So ist die Situation der Rhein-Neckar Löwen
Die Handballer stehen vor einer besonderen Vorbereitung, freuen sich aber über eine gewisse "Normalität" - Wie am ersten Schultag

Von Tillmann Bauer
Kronau. Martin Schwalb ist ein Meister der Vergleiche. Der Trainer der Rhein-Neckar Löwen schafft es immer wieder, Dinge, Situationen oder Meinungen zu veranschaulichen, indem er sie clever mit Bildern umschreibt. "Das erinnert mich alles ein bisschen an den Schulbeginn nach den Ferien", lachte er gestern bei der Saisonauftakt-Pressekonferenz des Handball-Bundesligisten im Kronauer Leistungszentrum: "Alle sind noch irgendwie aufgeregt und freuen sich aber trotzdem, sich wieder zu sehen."
Wir zeigen auf, woher diese Aufregung kommen kann, mit welchen Themen sich die Verantwortlichen der Löwen zu beschäftigen haben und was bis zum Saisonbeginn geplant ist.
> Die sportliche Situation ist unspektakulär. Die offizielle Vorbereitung begann am Montag, laut Trainer Schwalb befinden sich die Spieler alle in "gutem bis sehr gutem Zustand". Aktuell gehe es darum, ein Gefühl für die Belastung und die Einheiten mit dem Ball zu bekommen. Man wolle sich, so Oliver Roggisch, der Sportliche Leiter, in kleinen Schritten steigern, um das Verletzungsrisiko gering zu halten. Er sagt: "Die Jungs haben alle ihre Hausaufgaben gemacht."
> Die wirtschaftliche Situation ist durchaus interessanter. Geschäftsführerin Jennifer Kettemann machte gestern nochmal deutlich, dass die Löwen weiterhin vor einer großen Herausforderung stehen: "Das Thema Gehaltsverzicht ist immer noch aktuell." Die Spieler befinden sich noch in Kurzarbeit, man möchte aber den Prozentsatz in den kommenden Wochen Schritt für Schritt – je nach Möglichkeit – verringern, mit dem Ziel, bald wieder volle Gehälter zu zahlen. Kettemann: "Ich gehe davon aus, dass wir im September keine Kurzarbeit mehr haben."
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> Der Kader wurde etwas umstrukturiert. Für Gedeon Guardiola (Lemgo) wurde Mait Patrail verpflichtet, der vor allem im Innenblock helfen soll. Albin Lagergren wird im rechten Rückraum gemeinsam mit Niclas Kirkelokke und Alexander Petersson ein Trio bilden. Problematisch: Nach den Abgängen von Mads Mensah (Flensburg) und Steffen Fäth (Erlangen) würde ein weiterer Rechtshänder im Rückraum gut tun, außerdem steht mit Patrick Groetzki nur ein Rechtsaußen zur Verfügung. So soll der 40-jährige, aber extrem durchtrainierte Petersson als Alternative auf Außen dienen, auch wenn Schwalb über seinen Kader sagte: "Die Gegebenheiten sind sehr gut, zufrieden bin ich aber nie. Zusätzliche Spieler würden natürlich helfen, das ist klar." Die Suche nach weiteren Verstärkungen läuft also aktuell auf Hochtouren.
> Das Hygienekonzept ist in Arbeit. Mit der SAP Arena befinde man sich in intensiven Gesprächen. Kettemann: "Wir haben das Glück, dass wir eine extrem moderne Halle haben. Wir sind auf Fans angewiesen und müssen schauen, dass sich die Spiele wirtschaftlich rechnen. Mit 2000 Zuschauern wird das schwer, 4000 ist da schon eine bessere Zahl." Ziel sei es zunächst, allen Dauerkarteninhabern Zutritt zu den Heimspielen zu gewähren.
> Die Vorbereitung ist außergewöhnlich. Selbst Martin Schwalb, der vor seiner 17. Bundesliga-Saison als Coach steht, sagt: "Unter solchen Umständen habe ich auch noch keine Vorbereitung erlebt." Weil er jemand sei, der immer den vollen Einsatz von seinen Spielern verlange, müsse er sich aktuell selbst immer wieder bremsen, um die Belastung nicht zu hoch zu fahren. Er lacht: "Ich würde eigentlich gerne viel mehr machen, aber wir müssen es langsam angehen." Das weitere Vorgehen ist noch schwammig; Anfang August fährt man in ein viertägiges Trainingslager nach Ischgl – in ein Hotel, in dem man komplett für sich alleine ist. Nach einer einwöchigen Pause ist Ende August und Anfang September die Teilnahme an einem Turnier mit den sechs baden-württembergischen Erst- und Zweitligisten geplant. Ende September wird es ernst, es stehen die ersten Qualifikations-Spiele in der European Handball League an, im Oktober beginnt die Bundesliga. Weitere Testspiele konnte man noch nicht verkünden, Schwalb meinte nur: "Es laufen bereits intensive Gespräche mit Vereinen hier aus der Region. Ich bin zuversichtlich, dass wir einige Spiele auf hohem Niveau haben werden."
> Die sportliche Zielsetzung wurde kaum thematisiert. "So viele Punkte wie wir vergangene Saison abgegeben haben, haben wir noch ein bisschen Arbeit vor uns", sagte Schwalb: "Wir sollten nicht so vermessen sein und sagen, dass wir Deutscher Meister werden wollen. Wir wollen einfach besser als zuletzt werden und Mannschaften, die vor uns waren, hinter uns lassen. Aber die schlafen auch nicht."



