Im Mittelfeld wird's eng
Nicht nur Florian Grillitsch und Nadiem Amiri streiten sich um einen der wenigen Plätze

Von Nikolas Beck
Garmisch-Partenkirchen. Florian Grillitsch muss einen Moment lang überlegen. "Auswärts in Köln war ganz gut von mir, denke ich", erinnert sich Hoffenheims Mittelfeld-Stratege dann doch. In der Tat: Beim 3:0-Erfolg im November gegen den "Effzeh" hatte der 22-Jährige einen Sahnetag erwischt. "Bärenstarker Auftritt", fand auch die RNZ damals.
Ansonsten sei Grillitsch aber nicht wirklich zufrieden gewesen mit seiner ersten Saison im "Hoffe"-Trikot. Er sei generell sehr selbstkritisch, sehe noch reichlich Verbesserungspotenzial in seinem Spiel, berichtet er im Trainingslager in Garmisch-Partenkirchen, wo er den Grundstein für eine (noch) bessere zweite Saison legen möchte.
Denn die unprätentiöse Selbstbewertung des "Ösis" wird seinen Leistungen nicht gerecht: Nach Startschwierigkeiten im Anschluss an seinen Wechsel aus Bremen in den Kraichgau, hat sich Grillitsch nicht ohne Grund schnell einen Stammplatz im Team von Trainer Julian Nagelsmann erkämpft. Der "Sechser" hatte maßgeblichen Anteil daran, dass der TSG nun "eine sehr spannende Saison mit der Champions League" bevorsteht.

Für die Königsklasse wurde in Hoffenheim aber vor allem im Mittelfeld aufgestockt. "Das freut mich, Konkurrenzkampf ist immer gut", sagt Nadiem Amiri. Der 21-Jährige geht bereits in seine vierte Profisaison und streitet sich im von Nagelsmann bevorzugten "5-3-2"-System künftig unter anderem mit Grillitsch, Kerem Demirbay, Robert Zulj, Vincenzo Grifo, Leonardo Bittencourt sowie den beiden noch verletzten Dennis Geiger und Lukas Rupp um die wenigen Plätze in der TSG-Schaltzentrale.
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"Ich weiß jetzt, dass ich mich in jedem Training voll reinhängen muss", sagt Amiri - und lässt in "Garmisch" seinen Worten direkt Taten folgen. Der U21-Europameister hängt sich voll rein, läuft viel, ist immer anspielbar, strahlt Torgefahr aus. Amiri sagt, er sei bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Dabei helfen sollen auch wertvolle - und schmerzvolle - Erfahrungen der vergangenen Spielzeit, aus denen der gebürtige Ludwigshafener seine Lehren gezogen habe: Damals verkürzte Amiri nach der U21-EM in Polen seinen Sommerurlaub, um nicht zu viele Einheiten der Vorbereitung zu verpassen. "Im Nachhinein würde ich das anders machen", räumt er ein. Auch bei einer Fußverletzung Anfang des sei er zu ungeduldig gewesen.
"Mit Schmerztabletten kannst du eben nicht alles regeln", weiß der Deutsch-Afghane, nachdem die Verletzung ihren Teil dazu beigetragen hat, dass er in der Rückrunde häufig auf der Bank saß.
Dennoch: Statt sich für einen Wechsel zu entscheiden - den Ligakonkurrenten Leipzig und Schalke 04 sowie Vereinen aus England wurde großes Interesse nachgesagt - will der Ludwigshafener sich durchbeißen. Auch, weil sein Traum von der Königsklasse mit einem Jahr Verspätung in Erfüllung gehen soll. Um optimal vorbereitet zu sein, habe er schon im Urlaub noch mal eine Schippe draufgepackt.
Amiri nennt es die "Vorbereitung auf die Vorbereitung" - körperlich und mental. Auch Yoga hat er in sein Training eingebaut. Inspiriert durch seinen ehemaligen Mitspieler und guten Kumpel Serge Gnabry. "Da habe ich schnell gemerkt, dass mir das richtig gut tut", so Amiri, der mit guten Leistungen bei der TSG und der U21 auch bei Bundestrainer Joachim Löw seine Visitenkarte hinterlegen will.
Florian Grillitsch durfte bereits elf Mal für die ÖFB-Auswahl spielen. An seine 80 Minuten gegen Deutschland Anfang Juni denkt er gerne zurück: Kurz vor der Weltmeisterschaft gewann Österreich 2:1.
"Das war überragend", sagt Grillitsch, "auch, wenn der Sieg jetzt vielleicht nicht mehr ganz so aussagekräftig ist." Dann muss der gebürtige Neunkirchner grinsen, feixt mal weniger zurückhaltend: "Vielleicht haben wir die Deutschen damals ja gebrochen."
Getreu dem Motto: Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr? Für Grillitsch, für Amiri - und für alle anderen Bewerber im hart umkämpften Hoffenheimer Mittelfeld gilt jedenfalls mehr denn je: Verstecken verboten.