Von Michael Wilkening
Kronau. Es war eine Hassliebe, die die Rhein-Neckar Löwen mit der Champions League verbanden und sie wurde noch einmal auf eine harte Probe gestellt. Die Irrungen und Wirrungen um das Achtelfinale der vergangenen Spielzeit gegen KS Kielce, das darin gipfelte, dass die Löwen zum Hinspiel mit der eigenen Reserve antraten und 17:41 verloren, belasteten die Beziehung zusätzlich. Am heutigen Mittwoch (19 Uhr) starten die Badener gegen den FC Barcelona dennoch wieder mit hohen Ambitionen in die Königsklasse, verrät Andy Schmid im Interview.
Herr Schmid, mit welchen Emotionen starten Sie in die neue Champions-League-Saison?
Ich gehe unvoreingenommen an die Sache heran. Was war, ist Vergangenheit. Ich möchte in dieser Saison einen Schritt weiter gehen als in den vergangenen Jahren und mehr in die Königsklasse investieren.
Ist das die offizielle Herangehensweise bei den Löwen oder Ihre eigene Sicht?
Wir sind uns einig. Wir wollen schon in der Gruppenphase unseren Fokus stärker auf die Champions League ausrichten. In den vergangenen Spielzeiten haben wir ab dem Achtelfinale alles reingelegt, aber das hat nicht funktioniert. Ich denke, wir müssen unsere Strategie ein Stück weit ändern.
Auch dann, wenn das auf Kosten der nationalen Wettbewerbe geht?
Der Titel in der Liga steht weiterhin über allen anderen. Dennoch wollen wir erfolgreicher in der Königsklasse sein und den deutschen Handball international gut vertreten. Das ist wichtig.
Zuletzt glänzte die Bundesliga in der Champions League nicht gerade, zwei Mal hintereinander verpassten deutsche Vereine das Final Four in Köln…
Ich bin der Meinung, dass die Bundesliga weiterhin die beste Liga ist, zumindest in der Breite. Hinsichtlich Vermarktung, Fernsehen, Hallen und Zuschauerzuspruch in jedem Fall. Es ist wichtig, dass Flensburg und wir in der Champions League etwas reißen, um das Ansehen der Bundesliga wieder zu stärken. Wir sollten versuchen, wieder ausnahmslos positive Schlagzeilen zu schreiben.
In der jüngeren Vergangenheit waren die deutschen Klubs mit dem europäische Verband in vielen Diskussionen verstrickt, weil die Belastung für die Bundesliga-Vertreter groß war.
Ja, es wurde viel kritisiert und aus deutscher Sicht auch zurecht. Aber ich finde, jetzt muss es auch mal gut sein damit. Die Form des Wettbewerbes wird sich nicht ändern, weil sie für die Topvereine in den anderen europäischen Staaten gut ist. Damit müssen wir uns abfinden und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Es bringt nichts, wenn weiter gemeckert wird.
Der Streit zwischen der EHF und der Bundesliga eskalierte im Achtelfinale der Löwen gegen Kielce, als die Reserve der Löwen zum Hinspiel antrat. Haben Sie Angst vor einer Wiederholung?
Nein, daran glaube ich nicht. Vielleicht musste es einmal zu dieser Konstellation kommen, damit allen Beteiligten klar wird, welcher Schaden entstehen kann, wenn nicht genügend miteinander geredet wird. Ich denke, dass alle Parteien, also die EHF, die HBL und auch die Löwen die richtigen Lehren gezogen haben.
Vardar Skopje, der Champions-League-Sieger von 2017, musste seinen Kader wegen finanzieller Zwänge abspecken. Bei KS Kielce, dem Sieger von 2016, wird über einen Gehaltsverzicht debattiert. Schrumpft sich der internationale Klub-Handball auf eine gesunde Basis zusammen?
Das kann man so sehen. Es ist grundsätzlich immer ein Risiko, wenn sich ein Klub von ein oder zwei Geldgebern abhängig macht. Die Löwen haben diese Erfahrung am eigenen Leib gemacht. Dass es solche Fälle im internationalen Bereich gibt, muss für die deutsche Liga nicht schlecht sein. Klar ist aber auch, dass es weiterhin Klubs wie Paris, Veszprem oder Barcelona gibt, die finanziell bessere Voraussetzungen haben.
Sie haben drei Top-Vereine genannt. Wer zählt außerdem zu Ihren Favoriten?
Es ist nicht möglich, ein paar Favoriten zu nennen. Ich sehe sicher acht oder neun Vereine, die das Final Four in Köln erreichen können. Und da kann jeder gewinnen, wie zuletzt Montpellier gezeigt hat. Die hatte niemand auf der Rechnung.
Zählen Sie die Löwen zu den acht oder neun Klubs?
Ja, wir gehören auch dazu.