Waldhof-Trainer Kenan Kocak denkt an Abschied
Obwohl der Aufstieg in die Dritte Liga verpasst wurde, gab’s gestern einen Empfang beim Mannheimer Oberbürgermeister

Kenan Kocak
Von Frank Enzenauer
Mannheim. "Meine bitterste Niederlage. So was wünsche ich keinem. Das geht mir emotional sehr nahe." Auch am Tag nach dem 0:2 gegen die Sportfreunde Lotte und dem verpassten Aufstieg des SV Waldhof in die Dritte Liga rang Trainer Kenan Kocak um Fassung. Sogar an Abschied von seinem Herzensverein denkt der 35-Jährige ("Ich bin, flapsig formuliert, ein deutscher Waldhof-Türke"), trotz mehrfachen Nachfragens drückte er sich vor einem Bekenntnis, seinen bis Juni 2017 datierten Vertrag zu erfüllen. Stattdessen sagte er zu Reportern: "Vielleicht ist es manchmal besser, wenn man einen Verein trainiert, zu dem man nicht so eine emotionale Bindung hat." Und mit einem verlegenen Lächeln: "So ist Fußball: Ein Kommen und Gehen."
Immerhin gewiss ist: Der Großteil der Mannschaft, die Meister der Regionalliga Südwest wurde, bleibt bei den Blau-Schwarzen, auch Leistungsträger wie Torhüter Markus Scholz, Innenverteidiger Michael Fink, Mittelfeldspieler Ali Ibrahimaj und Torjäger Jannik Sommer. Ob sich freilich Kapitän Hanno Balitsch, in beiden Verabredungen mit Lotte bester Waldhöfer, eine weitere Saison in der Viertklassigkeit zumuten mag, ist zweifelhaft, zumal der 35 Jahre alte Ex-Profi bereits angekündigt hat, seine Karriere in der ZDF-Sportredaktion zu forcieren. Kocak ahnt Schlimmes: "Sollte Hanno nicht weiter machen, wäre das für den Verein so bitter wie der Nichtaufstieg."
Obwohl der SV Waldhof sein Traumziel verfehlte, entschied sich Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD), die traurigen Verlierer im Mannheimer Rathaus zu empfangen und ehren. Kurz war Augenzeuge des Lotte-Spiels und beeindruckt von der fantastischen Stimmung im mit über 22 000 Zuschauern annähernd ausverkauften Carl-Benz-Stadion. "Das war eine Demonstration der Euphorie - und das ist Ihr Verdienst, Ihre Leistung", sagte der OB mit Blickrichtung zur "starken Mannschaft." Überhaupt: "Der SV Waldhof gehört in den bezahlten Fußball!"
Knapp 150 Waldhof-Fans waren am Montagnachmittag ins Rathaus gekommen, auch Landtagsabgeordnete und Stadträte. Vereint beklatschten sie die Spieler, Trainer und Teambetreuer und sangen Trotziges: "Waldhof gibt nie auf! Waldhof gibt nie auf!" Kapitän Balitsch nahm den Ball auf in seiner eloquenten Rede: "Der Verein muss beharrlich dran bleiben. Lotte könnte als Vorbild dienen, sie sind vor drei Jahren auch in der Relegation gescheitert ..."
Die Relegation abschaffen würde am liebsten Waldhof-Interimspräsident Klaus-Rüdiger Geschwill: "Die Lösung muss der direkte Aufstieg für die Meister sein." Einer entsprechenden Initiative mehrerer Regionalliga-Vereine unter Federführung von Hessen Kassel hat sich Waldhof angeschlossen, "und das hätten wir auch gemacht, wenn wir uns gegen Lotte durchgesetzt hätten", sagte Geschwill. Der 58-jährige Unternehmer aus Graben-Neudorf, der seit dem Rückzug von Steffen Künster im April den Klub bis zur Präsidiumswahl führen wird, strebt zudem eine Einigung mit dem Aufsichtsrat und der "Mannheimer Runde" an, wie er gestern im Gespräch mit der RNZ erklärte. Geschwill befürwortet das Investorenmodell um den Heidelberger Top-Manager Bernd Beetz. In der kommenden Woche will Beetz auf einer Pressekonferenz seine umstrittenen Pläne erläutern und sich der Öffentlichkeit erstmals vorstellen.