Neue Sicherheit: Patrick Groetzki (l.) zeigt seit dem Trainerwechsel gute Leistungen. F: vaf
Von Daniel Hund
Mannheim. Das Spiel ist längst vorbei. Die Handwerker haben nun das Kommando. Schrauben und räumen um, machen die SAP Arena nach dem 26:23-Sieg der Rhein-Neckar Löwen über Leipzig wieder stubenrein, bereit für das nächste große Event. Mittendrin taucht dann plötzlich aber doch noch einer auf, der zuvor noch einer der Hauptdarsteller war. Es ist Martin Schwalb, der lange Blonde, der neue Chef auf der Löwen-Trainerbank. Und der läuft nicht einfach nur vorbei, nein, der klatscht jeden ab, der ihm vor die Nase läuft. Grinst, lacht und scherzt. Gibt allen das Gefühl, dass sie dazu gehören, dass sie wichtig sind.
Schwalb ist ein Menschenfänger. Ein Trainer, der schon mit seiner Aura Berge versetzen kann. Längst hat er auch seine Spieler gekriegt. Sie folgen ihm, schwören auf den Schwalb-Faktor. Patrick Groetzki zum Beispiel: "Martin gibt uns einfach ein sehr gutes Gefühl. Wir haben jetzt unter ihm dreimal am Stück gewonnen, das haben wir davor ewig nicht mehr geschafft." Hexer Andreas Palicka denkt ähnlich, verpackt es nur anders. Er sagt: "Zum Schluss haben wir richtig kämpfen müssen und ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob es noch vor ein paar Wochen auch zu zwei Punkten gereicht hätte."
Worte, in denen natürlich eine große Portion Erleichterung mitschwang. Denn allen Gelben war klar, diesmal war nicht alles Gold, was glänzte. Zwischendurch wackelten die Löwen bedenklich. Nach dem Mega-Start, laut Groetzki und Andy Schmid die "besten zwanzig Minuten der ganzen Saison", war plötzlich zittern angesagt. Vor allem vorne stotterte der Motor: kein Tempo, keine Ideen, keine Präzision.
Der neue Trainer hat das natürlich auch gesehen, doch Schwalb wäre nicht Schwalb, wenn er nicht trotzdem etwas Positives finden würde, etwas, auf das er stolz sein kann. Und das war die Abwehr: "Sie hat uns im kompletten Spiel den Rücken frei gehalten." Einer bekam deshalb auch ein Sonderlob: Ymir Örn Gislason, 22, die Maschine am Kreis. Seinen kleinen Größennachteil – der Isländer misst "nur" 1,92 m vom Scheitel bis zur Sohle – gleicht er mit seinen Beinen aus. "Ymir macht keine Fouls, er arbeitet die Gegenspieler einfach ab, stellt sie. Der Junge macht mir richtig Spaß." Apropos Spaß, da wären wir wieder bei den ersten 20 Minuten. Schwalb wird sie so schnell nicht vergessen, schwärmt: "Es ist schon irre, wie geil wir Handball spielen können. Da geht einem das Herz auf. Dynamik, Kampfgeist, da war einfach alles da."
Noch mehr davon soll am Sonntag da sein. Muss es auch, denn dann wartet der ultimative Schlagabtausch. In Kiel. Gegen den Spitzenreiter. Mit einem Schwalb, der heiß ist. Er sagt: "Ich höre immer wieder mal das Wort Bonus-Spiel, aber das sehe ich ganz anders. Es ist ein Bundesliga-Spiel und zwar eins, das ich gerne gewinnen würde." Und weiter: "Das wird richtig Spaß machen und ganz ehrlich, ich könnte jetzt sofort und direkt nach Kiel fahren, kein Problem." Sagte es und lachte in den Katakomben der SAP Arena fröhlich.
Doch auch Schwalb ist natürlich froh, dass noch ein paar Tage dazwischen liegen, denn diese will er nutzen. Der Mittwoch stand noch im Zeichen der Aufarbeitung des Leipzig-Spiels und der Regeneration. Ab Donnerstag wird dann jedoch der Kiel-Countdown runter gezählt: Gezielte Trainingseinheiten, Video-Analysen, Taktik-Schulung – das volle Programm eben. Am nötigen Selbstvertrauen wird es jedenfalls nicht mangeln: "Das", schmunzelt Groetzki, "das wird ein richtig geiles Spiel: Wir wollen ihnen weh tun."
Man darf gespannt sein.