Der Obrigheimer Jakob Neufeld freut sich über die Silbermedaille bei der deutschen Gewichtheber-Meisterschaft in Roding. Fotos: S. Weindl
Roding. (rol) Roberto Gutu machte es spannend. Zwei Mal war der Heber des SSV Samswegen an 160 Kilo gescheitert, aber nun im dritten und letzten Anlauf ging er in die Vollen und steigerte um weitere drei Kilo. Der 18-Jährige, eines der derzeit wenigen Top-Talente des deutschen Gewichthebens, belohnte sich: Er stieß die Last und übernahm mit 297 Kilo die Führung in der 77-Kilo-Klasse.
Nun war Jakob Neufeld gefordert. Das Generationen-Duell zwischen Gutu und dem Obrigheimer gehörte zu den spannendsten bei der am Wochenende ausgetragenen deutschen Meisterschaft der Gewichtheber/innen im bayerischen Roding. Der Junior hatte vorgelegt, der Routinier konterte: Neufeld, fast fünf Kilo schwerer und 17 Jahre älter, bestellte 165 Kilo. Satte zehn Pfund mehr als im zweiten Versuch. Und genau so viel, dass es zum Sieg reichen würde, wenn er die Last bewältigt.
Zuvor waren Jakob Neufeld fünf fehlerfreie Versuche gelungen, während sein junger Widersacher drei ungültige fabriziert hatte und weniger souverän auftrat. Allerdings: Die Hantel, die für Neufeld gerichtet war, schwieg schwer vor sich hin. 165 Kilo hatte Obrigheims Bundesliga-Athlet bei der DM vor einem Jahr in Speyer gestoßen. Zu seinen Zeiten als Profisportler startete er mit solchen Gewichten in den Wettkampf, in der Blüte seines Heberlebens hievte er rund 20 Kilo mehr in die Höhe. Aber das ist schon ein paar Jahre her.
Inzwischen bezeichnet sich Jakob Neufeld gerne als "Freizeitsportler", denn als Familienvater mit dreijährigem Sohn und als Student, der gerade sein halbjähriges Praktikum macht und an der Neuburg-Grundschule in Dossenheim unterrichtet, wird die Zeit fürs Training knapp. "Ich hatte 130 Kilo im Reißen und 160 Kilo im Stoßen vorbereitet", berichtet er.
Gut geplant. Auf der DM-Bühne setzte Neufeld um, was er sich vorgenommen hatte. In der ersten Disziplin konnte er sogar drei Kilo drauflegen. Was würde jetzt noch gehen? Neufeld packte die Hantel entschlossen, zog sie vom Boden weg, aber kam nicht schnell genug aus der Hocke. Es war ein Kampf, bis er aufrecht stand und die 365 Kilo auf seiner Brust abgelegt hatte. Erstmal durchatmen, Luft holen, konzentrieren für den Ausstoß. Es reichte nicht. "Mir hat am Ende einfach die Kraft gefehlt", sagt Neufeld. "Schade, aber ich habe den jungen Gutu gekitzelt, er musste sich anstrengen. Und wir haben uns einen spannenden Wettkampf geliefert."
Mit Silber im Gepäck machte sich der unterlegene, aber mit seinem Auftritt zufriedene Athlet auf die Heimfahrt. Der zweite Rang von Jakob Neufeld ist die beste DM-Platzierung eines Gewichthebers aus dem Neckar-Odenwald-Kreis in diesem Jahr. Abgesehen von Jürgen Spieß, der als Kapitän die Bundesliga-Mannschaft des AV Speyer anführt und in Einzelwettkämpfen für Kraft-Werk Schwarzach startet. Er galt als haushoher Favorit in der Klasse bis 105 Kilo. Sein Wettkampf am gestrigen Sonntag war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. Für Kraft-Werk Schwarzach ging mit Fabian Gallion ein weiterer Heber auf die DM-Bühne. In der 69-Kilo-Klasse schaffte er 217 Kilo im Zweikampf, das reichte für Bronze in der Junioren-Konkurrenz.
Ebenfalls als Dritter kehrte Marius Oechsle aus Roding nach Hause zurück. Der 24-Jährige, bei der DM für seinen Heimatverein SGV Oberböbingen gemeldet, wird am kommenden Samstag für den SV Obrigheim im Bundesliga-Auswärtskampf gegen den TSV Heinsheim heben. Nach längerer Verletzungspause hat Oechsle ordentlich aufgeholt: In derselben Gewichtsklasse wie Mannschaftskamerad Neufeld gelangen ihm sechs gültige Versuche, 277 Kilo im Zweikampf reichten für DM-Bronze. Das Obrigheimer Trio in der 77-Kilo-Klasse komplettierte Ruben Hofmann, der lediglich im letzten Versuch an 150 Kilo im Stoßen scheiterte und den Wettbewerb bei den Männern als Sechster beendete, in der Junioren-Wertung aber Dritter wurde.
Tadellos präsentierte sich Björn Hertrampf. Der älteste Starter in der 94-Kilo-Klasse (Jahrgang 1982) beendete alle sechs Versuche erfolgreich und landete auf Platz vier hinter so etablierten Bundesliga-Athleten wie Robert Oswald, Lokalmatador Gregor Nowara und Kevin Schweizer. Die Obrigheimer Nationalheber Nico Müller und Matthäus Hofmann, die nach der WM gerade erst wieder mit dem Aufbautraining begonnen haben, verzichteten in diesem Jahr auf einen Start bei den nationalen Meisterschaften. Für den SV Obrigheim bleibt unterm Strich dennoch ein erfreuliches Ergebnis: Vier Athleten, drei Medaillen und insgesamt nur zwei Fehlversuche.