Uwe Koschinat hat mit Sandhausen noch viel vor. Foto: vaf
Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Die neunte Saison des SV Sandhausen in der zweiten Liga soll zur besten werden. Statt "nur" den Klassenerhalt hat sich der Liga-Zwerg einen einstelligen Tabellenplatz zum Ziel gesetzt. Die Testspiele gegen überwiegend starke Gegner waren durchwachsen, ihre Aussagekraft ist aber ohnehin umstritten. Die 0:3-Niederlage am Samstag beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern wertete der Sportliche Leiter Mikayil Kabaca als "Warnsignal". Es kam offenkundig an, denn am Sonntag gab es ein 1:1 beim Erstligisten SC Freiburg.
> Die Vorbereitung: Ketsch statt Kärnten. Zwei kurze Trainingslager in der Nähe statt ein langes weit weg. Der SV Sandhausen geht einen Sonderweg. "Ich will damit Lagerkoller vermeiden", erklärt Trainer Uwe Koschinat. Nicht nur die Seele, auch die Sehnen blieben heil. Alle sind gesund.
> Die Testspiele. Beim 0:3 in Kaiserslautern war nur die erste Halbzeit gut. Auch beim 1:1 gegen eine Freiburger Mannschaft ohne einige Stammspieler waren die Sandhäuser vor der Pause besser. Das frühe Führungstor durch Kevin Behrens (8.) war, so Trainer Uwe Koschinat, eine zu bescheidene Ausbeute. Ermedin Demirovic (76.) glich aus. Davor gab es ein 1:0 in Mainz, ein 3:3 gegen den französischen Zweitligisten Nancy und ein 1:6 beim VfB Stuttgart.
> Die Neuzugänge: Der SV Sandhausen hat auf Perspektiv-Spieler verzichtet. Die fünf Neuen (Dirk Röseler, Diego Contento, Daniel Keita-Ruel, Nikolas Nartey und Anas Ouahim) haben das Potenzial zu Stammspielern, vielleicht sogar Leistungsträgern. Erfreut stellt Präsident Jürgen Machmeier fest: "Zum ersten Mal seit wir in der Zweiten Liga sind, haben wir alle Spieler bekommen, die auf unserer Wunschliste ganz oben standen."
> Die Abgänge: Mit fünf (Jesper Verlaat, Leart Paqarada, Roman Hauk, Rurik Gislason und Markus Karl) wurden die Verträge nicht verlängert. Sieben weitere Profis (Florian Hansch, Marlon Frey, Alex Rossipal, Sören Dieckmann, Besir Halimi, Ivan Paurevic und Philip Türpitz) dürfen trotz bestehender Arbeitsverhältnisse ablösefrei gehen. Der kräftige Einschnitt ist gerechtfertigt, auch wenn er voraussetzt, dass die Neuen besser sind und es wenige Ausfälle gibt.
> Die Stärken: Mit dem letztjährigen 14-maligen Torschützen Kevin Behrens, mit Aziz Bouhaddouz und Neuzugang Keita-Ruel bringt Sandhausen enorme Wucht vors gegnerische Tor. Das entspricht der Philosophie des Trainers. Uwe Koschinat bevorzugt ein zielstrebiges, schnelles und vor allem körperbetontes Spiel. Falls Paqarada (Machmeier: "Wir haben uns nicht sonderlich bemüht, ihn zu halten") durch Contento zumindest gleichwertig ersetzt wird, gibt es kaum Gründe an der Stabilität der Abwehr zu zweifeln. Sie war in der vergangenen Runde mit 45 Gegentoren die fünftbeste der Klasse .
> Die Schwächen: Nur Absteiger Dresden und Sankt Pauli haben weniger Tore erzielt als der SV Sandhausen. Die Konsequenz: Allein-Unterhalter Behrens erhält Unterstützung durch Keita-Ruel, Nartey und Ouahim sollen für mehr Torgefahr aus dem Mittelfeld sorgen. Auch auf Achterbahn haben die Kurpfälzer keine Lust mehr. Koschinat will die DNA des Ligazwerges ändern. Bisher war man zu schnell mit zu wenig zufrieden. Das führte nach starken Phasen zu gewaltigen Abstürzen und einem Zickzack-Kurs im letzten Spieljahr.
Torwart Fraisl und Alex Zhirov sind zwei von zehn gesetzten Spielern. Foto: vaf> Die Wunschelf: Gleich zwei "Entdeckungen" des Trainers werden vermutlich in Steinbach beginnen: Erik Zenga als einer von drei Innenverteidigern und Robin Scheu links hinten für Diego Contento, dessen Werte, so der Trainer, noch besser werden müssen. Die voraussichtliche erste Elf: Fraisl - Diekmeier, Nauber, Zhirov, Zenga, Scheu - Linsmayer, Nartey (Taffertshofer) - Biada - Keita-Ruel, Behrens.
> Das Umfeld: Jürgen Machmeier steht über allem. Einer muss entscheiden, mehrere Meinungen sind trotzdem gut.
> Die Zuschauer: Beim Zweitliga-Auftakt am Samstag, 19. September, ab 13.30 Uhr, gegen Darmstadt 98, dürfen 460 Zuschauer ins Stadion. Die nicht übertragbaren Karten werden unter den Dauerkarten-Inhabern der letzten Runde und Mitgliedern verlost. Dazu müssen Anträge gestellt werden.
> Der Trainer: Uwe Koschinat bezeichnet sich als "treuen" Menschen. Sieben Jahre in Koblenz folgten sieben Jahre bei Fortuna Köln. Jetzt verriet der 49-jährige Fußballlehrer: "Ich könnte mir vorstellen, auch in Sandhausen sieben Jahre zu arbeiten." Machmeier hätte nichts dagegen: "Wir wollen mit Uwe Koschinat Jahr für Jahr besser werden." So viel besser, bis Koschinats Karriereplan zu den Ambitionen des Vereins passt? Der Wahl-Kölner hat den Ehrgeiz, irgendwann mal in der Bundesliga zu arbeiten.
> Die Prognose: Bei seiner Verlängerung bis 2022 hat der Trainer versprochen, Sandhausen unter den besten 25 Klubs in Deutschland zu etablieren. Dem Präsidenten würde erst mal ein einstelliger Tabellenplatz reichen. Eine Platzierung zwischen den Rängen sieben und neun ist mit der gezielt verstärkten, sehr erfahrenen und eingespielten Mannschaft durchaus realistisch.