Andy Schmid setzt sich gegen Patrick Wiencek durch und erzielt eines seiner fünf Tore für die Rhein-Neckar Löwen. Foto: Redaktion Fotostand
Von Daniel Hund
Kiel. Nikolaj Jacobsen rieb sich die Hände - und lächelte. Ein paar Meter neben dem Trainer der Rhein-Neckar Löwen standen seine Spieler. Und die feierten anders. Deutlich ausgelassener, richtig überschwänglich: Sie hüpften vor Glück, tanzten vor ihren Fans, die im Oberrang der Kieler Sparkassen Arena fröhliche Lieder anstimmten. Warum, war oben am Videowürfel abzulesen. Dort leuchtete ein 29:26 (16:14) auf. Für die Löwen, beim THW Kiel. Ein Paukenschlag im Meisterkampf war’s, ein ganz dickes badisches Ausrufezeichen an der Ostsee!Andy Schmid sah es ähnlich. Der Löwen-Kapitän zur RNZ: "Das ist der Wahnsinn", grinste der Schweizer übers ganze Gesicht, "das war sicher unser bestes Auswärtsspiel seit Jahren."
10.285 Zuschauer, ausverkauftes Haus - es knisterte im Kieler Handball-Tempel. Alle waren heiß auf den Nord-Süd-Gipfel, klatschten sich schon vor dem Anwurf die Finger wund. Würden sich die Löwen davon beeindrucken lassen? Kurze Antwort: Nein! Sie legten selbstbewusst los, kämpften und glänzten. Genau wie Kiel. Es ging hin und her, vor und zurück, und das alles in irrem Tempo. Löwen-Keeper Andreas Palicka, dem Ex-Kieler, und seinem Gegenüber Niklas Landin, dem Ex-Löwen, krachte der kleine Harzball zunächst nur so um die Ohren. Nach vier Minuten stand es bereits 4:4.
Doch die Löwen hatten leichte Vorteile, legten meist ein, zwei Tore vor. Überragender Mann auf Löwen-Seite war Alexander Petersson. Wie ein junger Hüpfer trat der 36-Jährige auf, traf und traf. Das 8:6 (15.) war bereits sein vierter Treffer. Hinten drin machte der Isländer ebenfalls einen Super-Job - wie alle Gelben: Offensiv nahmen sie die Heim-Sieben am eigenen Kreis in Empfang. Dem ersatzgeschwächten Starensemble - Christian Dissinger fiel kurzfristig wegen einer Gehirnerschütterung aus - schmeckte das nicht. Vieles blieb bei den Schwarz-Weißen Stückwerk. Der Lohn: In der 23. Minute war die Jacobsen-Sieben erstmals auf drei Tore weg (13:10).
Wenig später ging es mit einem 16:14 in die Pause. Das Erstaunliche daran: Kiel führte nicht ein einziges Mal, rannte permanent nur hinterher. Konnte das so weitergehen? Irgendwie schwer vorstellbar. Aber es ging so weiter. Die Besten aus dem Südwesten setzten dort an, wo sie vor der Pause aufgehört hatten. Nun aber auch noch mit einem Schmid on fire. Der Denker und Lenker dirigierte nicht nur, er traf auch, schüttelte ein Traumtor nach dem anderen aus dem rechten Wurfarm. Und dann war da noch einer, der hervorgehoben werden muss: Palicka, der in Kiel vom Hof gejagt wurde, und gestern den Unterschied ausmachte. "Nach der Pause war er überragend", lobte Jacobsen. Auch Kiels Trainer Alfred Gislason nickte das ab: "Palle war überragend. Er hat uns sieben freie Würfe weggenommen. Auch deshalb war der Sieg absolut verdient."
Ein fairer Verlierer. Andreas Wolff war hingegen angefressen. Kiels Europameister, der Landin Mitte der ersten Halbzeit im Tor ablöste, grantelte: "Ich bin mit den Schiedsrichtern nicht einverstanden. Mit ihrem schwäbischen Dia-lekt haben sie die Mannschaft aus dem Süden bevorzugt."
Eine Meinung, die der Ausnahme-Keeper exklusiv hatte.
Spielfilm: 2:4, 4:4, 6:8, 10:10, 10:13, 14:14, 14:16 (Halbzeit), 15:18, 20:20, 21:24, 23:28, 26:28, 26:29 (Endstand).
THW Kiel: Dunjak 7, Toft Hansen 2, Wiencek 7, Dahmke 2, Vujin 6/2, Bilyk 2.
Rhein-Neckar Löwen: Palicka 1, Schmid 5, Sigurdsson 5, Pekeler 4, Groetzki 2, Guardiola 1, Petersson 5, Ekdahl du Rietz 6.