Von Eric Schmidt
Eppingen/Dortmund. Gold. Silber. Bronze. Wer nach dem Wettkampf die Helmut-Körnig-Halle verließ, konnte sich am Ausgang per Selbstbedienung seinen Preis abholen. Dort, auf einem Tischchen an der Tür, lagen die Medaillen und Urkunden für die Besten der Besten der 68. deutschen Hallen-Leichtathletik-Meisterschaften aus. Auch Felix Mairhofer kam am Samstagnachmittag an diesem Gabentisch vorbei – allerdings musste er mit leeren Händen wieder nach Hause gehen. "Ich durfte nichts mitnehmen", sagt der Dreispringer aus Eppingen.
Vierter ist er geworden. Wie schon 2017 in Leipzig musste sich der Mann von der MTG Mannheim bei der Hallen-DM in Dortmund mit dem vierten Platz begnügen. Mit "undankbar" wird dieser Platz im Sportjargon gemeinhin umschrieben, Mairhofer nahm diese Vokabel nicht in den Mund. Er hatte alles versucht und alles gegeben, mit seinen 15,49 Metern hatte er es sogar ziemlich weit gebracht und bis ganz nah an die Medaillenränge geschafft. Nur neun Zentimeter fehlten zu Platz drei, den Christoph Garritsen (TSV Bayer 04 Leverkusen) mit 15,58 Metern belegte, nur 21 Zentimeter fehlten zu Platz zwei, den Titelverteidiger Felix Wenzel
(SC Potsdam) mit 15,70 Metern einnahm. Lediglich Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) sprang mit seinen 17,00 Metern in einer anderen Welt.
Im Gespräch mit der RNZ spricht Felix Mairhofer von einem "zwiespältigen Gefühl". Man müsse in der Beurteilung der Leistung einen Schritt zurückgehen und das Gesamtpaket betrachten. "Die technische Ausführung war sehr gut", bilanziert der 26-Jährige einerseits. Anderseits: "Wenn ich bei vier Versuchen auf dem Brett gewesen wäre, hätte ich 50 plus oder 60 gehabt." Und damit eine Medaille.
Was auffiel am Samstag: Wie konstant Felix Mairhofer sein Pensum bewältigte. Als Einziger im Neunerfeld der Dreispringer leistete er sich keinen Fehlversuch, als Einzigem glückten ihm "sechs Richtige" – eine Sechser-Serie von beeindruckender Stabilität. Nach 14,99 Metern zum Einstieg sprang er im zweiten Durchgang 15,46 Meter, es folgten 15,33 und 15,24 Meter und in den letzten beiden Versuchen jeweils zwei Sätze auf 15,49 Meter – die Bestweiten seines Auftritts. Zwischenzeitlich sah es deshalb richtig gut aus im Kampf um die Medaillen. Nach dem zweiten und dem dritten Durchgang lag Mairhofer auf dem Silber-, nach dem vierten Durchgang auf dem Bronzerang. Doch erst gelang es Felix Wenzel, ihn zu verdrängen, dann trumpfte im fünften Durchgang Christoph Garritsen mit gesprungenen 15,58 Metern auf.
Warum es nicht zu mehr reichte? "Felix Wenzel und Christoph Garritsen hatten jeweils einen Sprung, den sie optimal getroffen haben. Bei mir fehlte dieser Ausrutscher nach oben", erklärt Felix Mairhofer und hadert vor allem mit seinen vierten Versuch über 15,23 Meter: "Der war ohne Brett. Das wäre deutlich mehr geworden, wenn ich das Brett getroffen hätte."
Dass nicht alles rund laufen würde, war indes nicht so überraschend. Zwei Wochen vor der DM hatte Mairhofer mit einer eitrigen Mandelentzündung im Bett gelegen, mit Antibiotika kämpfte er gegen fiese Halsschmerzen und Schluckbeschwerden an – alles andere als die ideale Vorbereitung. In Absprache mit seinem Trainer Holger Prestor entschied er sich, die "Deutschen" mit einem verkürzten Anlauf in Angriff zu nehmen. Überhaupt bei einem Wettkampf dabei zu sein, war ein ungewohntes Gefühl. Gerade mal sieben Wettkämpfe bestritt Mairhofer in den vergangenen vier Jahren – mal kamen Verletzungen dazwischen, mal Krankheiten oder Corona. Ein einziger Wettkampf stand in der Saison 2020 zu Buche, die "Deutschen" in Dortmund waren seine erste Hallen-DM seit 2017. "Das merkt man dann schon, wenn man keine Wettkampfroutine hat", so Mairhofer. "In Dortmund haben mir die Körner gefehlt, um in den letzten Versuchen nochmals zu attackieren."
Auch wenn es am Ende Blech wurde statt Edelmetall: Mairhofer war mit sich im Reinen. Fünf Sprünge über 15,24 Meter und mehr waren aller Ehren wert, die 15,49 Meter von Dortmund hätten vor vier Jahren bei der DM in Leipzig für Silber gereicht. "So eine gute Serie habe ich schon lange nicht mehr gehabt", sagt der Leichtathlet und bedauert, dass der erste Hallenwettkampf dieser Saison gleichzeitig der letzte war. Mairhofer will nun "erst einmal runterfahren", um sich dann auf die Freiluftsaison vorzubereiten. Wie die abläuft, hängt ganz davon ab, was machbar ist in diesen Corona-Zeiten. Ein Trainingslager wird wie im vergangenen Jahr nicht möglich sein. Sollte im Frühjahr das Sprungmeeting in seiner Heimatstadt Eppingen stattfinden, wäre Mairhofer gerne mit von der Partie. Und dann sind für den 5./6. Juni die deutschen Meisterschaften in Braunschweig geplant. "Das ist schon in dreieinhalb Monaten. Das ist nicht mehr lange bis dahin", weiß der ehrgeizige Dreispringer, der 2015, 2016 und 2019 Sportler des Jahres im Sportkreis Sinsheim geworden ist.
Gold. Silber. Bronze. Vielleicht ist ja bei der DM im Freien mehr drin als bei der DM in der Halle. Und vielleicht sind die Medaillen dann keine Abholpreise mehr, die am Ausgang mitgenommen, sondern wie in alten Zeiten bei Siegerehrungen auf dem Treppchen verliehen werden. Eine solche Medaille hätte für Felix Mairhofer einen ganz besonderen Wert.
Deutsche Leichtathletik-Hallenmeisterschaften in Dortmund
Dreisprung: 1. Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) 17,00 m, 2. Felix Wenzel (SC Potsdam) 15,70 m, 3. Christoph Garritsen (TSV Bayer 04 Leverkusen) 15,58 m, 4. Felix Mairhofer (MTG Mannheim) 15,49 m, 5. Vincent Vogel (LAC Erdgas Chemnitz) 15,38 m, Pascal Boden (Dresdner SC 1898) 14,99 m, 7. Bendedikt von Hardenberg (LG Telis Finanz Regensburg) 14,95 m, 8. Benjamin Gassioui (VfL Winterbach) 14,53 m, 9. Gabriel Wiertz (TuS 1860 Pfarrkirchen) Aufgabe nach Verletzung im zweiten Versuch