Auch die Kampfsportschulen befinden sich in der Warteschleife
Gemeinsam mit anderen Kampfsportschulen einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschickt

Von Daniel Hund
Heidelberg. Die Corona-Krise hält die Welt in Atem. Vieles, was noch vor kurzem völlig normal und alltäglich war, ist plötzlich ganz weit weg. Dazu zählt auch das Training in Fitness-Studios oder Kampfsportschulen. Patrick Talmon, 43, der in Ketsch lebt und in Edingen-Neckarhausen aufgewachsen ist, betreibt solch eine Schule in Ludwigshafen-Oggersheim. In seiner Elite Fight Academy bietet er vom Kindertraining ab drei Jahren über Entspannungstraining bis hin zu diversen Kampfkünsten vieles an. Und Talmon versteht sein Handwerk: Er ist nach wie vor der einzige Deutsche, der im Mutterland Brasilien Weltmeister im brasilianischen Jiu-Jitsu wurde. "Ich habe auf der ganzen Welt gekämpft und gewonnen", sagt er.
Momentan ist aber auch er machtlos. Seit dem 16. März geht in seiner Academy nichts mehr. Da Talmon ohnehin stets in einem engen Austausch mit vielen anderen Kampfsport-Schulen steht, hat man mittlerweile sogar gemeinsam einen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel verfasst. Geschrieben hat ihn Falk Berberich, Leiter der Sportschule Krav Maga Defcon.
In ihm weist man daraufhin, wie wichtig Kampfsport-Schulen sind, gerade auch im Hinblick auf die soziale Verantwortung. Die RNZ sprach mit Patrick Talmon.
Patrick Talmon, wie ist denn der Stand bei den Kampfsport-Schulen, haben Sie eine Information darüber, ab wann Ihre Academy wieder öffnen darf?
Nein, wir hängen da leider völlig in der Luft. Aber mittlerweile deutet ja vieles darauf hin, dass die Fußballer der ersten beiden Ligen ab Mitte Mai mit Geisterspielen weitermachen dürfen. Dort wird es dann ja auch Körperkontakt geben. Also müssten dann auch wir wieder loslegen dürfen.
Genaue Infos haben Sie also nicht. Das ist beunruhigend.
Ja, das kann man so sagen. Wir finden es auch schade, dass sich mit dem Thema Kampfsportschulen keiner so richtig befasst. Wir fühlen uns da übergangen. Wir würden gerne beweisen, dass wir uns an all die Vorschriften halten können, aber man gibt uns keine Chance dazu. Unsere Trainingsfläche umfasst 250 Quadratmeter. Wir könnten dort 10 bis 15 Leute in einem entsprechenden Abstand trainieren lassen. Die Hygiene-Vorschriften wären auch kein Problem. Wir haben leider das Gefühl, dass man uns nicht ernst nimmt. Vielleicht hat man das Vorurteil im Kopf, dass Kampfsportler ohnehin nur auf sich einprügeln und man sie deshalb ruhig warten lassen kann.
Wie sieht es bei Ihren Kollegen aus, also bei anderen Kampfsport-Einrichtungen?
Denen geht es natürlich genauso. Wir haben uns deshalb auch zusammengetan und überlegen gemeinsam, was wir tun können, um etwas zu verändern. Mittlerweile haben wir beispielsweise einen Brief an Frau Merkel geschrieben, um sie auf die Situation hinzuweisen.
Das ist interessant. Was steht denn in diesem Brief?
Wir wollen einfach, dass man versteht, dass wir mehr als nur Sport sind. Wir haben beispielsweise auch sehr viele Kinder bei uns in den Studios. Für sie ist diese ganze Situation besonders schwer. Sie verstehen es nicht, dass sie nicht mehr zu ihrer Oma dürfen. Sie bekommen dann gesagt, dass die Oma sterben könnte, wenn sie sie besuchen. Die Kinder lässt das ängstlich zurück. Sie sitzen nur daheim, sie vermissen auch ihr Team in der Kampfsport-Schule. Dort würden sie wieder ihre innere Mitte finden. Es wird auch vergessen, dass viele Kampfsport-Schulen professionelle Unternehmen sind, deren Existenz jetzt bedroht ist. Wir sind kein reines Freizeitangebot, sondern ein wichtiger Teil im Leben unserer kleinen und großen Mitglieder.
Auch Erwachsene vermissen Ihren Sport.
Klar, manche von ihnen werden derzeit depressiv, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht. Für viele dieser Menschen sind wir ein wichtiger Ansprechpartner und eben nicht die Ärzte oder die Politiker. Zudem darf man auch nicht vergessen, dass sich regelmäßiger Sport positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt.
Wie ist der Kontakt zu den Mitgliedern denn während der Corona-Krise?
Der ist intensiv. Wir werden ständig kontaktiert und gefragt, wie und wann es weitergeht. Wir vertrösten die Leute dann und sagen ihnen, dass wir alle in einem Boot sitzen. Natürlich bieten wir auch Online-Training an. Wir laden Videos hoch und zeigen ihnen, dass wir für sie da sind.