Der Sandhäuser Torwart Martin Fraisl erhielt erstmals Post vom österreichischen Fußball-Bund. Damit wurden seine starken Leistungen in den ersten Spielen belohnt. Foto: vaf
Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Am Dienstag erhielt Martin Fraisl zum ersten Mal Post vom Österreichischen Fußball-Bund. Der 27-jährige Torwart des SV Sandhausen wurde auf Abruf für die Länderspiele gegen Griechenland, Nordirland und Rumänien nominiert. Damit folgte die Belohnung für die "spektakulären Paraden" (Trainer Uwe Koschinat) gegen Darmstadt (3:2) und in Nürnberg (0:1) auf dem Fuß. Vor dem Heimspiel des Zweitligisten am Freitag (18.30 Uhr) gegen den FC St. Pauli hat der Spätberufene der RNZ ein ungewöhnliches Karriere-Ziel verraten. Fraisl wohnt mit seiner Michaela und seiner drei Monaten alten Tochter Mia in Mühlhausen.
Martin Fraisl, uns können Sie es gestehen: Sie haben im Urlaub heimlich trainiert. Oder wie ist Ihr sensationeller Start in die neue Runde zu erklären?
Sie liegen nicht ganz verkehrt. In saß im Urlaub bei meinen Eltern viele Stunden vor dem Computer. Ich habe mir jedes Spiel der vergangenen Runde mindestens zweimal angeschaut, um zu lernen. Ich habe den unbändigen Ehrgeiz, besser zu werden.
Dabei hilft Ihnen auch Daniel Ischodanat?
Unser Torwart-Trainer leistet überragende Arbeit. Gerade beim Positionsspiel profitiere ich ungemein von seiner Analyse und Erfahrung. Wahrscheinlich ist er der Beste in der Zweiten Liga.
Sie bilden sich auch in anderer Form weiter. Der Bestseller "Das Rennen meines Lebens" des ehemaligen Ski-Olympiasiegers und Weltmeisters Hermann Maier, der nach einem schweren Sturz wieder zurückkam, gehört zu Ihrer Lieblings-Lektüre.
Ich verschlinge Bücher, in denen es um Erfolg und Gewinnen geht. Für einen Torwart ist die mentale Verfassung von großer Bedeutung.
Erst mit 16 haben Sie sich für den Fußball und gegen eine Karriere als Ski-Rennläufer entschieden. Andere sind in diesem Alter schon lange in einem Nachwuchs-Leistungszentrum. Das können Sie nicht mehr aufholen?
Ich sehe es anders. Ich hänge die verlorenen Jahre hinten dran. Ich will bis 42 auf höchstem Niveau spielen.
Das ist ein ehrgeiziges Ziel.
Ich habe einen eisernen Willen, ich tue viel für meinen Körper. Ernähre mich gesund, wobei es einmal in der Woche auch ein Burger sein kann – für die Seele. Und ich habe das Glück, dass ich gute Gene habe – als Bauernbub .
Lassen Sie mich schnell nachrechnen: 2035 ist der SV Sandhausen ein etablierter Bundesligist und Martin Fraisl mit 42 als einsamer Rekordhalter auf seiner Abschieds-Tournee.
Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich in die Bundesliga will. Gerade in der Zweiten Liga sind die Unterschiede minimal. Paderborn, Fürth, Darmstadt sind Aufsteiger, mit denen keiner gerechnet hat. Damit will ich nicht sagen, dass unser Ziel in dieser Saison der Aufstieg ist.
Nach den Eindrücken der ersten Spiele dürfte es auch schwer werden.
Klar, wir müssen uns gegen St. Pauli vor allem gegenüber dem Spiel in Nürnberg steigern. Ich rechne mit einem tollen Spiel, freue mich, dass wieder Zuschauer im Stadion sein dürfen. Ich vertraue Uwe Koschinat. Unser Cheftrainer hat bisher noch immer Lösungen gefunden.
Am Freitag gibt es ein Wiedersehen mit Leart Paqarada.
Ein netter Kerl. Wir können gerne miteinander plauschen – nachdem wir das Spiel gewonnen haben.
Nach guten Aktionen jubeln Sie wie ein Feldspieler, nach einem Tor. Das ist ungewöhnlich.
Ich lasse Emotionen raus, sporne an. Mich selbst und die Kollegen.
Manuel Riemann, einer Ihrer Vorgänger, hat mal den eigenen Abwehrspieler, Seyi Olajengbesi, gewürgt, um dessen Aufmerksamkeit zu erhöhen.
Davor muss keiner Angst haben. Ich helfe niemanden, wenn ich ihn böse angehe. Loben und ermuntern ist schlauer.
Werden wir erleben, dass der Torwart Martin Fraisl über ein von ihm erzieltes Tor jubelt?
Ich habe den Florisdorfer AC durch ein Last-Minute-Tor vor dem Abstieg aus der Zweiten Liga bewahrt. Ich habe das Gefühl, es war nicht mein letztes Tor. Schauen wir mal. Ich habe ja noch Zeit – bis 2035...