Gewichtheben

Gut gelaunt ins Neckarderby zwischen Obrigheim und Heinsheim

SV Germania Obrigheim und TSV Heinsheim treffen am heutigen Samstagabend zum 21. Mal in der Bundesliga aufeinander

19.01.2018 UPDATE: 20.01.2018 08:00 Uhr 2 Minuten, 56 Sekunden

Ruben Hofmann betritt heute für den verletzten Alexander Oberkirsch in Obrigheim die Heberbühne. Foto: T. Kottal

Von Roland Karle

Obrigheim/Heinsheim. An der aktuellen Bundesliga-Tabelle kann sich Martina Dosquet gar nicht satt sehen. Der TSV Heinsheim steht in der Bundesliga auf Rang vier - das kommt wahrlich nicht alle Tage vor. Deshalb "hätten wir die Saison gerne schon in der Weihnachtspause beendet", sagt die Abteilungsleiterin Gewichtheben froh gestimmt. Im gesamten letzten Jahr verloren die Heinsheimer saisonübergreifend nur einen Wettkampf, mit derzeit 8:4 Punkten ist der Klassenerhalt so gut wie sicher (Dosquet: "Da kann nichts mehr anbrennen"), zudem gelang am 30. September etwas Außergewöhnliches: Beim 2:1-Sieg gegen den TB Roding sammelte das Team des TSV 717 Relativpunkte - so viel wie noch nie in der Vereinsgeschichte.

Übermütig wird das Heinsheimer Heber-Ensemble deshalb aber nicht. "Natürlich spiegelt die Tabelle mitnichten die Leistungsfähigkeit der beiden Mannschaften wieder", sagt Dosquet mit Blick auf den favorisierten SV Obrigheim, der vor dem direkten Duell heute Abend (Beginn: 19.30 Uhr) nur Fünfter ist. Zur ganzen Wahrheit gehört eben, dass der dreimalige deutsche Meister erst drei Begegnungen absolvierte und es dabei mit zwei dicken Brocken zu tun hatte. Beim 2:1-Sieg in Mutterstadt ließen die Obrigheimer einen Punkt liegen, gegen den AV Speyer verloren sie 1:2. Ein Blick auf die Relativpunkte zeigt jedoch, auf welchem Niveau sich die beiden Top-Teams der Liga bewegen: Obrigheim holte 934,5 Relativpunkte, Speyer 947,1 - für die nächstbeste Mannschaft in der Bundesliga Süd-West, den AC Mutterstadt, sind 801,8 Punkte als Bestwert notiert.

Zum Jahresauftakt erwartet niemand solchen Ergebnisse. Gewichtheber trainieren über Wochen und Monate auf sportliche Großtaten hin, da sind nur in bestimmten Zyklen Höchstleistungen abrufbar. Dennoch verspricht das Neckar-Derby sportlich unterhaltsam zu werden. Und keineswegs neigt Manuel Noe, der Sportliche Leiter der Obrigheimer Schwerathleten, zu übertriebener Lässig- oder gar Sorglosigkeit. "Wenn bei Heinsheim alles top läuft, kann die Mannschaft in Richtung 750 Punkte marschieren. Wir werden also aufpassen." Vor allem im Reißen, schätzt er, könnte es enger werden als gewünscht.

Die Statistik spricht übrigens eine klare Sprache: Bislang standen sich die beiden Teams in der Bundesliga 20 Mal gegenüber - immer gewann der SV Obrigheim und das in aller Regel souverän. Ehemalige Athleten wie Carsten Diemer erinnern sich aber auch an die Ausnahmen. Zum Beispiel am 29. November 2003, als Heinsheim nur mit 658:667,6 unterlag oder am 10. Oktober 2009 beim knappen 675,6:668,8-Auswärtserfolg. "Da mussten wir bis zum allerletzten Versuch bangen", so Diemer, der angeschlagen in den Wettkampf ging.

Während er danach nur noch zwei seiner insgesamt 90 Bundesliga-Einsätze hatte, stand Nico Müller, mit kaum 16 Jahren der Team-Jüngste, damals schon auf der Bühne. Inzwischen gehört der Obrigheimer zu den stärksten deutschen Gewichthebern, wurde Zehnter bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro.

Nach seinem ziemlich vermaledeiten WM-Auftritt Ende 2017 in den USA, wo er weit unter seinen Möglichkeiten blieb, bereitet sich der Sportsoldat nun mit großem Ehrgeiz auf die Ende März stattfindende Europameisterschaft vor. Zwischen fast täglichem Training und Lehrgängen mit der Nationalmannschaft freut sich Müller auf die gemeinsamen Auftritte mit seinen Vereinskollegen. "Die Bundesliga macht immer Spaß, vor allem vor eigenem Publikum in der Neckarhalle", sagt der 24-Jährige. Gegen Heinsheim absolviert er bereits seinen 70. Wettkampf in der 1. Mannschaft - und rückt damit dem Rekordhalter, seinem Trainer Oliver Caruso (111 Einsätze), und dem aus Heinsheim stammenden Betreuer Ingo Fein (94) immer näher.

Müller gilt als aussichtsreicher Bewerber um den Tagessieg. Er kann über 150 Punkte holen, ebenso wie Acoran Juan Hernandez Mendoza. Der Spanier gibt gegen Heinsheim seine Premiere im Obrigheimer Dress. "Wir freuen uns, dass seine Verpflichtung geklappt hat", sagt Teamchef Noe. Mit Hernandez und seinem Landsmann Gonzalez, der vor fünf Wochen gegen Speyer debütierte, sind die Ausländerpositionen im Kader nun gut besetzt. Jedoch fällt Stammkraft Alexander Oberkirsch aus, den Schulterbeschwerden plagen. Die Neckarhalle hätte dem Mann aus Berlin zum heutigen 30. Geburtstag sicher ein Ständchen gesungen. Vielleicht schallt nun Ruben Hofmann, der für Oberkirsch startet, ein "Happy Birthday" entgegen. Der Bruder von Nationalheber Matthäus Hofmann wurde am Donnerstag 18 Jahre jung.

Während Obrigheims Gewichtheber-Chef Noe einen glatten 3:0-Sieg und eine Leistung zwischen 750 und 800 Relativpunkten erwartet, plant TSV-Kollegin Dosquet mit kleineren Zahlen. "Wir wollen möglichst nahe an die 700 Punkte-Marke kommen", sagt sie. Ihr Team soll Selbstvertrauen tanken für die folgenden Duelle gegen St. Ilgen und Durlach. Dort ist was zu holen, gerade jetzt, da sich die Heinsheimer ans Siegen gewöhnt haben. Gegen Obrigheim kehrt die zuletzt verletzte Sophia Attilo ins Team zurück, außerdem sind Nikolay Georgiev, Aleksandar Dimtrov, Christopher Roland, Lars Wittmann, Fabian Gallion und als Ersatzmann Edward Schuler nominiert. Für den Gastgeber gehen die Nationalstemmer Nico Müller und Matthäus Hofmann, Routinier Jakob Neufeld und U23-Athlet Marius Oechsle, der Spanier Hernandez und Nachwuchsheber Ruben Hofmann an den Start. Erstmals Bundesliga-Luft schnuppern wird als Reservistin die 15-Jährige Celina Schönsiegel

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