Als die TSG Hoffenheim Meister in der B-Klasse wurde
1969/70 feierten die Kicker aus "Hoffe" den Titel in der Nordstaffel - Warum dem SV Tiefenbach Platz eins in der Südstaffel nicht zum Aufstieg reichte

Von Hans-Ingo Appenzeller
Sinsheim. Der SV Tiefenbach, so weisen es die Tabellen aus, besaß vor 50 Jahren die treffsicherste Formation aller 46 Mannschaften, die in der Spielzeit 1969/70 im Fußballkreis Sinsheim von der B-Klasse bis hoch in die 2. Amateurliga aktiv waren. Das bedeutete für die SVler zwar die Meisterschaft in der B-Klasse, Staffel Süd, aber nicht den Aufstieg. 33 Tore weniger, wenn auch an nur 24 Spieltagen, standen bei der TSG Hoffenheim zu Buche. Mit diesen und nur 18 Gegentoren sammelten die Männer aus "Hoffe" vor einem halben Jahrhundert 36:6 Punkte, was in der B-Klasse Nord unübertroffen blieb und den Aufstieg bedeutete.
Für die TSG Hoffenheim endete die Saison 1969/70 mit der dritten Meisterschaft und dem dritten Aufstieg nach dem Krieg. Waren die Hoffenheimer in der Nachkriegszeit dreimal Vizemeister der Nord-Staffel geworden, reichte es nach der Spielzeit 1956/57 zum Titelgewinn und dem ersten Aufstieg. Die TSGler hielten nur eine Saison die Klasse und verpassten danach zweimal nacheinander als Vizemeister den Wiederaufstieg. Deshalb folgte die zweite Meisterfeier erst 1960/61. Danach blieben die Blau-Weißen bis einschließlich der Runde 1964/65 im Kreisoberhaus.
Als die Neueinteilung des Kreises in Bezirksliga, Kreisklasse A und B vollzogen wurde, genügte ein fünfter Tabellenplatz in der B-Klasse Nord für die neue A-Klasse. Ab der Spielzeit 1987/88 begann unter Trainer Helmut Jedele eine erste Hochphase. Zunächst wurde die TSG Meister der A-Klasse. Nach einem Jahr ging es zwar wieder in die B-Klasse zurück, doch ab 1990/91 führte der Fahrstuhl nur noch in eine Richtung: nach oben. Meister der B-Klasse, 1991/92 Meisterschaft und Aufstieg in die Bezirksliga, 1996 in die Landesliga, das Jahr danach – unter Trainer Roland Schmitt – in die Verbandsliga.

Vor 50 Jahren aktivierten sich die TSGler – auf dem Platz, aber auch drum herum. Nachdem das Intermezzo auf fremden Plätzen und im provisorischen, später nicht mehr für den Spielbetrieb genehmigten "Ochsenkopfstadion" nahe der Elsenz Richtung Sinsheim beendet und der neue Platz am "Großen Wald" fertiggestellt war, gingen die TSG-Verantwortlichen an den Bau eines Klubhauses. Außerdem formierte sich ein neues Team. Mit den Neuen Alfred Grab, Gerhard Denk und Werner Wiedemann sorgte ein Trio für einen Aufschwung und eine überzeugende Meisterschaft. "Wir waren damals gewiss nicht der Favorit. Das war der SV Grombach", erinnert sich Werner Wiedemann. Eine der zwei Niederlagen kassierten die Hoffenheimer in der Vorrunde gegen Grombach, doch revanchierten sie sich in der Rückserie und machten den Weg frei für den Titel.
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Beim ersten Blick auf die Südstaffel taucht vor allem eine Frage auf: Warum stieg der SV Tiefenbach trotz Platz eins nicht auf? Die Antwort ist einfach: Der TSV Kürnbach und die damals geltende Spielordnung des Badischen Fußballverbandes vermasselten es. Die Kicker der Schwarzrieslinggemeinde, die erst eine Spielzeit zuvor vom mittelbadischen Bereich aus dem Fußballkreis Bruchsal in den Sinsheimer Spielbetrieb gewechselt waren, schlossen die Runde ebenfalls mit 43:9 Punkten ab. Ein Entscheidungsspiel, was damals bei Punktgleichheit erforderlich war, musste den Aufstieg regeln. Es war eine klare Angelegenheit: Mit 3:0 gewann der TSV in Stebbach vor einer stattlichen Zuschauerkulisse.

