Was tun? Trainer Andreas Dörner würde mit Melissa Friedrich (Mitte), Rebecca Merz und der TTG Neckarbischofsheim gerne wieder loslegen. Foto: Weindl
Von Eric Schmidt
Neckarbischofsheim. Wie gut, wenn man zu Hause etwas Spielraum hat. Der Spielraum bei Victoria Merz ist die Garage. Dort hat die Badenliga-Spielerin der TTG Neckarbischofsheim eine Tischtennis-Platte aufgestellt – um sich nicht als Wintersportlerin zu fühlen, sorgt ein Heizstrahler für Wärme. "Eigentlich braucht Vicky nur noch einen Trainingspartner", sagt Trainer Andreas Dörner, wohl wissend: Im Hause Merz, der Tischtennis-Familie aus Abstatt, dürfte das Finden eines Mit- und Gegenspielers kein allzu großes Problem sein. Mama Friederike und Papa Torsten greifen ebenso leidenschaftlich zum Schläger wie die beiden Schwestern Julia und Rebecca; Rebecca ist ja auch Mitspielerin bei der TTG.
Training im Homeoffice, das ist immerhin etwas. Sonst geht nichts. Im Tischtennis liegt von der 2. Liga abwärts nach wie vor alles brach, der November-Lockdown hat sich als ein November-bis-Februar-Lockdown entpuppt. Die TTG Neckarbischofsheim, eindrucksvoll mit vier Siegen in die Saison gestartet, hat mit dem 8:0 am 10. Oktober gegen den VSV Büchig ihr letztes Spiel absolviert. Still ruht der Ball seitdem, seit 124 Tagen durfte die Girlgroup von Andreas Dörner nicht mehr um Punkte und Sätze spielen. Neben der Wettkampf- fehlt auch die Übungspraxis. Bis auf Topspielerin Melissa Friedrich, die dem Landeskader angehört und am Stützpunkt in Heilbronn trainieren darf, sind alle anderen aus dem Team der TTG zum Nichtstun oder Garagensport verdammt.
Wie es weitergehen könnte? Der Tischtennis-Verband hat sich früh positioniert und auf eine Einfachrunde festlegt. Seit mehreren Wochen gibt es einen Ersatzspielplan. "Die Termine stehen. Wobei der erste Termin schon nicht mehr zu halten ist. Anfang März zu spielen, halte ich für ausgeschlossen", sagt Andreas Dörner. Am 6. März hätte seine Mannschaft beim TTC Iffezheim den Restart machen sollen – schön wäre es gewesen. Das nächste Match ist für den 28. März beim TTV Gamshurst anberaumt, nach dem Heimspiel gegen den TTV Weinheim-West II (10. April) und dem Auftritt beim TV Weisenbach (17. April) soll es am letzten Spieltag am 24. April zum Showdown mit dem TTC 1946 Weinheim III kommen, der als größter Nebenbuhler im Kampf um den Titel gilt.
Dass dies alles so eintrifft, ist nach der Lockdown-Verlängerung gestern mehr als fraglich. Auch Andreas Dörner ist "zunehmend skeptisch", wie er zugibt. Andere Sportarten wie Gewichtheben und Volleyball sind längst eingeknickt und haben kapituliert, als nächstes werden wohl die Handballer das Saison-Aus verkünden. Was seinen Sport betrifft, so hatte Dörner gehofft, dass die Saison etwas zeitversetzt zu Ende gebracht werden kann – mit einer Verlängerung bis in den Juni hinein. Daraus wird wohl nichts. "Stand jetzt muss die Runde bis Mitte Mai fertig sein. Das liegt auch an den Wechselfristen und Mannschaftsmeldungen, die weiter Bestand haben", weiß Dörner und vermutet: "Wenn wir bis Ende März, Anfang April nicht anfangen können, wird es eng. Vielleicht wäre dann nur noch etwas mit Blockspieltagen zu machen."
Die TTG könnte das Restprogramm in der Badenliga ohne den ganz großen Stress bewältigen – sie ist lediglich mit fünf Spielen im Rückstand. Der VSV Büchig, die SG Rüppurr und der TTC Weinheim III müssen dagegen noch sechs Mal, der TTC Iffezheim gar sieben Mal ran. Alle Hände voll zu tun hätte in der Badenliga der Herren die Spvgg Ottenau mit neun Spielen. Sie hatte vor dem Lockdown gerade mal einen Einsatz.
Sollte es am Ende tatsächlich zu einem Abbruch und einer Annullierung kommen, wären die Folgen fatal. Dörner glaubt, dass ambitionierte Spielerinnen und Spieler wechseln könnten und Vereine, die ihr Saisonziel nicht erreichen, sich zurückziehen oder ganz abmelden. Möglich, dass es auch die TTG hart träfe. Der anvisierte Aufstieg in die Oberliga hätte bei einem erneuten Cut zum zweiten Mal in Folge nicht geklappt. "Das erste Mal wegen Corona und eigenem Verschulden. Das zweite Mal nur wegen Corona", sagt Dörner. Der stellt nüchtern fest: "Es wäre wieder ein verlorenes Jahr. Und es wäre wieder ein verlorenes Jahr für Melissa Friedrich und Victoria Merz."
Keiner weiß es besser einzuschätzen, wie gut seine Spitzenspielerinnen sind, als der TTG-Coach. Sie sind sehr gut – und viel zu gut für die Badenliga. "Wenn ich es richtig raushöre, wenn ich mit ihnen spreche, dann ist es ihnen langweilig", erklärt Dörner. Mit anderen Worten: Wenn Friedrich und Merz sich anderen, höherklassigen Klubs anschließen würden, könnte er es verstehen. "Melissa wird bald 18. Wenn sie ein Studium anfängt, könnte sie sich bei einem Regional- oder Drittligisten etwas dazuverdienen. Die Angebote hat sie", sagt Dörner, betont aber: "Wenn sie und Vicky sagen, sie machen weiter bei uns in Neckarbischofsheim, wäre ich der Letzte, der sich nicht darüber freuen würde."
Was auch immer passiert – zunächst einmal gilt: Raus aus der Garage, rein in die Halle. Nicht nur Victoria Merz würde sich über einen Restart im Tischtennis riesig freuen.