Wieder den Ball im Blick: Tim Kister hat seine Corona-Infektion überstanden. Foto: Im
Von Wolfgang Brück
Sandhausen. Tim Kister ist ein Baum von einem Mann. 1,93 Meter groß, 93 Kilo schwer. Ein Modell-Athlet. Einer, der sich nicht schont, aber auch nicht die anderen. Jetzt hat ein unsichtbarer Gegner den dienstältesten Sandhäuser außer Gefecht gesetzt. Der 33-jährige Innen-Verteidiger wurde am Montag vor einer Woche positiv auf Corona getestet. Die Rhein-Neckar-Zeitung sprach mit dem Zweitliga-Profi über die Art der Ansteckung, den anfangs heftigen Krankheits-Verlauf, aber auch über die Hilfsbereitschaft, die er während der schweren Zeit erfahren durfte. Kister wohnt in Sandhausen und hat mit Yvonne, die mal Zweite bei German’s Next Topmodel war, zwei Kinder: Den siebenjährigen Sam und die fünfjährige Emma.
75 Prozent der Infizierten wissen nicht, wo Sie sich das Virus eingefangen haben. Auch Sie nicht?
Bei mir ist es klar. Meine Eltern aus Frankfurt haben uns besucht. Sie waren praktisch symptomfrei, sieht man mal von einem ganz leichten Kratzen im Hals ab. Drei Tage später begann es mit dem gleichen Symptom auch bei mir.
Haben Sie gleich gewusst, dass es sich um Covid-19 handelt?
Ich habe mich streng an die Vorschriften gehalten. Meine Frau Yvonne und ich haben auf das Meiste verzichtet, auch auf Restaurant-Besuche. Aber natürlich ist man in dieser Zeit immer alarmiert. Unser Physio-Therapeut Christian Bieser hat deshalb auf dem Parkplatz vor dem Stadion einen Abstrich gemacht. Am Abend lag das Ergebnis vor: Positiv. Es war, zugegeben, ein Schock.
Wie verlief die Krankheit?
Die ersten zwei Tage waren eklig. Ich hatte Gliederschmerzen, extremes Kopfweh, das auch mit Tabletten nicht besser wurde. Dazu Husten und Schnupfen. Für eine kurze Zeit war auch der Geruchssinn weg. Ich bin sofort unters Dach gezogen, um meine Familie nicht zu gefährden.
Das war sicher keine schöne Zeit – krank und einsam in der Mansarde.
Meine Frau hat sich großartig um mich gekümmert. Die Kollegen Denis Linsmaier, Philipp Klingmann und Diego Contento haben für mich eingekauft. Fans haben mir kleine Aufmerksamkeiten vor die Tür gestellt, zum Beispiel Zeitschriften, Süßigkeiten für die Kinder. Die Hilfsbereitschaft hat mich berührt.
Was sagen Sie zu Menschen, die Corona für eine Erfindung halten?
Dass das Virus gefährlich und vor allem unberechenbar ist. Mich als gesunden Fußball-Profi hat es erwischt, mit 33 Jahren, meine Eltern, die 64 und 60 sind, also zur Risikogruppe gehören, hatten nahezu keine Symptome. Keiner ist vor einem schweren Verlauf gefeit, auch junge, gesunde Menschen nicht. Ich nehme die Bilder aus den Intensiv-Stationen ernst. Das sind keine Fake News. Vor allem weiß man nichts Genaues über die Spätfolgen. Alle möglichen Organe können betroffen sein, auch das Herz.
Ihrer Familie und Ihnen geht es inzwischen wieder gut?
Zum Glück ja. Schon Ende letzter Woche ließen die Beschwerden nach. Meine Frau und meine Kinder, die vorsorglich in Quarantäne waren, hatten keine Symptome. Auch meine Eltern gelten als genesen.
Werden Sie am Freitagabend beim Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig im Stadion sein?
Darüber entscheidet ein Test heute. Wir werden auf keinen Fall ein Risiko eingehen. Ich gehe davon aus, dass ich nach negativen Test-Ergebnissen nächste Woche wieder ins Training einsteigen kann.