"Wir waren in diesem Match zu nervös und einfach gehemmt", kennt Norbert Schell die Gründe – und fasst sich an die eigene Nase: In der entscheidenden Phase hatte er einen Elfmeter verschossen. Schell gehörte zu jener SVT-Elf, die den Titel erst eine Runde später mit eindrucksvollen 43:5 Punkten und 103:27 Toren einfuhr – einen Titel, den sie in Tiefenbach als "erste Meisterschaft" bezeichnen. Was 1969/70 erschwerend hinzu kam: "Goalgetter Bruno Schilling war acht Spiele lang gesperrt. Mit ihm hätten wir mehr Punkte geholt und ohne Entscheidungsspiel den Aufstieg geschafft. Immerhin hat er trotzdem 27 Tore erzielt", so Schell.

Die beiden Meisterschaften innerhalb eines Jahres hatten eine bis heute anhaltende positive Wirkung. In den Nachkriegsjahren hatte sich der SV Tiefenbach zunächst schwergetan. Nach sieben Spielzeiten stellte der SVT den Spielbetrieb ein. Es fehlte am Personal. Keine Jugend kam nach. Erst 1957 rollte wieder der Ball, ab 1966 auch wieder im Nachwuchsbereich. Drei Emsige und Unerschütterliche – Wendelin Rechner, Eddi Wech und Manfred Fellhauer – verstanden es, die Tiefenbacher Jugend für den Fußball zu begeistern. Daraus wuchs der Stamm der Meistermannschaft. Stolze neun A-Jugendliche stießen 1970 in die "Erste", belebten das SVT-Team weiter und wiederholten die Meisterschaft – diesmal auch mit dem Aufstieg, wie sich Norbert Schell erinnert. Dieser hatte ein Angebot des VfB Eppingen abgelehnt, in die Fachwerkstadt zu wechseln. Gerade in diesen jungen, neu hinzukommenden Spielern sah Schell die Verbindung zum Heimatverein – und hielt die Treue. Die auch kameradschaftlich homogene Garde war damals nicht nur erfolgreich, sondern handelte aus dem gemeinsam Erlebten beispielhaft. Zunächst als aktive Fußballer, dann als Ehrenamtliche in den unterschiedlichsten Vereinspositionen. Mit Berthold Emmerich und Bruno Schilling an der Spitze sind heute noch mehrere ehemalige Meisterspieler stabile, agile Triebfedern des Vereinsgeschehens.
Der TSV Kürnbach war in dem spannenden, tempogeladenen Aufstiegsspiel vor 1000 Zuschauern die überlegene Mannschaft. In der 38. Minute erzielte Helmut Münchinger mit einem herrlichen 20-Meter-Schuss die Führung, die Jürgen Körber kurz vor der Pause auf 2:0 ausbaute. In der 78. Minute hielt TSV-Torwart Karlheinz Reichle bravourös Schells scharf geschossenen Elfmeter, ehe Markus Steinmetz in der 88. Minute das Endergebnis herstellte.
Beide Vereine pflegen seit jener Zeit Kontakte. "Bis heute stehe ich mit Berthold Emmerich in Verbindung", freut sich der langjährige TSV-Spielausschussvorsitzende und Jugendleiter Robert Usner. Zehn Jahre nach dem 3:0 fand ein Erinnerungsfreundschaftstreffen "mit allem Drum-und Dran" in Kürnbach statt. Auch ein Jahr später in Tiefenbach, beim Rückspiel, traten beide Mannschaften mit den Spielern der Saison 1969/70 an. Der TSV Kürnbach gewann zum damaligen Saisonabschluss auf dem Eschelbronner Sportplatz übrigens auch noch die sogenannte Kreismeisterschaft der B-Klasse gegen Hoffenheim.