Rückkehrer Grifo will im zweiten Anlauf durchstarten
Fußball-Freigeist und Familienmensch - Seit erstem Gastspiel gereift

Rückkehrer Vincenzo Grifo (r.) spürt bei Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann das Vertrauen, das er in Gladbach vermisst hat. Foto: APF
Von Nikolas Beck
Garmisch-Partenkirchen. Für ein Späßchen sind Ermin Bicakcic und Adam Szalai immer zu haben. Als die beiden Hoffenheimer Profis am Montag nach dem Mittagessen sehen, dass ihr Kamerad Vincenzo Grifo sich mit einer Handvoll Journalisten in eine stille Ecke des Mannschaftshotels verzogen hat, können sie sich einen Spruch nicht verkneifen.
"Wechselst Du schon wieder?", rufen der Bosnier und der Ungar, empört über das Medieninteresse am italienischen Neuzugang. "Ja, aber nur gleich zu Euch aufs Zimmer", kontert "Vince". Die Chemie scheint schon mal zu stimmen.
Doch die - freilich nicht ernst gemeinte - Frage der beiden Spaßvögel kommt nicht von ungefähr: Die TSG ist bereits Grifos fünfte Profistation - mit gerade einmal 25 Jahren. Nachdem der Edeltechniker 2013 mit Hoffenheim sein Bundesligadebüt feiern durfte, ging es leihweise für ein halbes Jahr nach Dresden, anschließend für eine Spielzeit zum FSV Frankfurt, ehe Transfers nach Freiburg und zu Borussia Mönchengladbach folgten - und nun eben zurück zur TSG.
"Alte Liebe rostet nie", schmunzelt Grifo und gibt an, die fulminante Entwicklung des Dorfklubs genau verfolgt zu haben: "Da gab es immer eine starke Bindung." Für den gebürtigen Pforzheimer fühle sich die Rückkehr "ein bisschen wie nach Hause kommen" an.
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Grifo ist ein Familienmensch. Wenn er bei einer Tasse Cappuccino von seinen Brüdern - der eine 30, der andere 21 - und den Eltern, die Mama aus Lecce in Apulien, der Papa aus Sizilien, spricht, funkeln seine Augen. Seiner Freundin Vanessa (24) gab er erst vor wenigen Wochen das Ja-Wort. "Für einen Italiener gibt es nichts Schöneres, als die Familie um sich herum zu haben", lächelt Grifo. Nun will er in der Nähe seines Zuhauses auch endlich eine sportliche Heimat finden.
Seine Hoffnungen setzt der "Straßenkicker", der bis zur A-Jugend beim 1. CfR Pforzheim spielte, dabei vor allem auch auf seinen Trainer. "Julian ist bekannt dafür, dass er Spieler weiterbringen kann." Sagt Grifo über Nagelsmann. Und betont sicherlich nicht zufällig: "Er weiß, wie man mit den Spielern umgeht."
Bei Nagelsmann spüre der Fußball-Freigeist das Vertrauen, das er brauche. Genau das Vertrauen, das er in Gladbach so vermisst hat. "Es hat wehgetan", gibt Grifo zu. Ein Spieler müsse von seinem Coach nicht immer die ganze Hand, aber zumindest immer mal wieder einen Finger gereicht bekommen. Grifo und Gladbach - abgehakt.
Auch dank negativer Erfahrungen wie dieser, glaubt Vince, sei er heute reifer als bei seinem vorläufigen Abschied aus Hoffenheim 2015. Damals wurden dem Mittelfeldmann taktische Defizite und ein mangelhaftes Defensivverhalten nachgesagt. Heuer soll es dagegen nur eine nette Anekdote und kein symbolträchtiges Bild sein, dass er nach der Trainingseinheit am Vormittag - geübt wurden Gegenpressing und das richtige Verhalten nach einem Ballverlust - mit einem beherzten Torschuss Nagelsmanns Taktiktafel abräumt.
"Den wollte ich genau dahin haben", lacht Grifo. Nagelsmann nimmt‘s gelassen, lässt den Übeltäter Grifo am Nachmittag bei einer Spielform das neutrale Leibchen überstreifen, dessen Träger als freier Spieler immer das Team im Ballbesitz unterstützt.
Also veni, vidi, Vince? Behält Grifo die Lockerheit bei, die er in den ersten Einheiten am Fuß der Zugspitze an den Tag legt, ist ihm zuzutrauen, im zweiten Anlauf bei "Hoffe" durchzustarten.
So, wie er das Ende Oktober - damals noch im Fohlen-Dress - in der Rhein-Neckar-Arena tat: Beim Gladbacher 3:1-Erfolg durfte er erstmals von Beginn an auflaufen und zeigte eine überragende Leistung. An Ort und Stelle sollen Sternstunden dieser Art fortan regelmäßig zu bewundern sein. "Befreit aufspielen und alles raushauen" will Grifo.
In der Bundesliga, aber auch in der Champions League. Von der Situation, die er bei der TSG im Sommer 2018 vorfindet, träume jeder Fußballer, strahlt Grifo.
Wenngleich er einräumt: "Ich weiß natürlich nicht, ob ich heute hier wäre, wenn ich in Gladbach ein überragendes Jahr gehabt hätte." Grifo: "Aber es gibt eben auch so etwas wie Schicksal."