Derdiyok verliert vor Gericht und bleibt in "Trainingsgruppe 2"
Die Einstweilige Verfügung wird abgeschmettert: Eren Derdiyok darf bei 1899 Hoffenheim nicht in die "Trainingsgruppe 1" zurück.

Heidelberg. Im Rechtsstreit zwischen 1899 Hoffenheim und Stürmer Eren Derdiyok ist der Bundesligist zunächst mit 1:0 in Führung gegangen. Gestern um kurz vor fünf wies der Vorsitzende Richter Lothar Jordan vom Arbeitsgericht Mannheim/Heidelberg den Antrag des Schweizer Nationalspielers ab, künftig wieder mit der Profimannschaft in der sogenannten "Trainingsgruppe 1" trainieren zu dürfen. Derdiyok verbleibt bis auf Weiteres, wie auch der im Gerichtssaal anwesende Tobi Weis, Torhüter Tim Wiese, Matthieu Delpierre und Edson Braafheid, in der "Trainingsgruppe 2".
Es ist allerdings nur ein rein prozessualer Teilerfolg der Hoffenheimer. "Der Fall sei nämlich "keine Sache für ein Eilverfahren", erklärte Jordan die entscheidende juristische Feinheit. Nur wenn Derdiyok ein "nicht wiederbringbarer Schaden" entstanden wäre, sei dies anders. Jetzt geht es am 12. September in einem Hauptsacheverfahren weiter - und da hat Derdiyok dann gute Chancen. Jordan wurde nicht nur in diesem Punkt sehr deutlich. Die materiell rechtliche Lage sei so, dass 1899 Hoffenheim den Spieler Derdiyok einer Trainingseinheit zugeordnet habe, die einer Teilnahme an einem geordneten Trainingsbetrieb unter dem Chefcoach nicht entsprechen würde. Dies sei für den Verfügungskläger (Anm. d. Red. Derdiyok) keine dem Mustervertrag der Deutschen Fußball Liga (DFL ) adäquate Beschäftigung.
Zuvor hatte es der erfahrene Vizepräsident des Arbeitsgerichts noch vergeblich mit einem Vergleichsvorschlag versucht. Abwechselnd sollte Derdiyok an den Übungseinheiten der beiden verschiedenen Trainingsgruppen teilnehmen dürfen. Das lehnte jedoch 1899 kategorisch ab. Der Gegenvorschlag: Markus Gisdol würde in Zukunft die Arbeit der Exil-Fußballer neben dem Dietmar-Hopp-Stadion unter die Lupe nehmen. Im juristischen Dschungel ist es nämlich auch von Bedeutung, ob der Chef sich persönlich einen Eindruck vom Leistungsstand seines Profi-Kickers macht. Doch Jordans Versuch scheiterte.
Schon vorher hatte der Richter den beteiligten Parteien die Leviten gelesen: "Was sie hier machen, versteht kaum jemand." Jordan schoss scharf und fügte hinzu: "Ich will Sie hier nicht vor Gericht sehen." Es war ein frommer Wunsch des bekennenden Eishockey-Anhängers, der zugleich das Gesamtgefüge der Deutschen Fußball Liga und des Deutschen Fußball Bundes (DFB) als "prekäre Ecke unserer Gesellschaft" bezeichnete. Bereits am 31. Juli hatte auch Jürgen Leister, Heidelberger Fachanwalt für Arbeitsrecht, in der RNZ gesagt: "Im Fußball passieren oft Dinge, die arbeitsrechtlich fraglich sind."
Interessante Details kamen im Landgericht, wohin man wegen des Presseandrangs ausgewichen war, an den Tag. Eren Deryok verdient derzeit bei der TSG 140 000 Euro Grundgehalt monatlich. Das sollte ab 1. Juli 2015 auf 180 000 Euro im Monat ansteigen. Der Angreifer erklärte eidesstattlich, dass ihm Gisdol am 28. Juni mündlich mitgeteilt habe, er spiele bei ihm sportlich keine Rolle mehr und solle sich einen neuen Verein suchen. Hoffenheim behauptet dagegen, dies sei nicht in Stein gemeißelt und eine Rückkehr in die "Trainingsgruppe 1" sei offen.
Öffentlich wurde weiter, dass unter anderem Juventus Turin, Bursaspor und Hannover 96 Derdiyok ausleihen wollten. Geklappt hat es kein einziges Mal, auch weil Derdiyok aus "sportlichen und menschlichen Gründen" nicht nach Italien wollte. Hoffe fordert also weiter mindestens 500.000 Euro Leihgebühr, wobei es sogar höhere Angebote gegeben haben soll. Der Klub möchte aber wohl keine Gehaltssubvention betreiben. Derdiyok betonte, er sei bereit, auf 30 bis 40 Prozent seines Gehaltes zu verzichten.
Dann kamen die Bewertungen - und beide Parteien versuchten, einen Sieg zu vermelden. Dabei gab es nur Verlierer.