Olympische Spiele

Die Verschiebung hat ihm "den Boden unter den Füßen weggezogen"

Für Speerwerfer Andreas Hofmann war die Verlegung der Spiele ein kleiner Schock

26.07.2020 UPDATE: 27.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden
Speerwurf-Vizeeuropameister Andreas Hofmann ist froh, inzwischen wieder fast ohne Einschränkungen trainieren zu können. F: vaf

Von Claus Weber

Heidelberg. Training statt Tokio, Kraftraum statt Stadion. Eigentlich wollte Andreas Hofmann nun in Japan sein und am Feinschliff für den olympischen Speerwurf-Wettbewerb feilen. Doch die Verschiebung der Spiele hat auch den Zeit- und Lebensplan des 28-jährigen Vize-Europameisters durcheinandergewirbelt. Der Neu-Heidelberger sprach mit der RNZ über die Corona-Zeit, den Stellenwert der deutschen Meisterschaften und die Befürchtung, dass auch 2021 keine Spiele in Tokio möglich sein könnten.

Andreas Hofmann, wie ging es Ihnen mit der Entscheidung, dass die Spiele verschoben wurden?

Am Anfang war es schon ein kleiner Schock. Aber inzwischen habe ich mich damit arrangiert. Dass die deutschen Meisterschaften in zwei Wochen in Braunschweig doch noch ausgetragen werden, ist ein kleiner Trost, so habe ich doch noch ein Saisonziel.

Sie sprachen von einem Schock?

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Von Ende März bis Mitte/Ende Mai war es schwierig, am Ball zu bleiben. Damals war mit Wettkämpfen ja gar nicht mehr zu rechnen. Da gab es schon zwei, drei Wochen, in denen man sich fragte: Wofür mache ich das eigentlich? Wofür soll ich überhaupt trainieren? Das ging schon an die Substanz.

Wie sah Ihr Training während des Lockdowns aus?

Nach der Absage der Spiele wurden der Olympiastützpunkt in Heidelberg und am nächsten Tag auch die Trainingshalle in Mannheim geschlossen. Das hat mir erst einmal den Boden unter den Füßen weggezogen. Das ist, als ob dir dein Arbeitgeber sagen würde: Wir schließen. Zum Glück habe ich privat Möglichkeiten gefunden, mich fit zu halten.

Wie hoch ist für Sie der Stellenwert der deutschen Meisterschaft?

Ehrlich gesagt nicht sehr hoch. Es wird zwar ein deutscher Meister gekürt. Doch jeder Athlet hatte andere Möglichkeiten sich vorzubereiten, jeder hat einen anderen Trainingsstand, und man kann sich fragen, ob das gerechte Wettkämpfe werden. Weil es keine Qualifikationen gab, hat man die Top Ten vom letzten Jahr nominiert.

Was sieht es bei Ihnen in der Speerwurf-Konkurrenz aus?

Es könnte sein, dass aus den Top Fünf außer mir nur Johannes Vetter am Start ist. Bei Bernhard Seifert weiß es nicht, Julian Weber hatte eine Fuß-OP, Thomas Röhler hat die Zeit genutzt hat, um an seiner Technik zu arbeiten. Schließlich geht es um keine Qualifikation.

Die Europameisterschaften in Paris Ende August wurden abgesagt.

Ja. Leider. Vielleicht haben wir noch ein paar kleinere Meetings, aber schon Mitte September wird diese Saison wieder beendet sein.

Sie haben das Ticket für Tokio noch nicht gesichert.

Wir Leichtathleten müssen uns in dem Jahr qualifizieren, in dem die Spiele stattfinden. Aber alle Wettkämpfe sind ja ausgefallen.

Lange Zeit waren die internationalen Dopingkontrollen ausgesetzt. Erwarten Sie trotzdem saubere Spiele 2021?

Das ist schwer zu sagen. Die Kontrollen finden jetzt wieder statt. Zumindest in Deutschland und den USA, wie ich weiß. Aber weltweit? Sicher gab es einen längeren Zeitraum, in dem man unbemerkt dopen konnte. Aber ob sich das noch für nächstes Jahr auswirken kann?

Hat die Verschiebung Auswirkungen auf Ihre Karriere- oder Lebensplanung?

Die Ungewissheit, wie diese Saison aussehen wird, war groß, die Planungssicherheit fehlte. Eigentlich wollte ich meinen Bachelor in Sportwissenschaften vor den Spielen fertig machen. Das habe ich nun verschoben, lasse mir etwas mehr Zeit. Es war auch eine Ungewissheit da, wie es finanziell weitergeht. Doch Sporthilfe, Team Tokio, mein Verein MTG Mannheim und auch mein privater Sponsoren-Pool bleiben zum Glück am Ball.

Haben Sie Bedenken, dass die Spiele von Tokio abgesagt werden könnten, und was würde das für Sie bedeuten?

Ich gehe stark davon aus, dass sie stattfinden werden – sonst bräuchte ich mich nicht vorzubereiten. Aber mir blieben immerhin noch die Spiele 2024 in Paris, das ist mein Fernziel, dann wäre ich 32 und noch in einem guten Speerwerfer-Alter, weil die körperlichen Voraussetzungen noch gut sind und man viel Erfahrung hat. Aber klar: Ein Ausfall Tokios würde mich schon hart treffen. Ich war noch nie bei den Spielen, sie sind mein großer Traum. Auch Spiele ohne Zuschauer wären eine Tragödie.

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