Wenn Uli Hoeneß mit Mario Götze verhandelt
Aber eigentlich Peter Gerstle und Carsten Klein am Tisch sitzen - RNZ begleitet eine Saison lang die DJK/FC Ziegelhausen-Peterstal

Ziegelhausen. Bienen summen im hohen Gras, Lämmer blöken am Hang, über die Wipfel der Bäume streicht der Sommerwind. "Ist es nicht schön hier bei uns auf dem Köpfel", sagt Hartwig Schubert, "wie im Urlaub."
Schubert gehört dem Förderkreis der DJK/FC Ziegelhausen-Peterstal an. Vor einigen Wochen machte er einen interessanten Vorschlag. Er lud die Rhein-Neckar-Zeitung ein, seinen Verein eine Saison lang zu begleiten.
Der Gedanken, mal hinter die Kulissen eines Fußballklubs zu schauen, erschien uns reizvoll. Doch es gab Bedenken. Warum Ziegelhausen und nicht Walldorf, Wiesloch oder Wilhelmsfeld? Die Antwort: Weil Schubert die Idee hatte und weil die DJK/FC Ziegelhausen-Peterstal stellvertretend für die vielen anderen Vereine stehen soll, in denen mit Herzblut gearbeitet wird.
"Es geht immer ums Geld", sagt Gernot Jüllich. Ein Satz, der die Überschrift für unser erstes Kapitel sein könnte. Wenn Vereine vor der Saison um neue Spieler werben, dann müssen sie die Karten auf den Tisch legen. Das gilt zumindest für die oberen Amateur-Ligen, in denen ein gewisser Trainingsaufwand nötig ist und Spieler einen guten Teil ihrer Freizeit für den Fußball dran geben. Reich kann man heutzutage nicht mehr werden als Amateur-Fußballer, aber jeder Euro mehr bedeutet auch mehr Wertschätzung. Pokern gehört dazu. Pokern macht Spaß. Der Spielausschuss-Vorsitzende darf sich wie Uli Hoeneß fühlen, der umworbene Kicker wie Mario Götze.
60 000 Euro beträgt der Jahresetat des Fußball-Landesligisten. Rund 10 000 Euro sind Werbeeinnahmen, 15 000 steuert der Förderkreis bei, der Rest setzt sich aus Beiträgen der knapp 700 Mitglieder und Eintrittsgeldern zusammen. Allerdings kommen selten mehr als 150 Zuschauer zu den Heimspielen.
Dass der Vorsitzende des Förderkreises Dirk Rittmüler als langjähriger Team-Manager von 1899 Hoffenheim weit reichende Beziehungen hat, ist ein Segen. Selbst der 81-malige Nationalspieler Karlheinz Förster trägt sein Scherflein bei. Rittmüller ist unersättlich. Er hat gehört, dass der ehemalige Waldhof-Präsident Dr. Hans Joachim Bremme in Ziegelhausen wohnt. Das wäre doch einer für uns, meint er.
"Hier gibt es viele reiche Leute", sagt Schubert, "doch die meisten wollen mit dem Proletensport Fußball nichts zu tun haben."
Wer wenig Geld hat, braucht umso mehr Phantasie. Während seiner ersten Amtszeit hat der Trainer mal auf der Neckarwiese einen Asylbewerber aufgelesen. Der Marokkaner hat viele Tore geschossen, war aber ein Langschläfer. "Den mussten wir Sonntag in der Jugendherberge aus dem Bett ziehen", erinnert sich Rittmüller.
Neun Neue hat der letztjährige Dritte diesmal verpflichtet. Lauter aufgeweckte Jungs, wie man hofft. Denis da Silva aus Viernheim, Mirko Schröpfer aus Wiesenbach, Torwart Dennis Neudahm aus Mechtersheim, Hakan Atik aus Mutterstadt, Berkan Yildirim aus Wilhelmsfeld, Daniel Mehrsadeh aus Weinheim, Christian Klein aus Neckargemünd, Sven Geiger aus Feudenheim und Christoph Jüllich, der dem Vater aus Mutterstadt folgte. "Drei junge Spieler können wir noch brauchen", sagt Gerhard Krauß.
Der Förderkreis-Vize ist überzeugt davon, dass die Mannschaft stärker ist als in der letzten Runde. "Wir haben eine Reihe von Spielern, die weit über Landesliga-Niveau sind", meint er. Ziegelhausen will zurück in die Verbandsliga. Aber das wollen Viernheim und Zuzenhausen auch. Unter diesen drei werden wohl die beiden ersten Plätze ausgespielt.
Nicht alle im Ort, räumt Schubert ein, seien mit der Personalpolitik einverstanden. Einige plädieren dafür, nur mit Einheimischen zu spielen. Den Vorwurf findet Schubert unangebracht. Nahezu ein Dutzend Fußballer kommt aus Ziegelhausen oder wurde im Verein ausgebildet. Rund 150 Nachwuchsfußballer tummeln sich auf dem Köpfel. Ein weiterer Platz wäre nötig. 10 000 Euro lässt sich der Klub die Jugendarbeit kosten.
Die Vorfreude auf die Mitte August beginnende Runde ist groß, doch die ersten Probleme sind schon aufgetaucht. Beim 0:0 am Dienstag in Speyer musste Abteilungsleiter Peter Gerstle mit seinen 42 Jahren ran. Jüllich hat nicht genügend Spieler. Der Test am Samstag gegen Frankenthal wurde abgesagt. Der Trainer schäumt: "Ein Unding, während der Vorbereitung in Urlaub zu fahren. Fußball ist ein Mannschaftssport."
Jüllich gilt aus extrem ehrgeizig. Sieben Mal gelang ihm mit seinen Teams der Aufstieg. Er hat hohe Ansprüche. Auch an seine Mitstreiter.
Es ist Sommer in Ziegelhausen. Die Bienen summen, die Lämmer blöken, ein lauer Wind weht um die Wipfel. Wir sind gespannt darauf, wie es sein wird, wenn wir wiederkommen. Irgendwann im Herbst.