Vorsicht bei Augenkontakt
Vor dem Badischen Schach-Kongress plaudert Peter Schell, der in Walldorf eine Erfolgs-Geschichte schrieb, aus dem Nähkästchen

Beim Schachverein 1947 Walldorf - auf unserem Foto von links Schriftführer Peter Barker Vize Andreas Trinkl und der Vorsitzende Peter Schell - gibt es kein Geld, dennoch wurde der Klub im Jubiläumsjahr Vizemeister in der dritthöchsten deutschen Klasse. Foto: knx
Von Wolfgang Brück
Walldorf. Doping-Alarm wird es hoffentlich nicht geben beim 89. Badischen Schach-Kongress, den der Schachverein Walldorf im Jahr seines 70. Bestehens von heute bis zum Sonntag ausrichtet. Im Interview mit der Rhein-Neckar-Zeitung erzählt der erste Vorsitzende Peter Schell (54) von Handys in der Toilette, Anrufen von verblüfften Internationalen Meistern und einem Jahres-Etat, der staunen lässt.
Peter Schell und der Schachverein Walldorf - das ist seit knapp 20 Jahren eine Erfolgsgeschichte. Die Denkfabrik aus der Astor-Stadt hat die viertmeisten Mitglieder in Baden, wurde in der zurückliegenden Saison Vizemeister in der dritthöchsten deutschen Klasse und betreibt eine Jugendarbeit, aus der in den letzten Jahren mehrere Badische Meister hervorgingen.
Peter Schell, Sie arbeiten als Bauleiter in der Firma des Sandhäuser Präsidenten Jürgen Machmeier. Wenn Sie miterleben, wie begehrt hin und wieder Fußball-Tickets sind, müssten Sie eigentlich vor Neid erblassen.
Keine Sorge, das ist nicht der Fall. Fußball ist ein einfaches Spiel. Jeder bekommt mit, wenn der Ball im Tor ist. Schach ist nun mal etwas komplexer.
Hintergrund
Der 89. Badische Schach-Kongress wird vom heutigen Mittwoch bis Sonntag in der Schulsporthalle in der Schwetzinger Straße 95 in Walldorf ausgetragen. Heute wird von 18 bis 23 Uhr, am Donnerstag von 15 bis 20 Uhr, am Freitag und Samstag, jeweils von 9 bis 21
Der 89. Badische Schach-Kongress wird vom heutigen Mittwoch bis Sonntag in der Schulsporthalle in der Schwetzinger Straße 95 in Walldorf ausgetragen. Heute wird von 18 bis 23 Uhr, am Donnerstag von 15 bis 20 Uhr, am Freitag und Samstag, jeweils von 9 bis 21 Uhr und am Sonntag von 10 bis 15 Uhr gespielt. Gemeldet haben 170 Spieler, 43 davon kämpfen in der Hauptklasse um den Titel eines Badischen Meisters, darunter die Lokalmatadoren Vater und Sohn Oswald und Adrian Gschnitzer, der Internationale Meister Amadeus Eisenbeiser aus Buchen sowie die russische Schachtrainer Mihail Nekrasov vom Bundesligisten Hockenheim. wob
Walldorf spielt in der Oberliga, war zuletzt Vizemeister. Doch das Interesse der Zuschauer hält sich in Grenzen?
Wir spielen - sozusagen - vor leeren Rängen und haben deshalb auch keine Einnahmen. Manchmal rufen Internationale Meister aus Osteuropa an und fragen nach den "Konditionen". Wir sagen dann: Bei uns gibt es keine Konditionen. Alle spielen "fer umme". Unser Etat sind die Benzinkosten für die Auswärtsfahrt an die Schweizer Grenze.
Beim Bundesligisten Hockenheim spielen Koryphäen aus aller Herren Länder. Wie ist das beim Drittligisten Walldorf?
Abgesehen von Dr. Joel Adler, der jetzt in der Schweiz wohnt und aus alter Verbundenheit bei uns Mitglied ist, kann ich innerhalb einer halben Stunde alle unsere Spieler ans Brett holen. Und: Wir sind stolz, dass in unserer Oberliga-Mannschaft mit Adrian Gschnitzer und David Färber zwei hoffnungsvolle Talente aus der Region stehen
Andererseits, Spitzenleute im Schach verdienen kaum mehr als ein Fußballer eines ambitionierten Verbandsligisten. Wollen Sie nicht doch die paar Hundert Euro locker machen, um irgendwann mal aufzusteigen. Oder anders rum gefragt: Wer geht eher nach oben: Der Verein Ihres Chefs oder der Schachverein Walldorf?
Im Sport ist vieles möglich. Doch es müsste wirklich alles passen. Das Gleiche gilt wohl auch für den SV Sandhausen, ohne Herrn Machmeier zu nahe zu treten.
Ein faszinierender Sport wie Schach hat mehr Aufmerksamkeit verdient.
Richtig. Vor allem wenn man sieht, mit wie viel Begeisterung sich Kinder und Jugendliche ans Brett setzen. Doch wer es zu was bringen will, muss ein bisschen Zeit investieren. Ich denke, dass ein David Färber an die zehn Stunden in der Woche trainiert. Bei den schulischen Belastungen heutzutage ist das nicht immer einfach. Weil Schach auf den ersten Blick nicht der ideale Ausgleichssport ist.
Wir hören aber immer wieder, dass Schach auch körperlich beansprucht.
Das ist richtig. In ein Turnier wie jetzt in Walldorf muss man fit gehen. Ich selbst bin früher gelaufen und habe auch an einigen Halb-Marathons teil genommen.
Auf Smartphones laufen Schach-Programme, die es mit Internationalen Meistern aufnehmen können. Wie wird verhindert, dass der Schach-Kongress auf dem Klo entschieden wird?
Der Schiedsrichter hat die Möglichkeit, Handys einzusammeln. Doch Betrugsversuche lassen sich nie ganz ausschließen. Ich habe davon gehört, dass sich ein Spieler Hinweise von einem Helfer unter den Zuschauern geholt hat - mit Augenkontakt und speziellen Zeichen. Aber: Grundsätzlich sind wir Schachspieler anständige Leute und deshalb bin ich sicher, dass wir in Walldorf faire Spiele erleben werden - ohne Handys, die auf dem Klo versteckt sind.