gleichzeitig geladen werden.
Bisher haben das löchrige Netz an Ladestationen sowie die lange Ladezeit die ganz große Nachfrage an Elektroautos ausgebremst. In den letzten Monaten zeichnet sich jedoch ein Umdenken ab. "Elektro- und Hybridautos könnten nach einer Umfrage des Vermittlungsportals Verivox bei Deutschlands Autofahrern bald beliebter sein als Dieselfahrzeuge. Gut 18 Prozent wollen sich nach Aussage des Marktforschungsinstitutes Innofact bei ihrem nächsten Autokauf einen Wagen mir reinem Batterieantrieb oder Plug-In-Hybridmotor anschaffen.
Momentan gibt es rund 20 Anbieter von Elektroladestationen für den privaten Bereich. Wenn im nächsten Jahr ein neues Gesetz die Normen und Vorschriften verschärft, wird sich der Markt bereinigen, vermutet Marco Flach. Für die Heidelberger stehen die Chancen gut, dass sie vorne mit dabei sein werden. Mit weiter steigenden Zulassungszahlen für Elektrofahrzeuge steigt zugleich der Bedarf am selben Ort mehrere Fahrzeuge gleichzeitig laden zu können. Das Logo mit dem großen H könnte in Zukunft vermehrt auch im europäischen Ausland auftauchen. Die Heidelberger Ladesysteme sind für ganz Europa (außer Norwegen) zugelassen.