Da war die Welt am Hardtwald noch in Ordnung: Tim Knipping (gebückt) setzt nach seinem Tor zum 1:0 zum Jubeln an. Foto: vaf
Von Claus Weber
Sandhausen. Von himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt. Tim Knipping wird seinen 25. Geburtstag so schnell nicht vergessen. "So einen Tag habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt", schüttelte der Sandhäuser Verteidiger den Kopf. Er hätte im baden-württembergischen Derby gegen den 1. FC Heidenheim der große Held werden können. Nicht nur, dass er in der 29. Minute den Führungstreffer erzielte. Nach dem Ausgleich durch Robert Glatzel (48.), holte er nur vier Minuten später auch noch einen Elfmeter heraus.
Doch Richard-Sukuta-Pasu ließ sich die gute Möglichkeit entgehen, machte es Torwart Kevin Müller viel zu einfach. Und weil John Verhoek (73.) wenig später zum 2:1 für Heidenheim traf, war weder dem SV Sandhausen noch seinem Geburtstagskind zum Feiern zumute.
"Ich hätte mein Tor gerne gegen einen Sieg eingetauscht", meinte der Sandhäuser Schütze später enttäuscht. Dabei sind Treffer für Abwehrspieler nichts Alltägliches. Für Knipping war es der erste in dieser Saison und der dritte überhaupt in 37 Pflichtspielen für die Kurpfälzer.
Allerdings war es nur eine Frage der Zeit, bis der 1,90-Meter-Schlacks wieder ein Tor bejubeln durfte. In dieser Runde kommt er schon fast auf so viele Einsätze im schwarz-weißen Trikot wie in seiner letztjährigen Premierensaison. Der 25-Jährige hat sich vom Bankangestellten zur Fachkraft entwickelt. Nur zwei Partien spielte er nicht durch.
"Ich war mit ihm zufrieden", sagte Kenan Kocak, "er hat seine Sache gut gemacht." Aber insgesamt, kritisierte der Trainer, habe die Abwehr taktisch nicht ihr bestes Spiel gezeigt. Viel zu einfache Gegentreffer hat Sandhausen kassiert. Auch weil Marcel Schuhen einen schlechten Tag erwischte.
Beim 22-Meter-Fernschuss zum 1:1 war der Torwart nicht schnell genug am Boden. Schon in Aue, Fürth und Darmstadt hatte sich der Schlussmann ungewohnte Fehler erlaubt, weshalb die längst abgeschlossene Torwartdiskussion wieder auflebt: War es richtig, Marco Knaller nach zwei erfolgreichen Runden erst auf die Bank zu setzen und später nach Ingolstadt ziehen zu lassen? Hat sich der SV Sandhausen ohne Not selbst geschwächt?
"Der Torwart sah nicht gut aus", sagte Ronny Zimmermann, schränkte aber ein: "Da standen zwei Spieler vor ihm - und später hat er dafür einen Kopfball super gehalten." Auch wenn die Sandhäuser aus den letzten acht Spielen nur sieben Punkte mitnehmen konnten, will der Präsident des Badischen Fußball-Verbandes von einer Minikrise nichts wissen. "Wenn mir einer vor der Runde gesagt hätte, Sandhausen hat Ende November 21 Punkte, hätte ich das sofort angenommen", sagte Zimmermann, "wir müssen die Kirche im Dorf lassen."
Chancen, das Derby zu gewinnen, gab’s schließlich genug: "Aus zwei Metern vorbei geschossen, einen Elfmeter vergeben", sagte Zimmermann, "solche Dinger muss man einfach reinmachen." Auch Jürgen Machmeier relativierte: "Gegen Heidenheim war es schon immer eng", sagte der Präsident, "und letzte Woche in Darmstadt haben wir dafür überragend gekämpft."
Der verschossene Elfmeter sei diesmal der Knackpunkt gewesen, meinte Otmar Schork: "Danach hat man gemerkt, dass die positive Körpersprache der Spieler weg war." Der Sandhäuser Geschäftsführer: "Natürlich sind wir enttäuscht, wir hätten bisher eindeutig mehr Punkte sammeln können."
Ein bisschen sehnen die Sandhäuser nun die Winterpause herbei. Vor den drei letzten Spielen am Samstag in Nürnberg und zweimal sonntags daheim gegen Bielefeld und Kiel hat sich die Personalsituation weiter verschlechtert. Neben Andrew Wooten, Stefan Kulovits und Robert Herrmann wird auch Markus Karl (Verdacht auf Muskelfaserriss) in diesem Jahr nicht mehr eingreifen können. Hoffnung besteht dagegen bei Leart Paqarada und Korbinian Vollmann.
Vielleicht können die beiden am Samstag beim Club dazu beitragen, damit die zu Tode betrübten Sandhäuser wieder himmelhoch jauchzen können.