Von Joachim Klaehn
Sinsheim. Turbulent ging es am späten Sonntagabend im Sinsheimer Stadion zu. Sehr zur Freude des Publikums, das ein außergewöhnliches Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Peru sah. Hüben wie drüben Unterhaltung pur, frei von taktischen Fesseln, aber phasenweise eben auch vogelwild – gerade im Vergleich zum jüngsten Nations-League-Auftakt gegen Weltmeister Frankreich (0:0) in München, bei dem die Rückkehr zur Kompaktheit und Stabilität gepriesen werden durfte. Wohin führt der Weg der Nationalmänner in naher Zukunft?
Dies scheint ungewiss, denn die Löwlinge zeigten sich gegen die unbequemen Peruaner beim 2:1 (1:1) zwar offensiv verbessert, doch wie schon bei der deprimierenden WM in Russland blieben sie verwundbar und überaus konteranfällig. Die Suche nach der inneren Balance geht also weiter – dies brachte Teil zwei der Wiedergutmachung deutlich zum Ausdruck. "Wir müssen lernen, die Kompaktheit herzustellen", hatte Joachim Löw vor seinem 167. Länderspiel als Bundestrainer gefordert, womit er die Rekordmarke von Sepp Herberger egalisierte.
Bilder vom Länderspiel Deutschland gegen Peru in SinsheimFünf Veränderungen (ter Stegen, Schulz, Süle, Gündogan und Brandt rückten in die Startelf) gab es gegenüber dem Prestige-Duell mit den französischen Ballästheten. So kam Linksverteidiger Nico Schulz in seinem "Wohnzimmer" zum erhofften Länderspiel-Debüt – der Powerfußballer ist zugleich der neunte deutsche Nationalspieler der TSG 1899 Hoffenheim nach Compper, Beck, Weis, Volland, Rudy, Süle, Demirbay und Sandro Wagner.
Es entwickelte sich sofort eine muntere Partie vor 25.494 Besuchern in der ausverkauften Rhein-Neckar-Arena. Immer wenn die quirligen Südamerikaner irgendwo auf dem Planeten spielen, dann ist beste Atmosphäre garantiert. Beeindruckend, wie die peruanische Fangemeinde ihre Lieblinge pausenlos euphorisch, gesangs- und lautstark unterstützte.
Im ersten Abschnitt war die DFB-Elf klar spielbestimmend und verzeichnete ein halbes Dutzend an Großchancen, darunter die Gelegenheiten von Marco Reus sowie von Matthias Ginter (13.), der nach einer Kroos-Ecke völlig frei aus sechs Metern zum Kopfball kam, jedoch zu unpräzise abschloss.
Stattdessen wurde die deutsche Mannschaft eiskalt erwischt. Schulz hatte den Ball eigentlich schon erobert, doch ihm fehlte die Hilfe, so dass der mit Tempo heranstürmende Verteidiger Luis Advíncula zum 0:1 (22.) vollenden konnte.
Der Ex-Hoffenheimer, 2013 kurzfristig für die TSG aktiv, jubelte frenetisch. Neuer-Vertreter Marc-André ter Stegen sah bei der Führung der Südamerikaner ziemlich unglücklich aus. Gut, dass die Deutschen prompt zurückkamen. Dank gezieltem Pressing setzte Kroos Julian Brandt in Szene, der mit einem geschickten Lupfer das 1:1 (25.) markierte.
Hoch und runter ging es besonders nach dem Seitenwechsel. Sowohl die Gäste als auch die Hausherren hätten einen Treffer erzielen können. Schließlich blieb es Lokalmatador Nico Schulz vorbehalten, das Ausrufezeichen zu setzen. Einen vergleichsweise harmlosen Schuss des Hoffenheimers ließ Perus Keeper Pedro Gallese durchrutschen. Das 2:1 (84.) – ein kapitaler Bock des Schlussmannes und welch verrückte Pointe dieses abwechslungsreichen Kicks.
Deutschland: ter Stegen – Schulz, Süle, Boateng (46. Rüdiger), Ginter (72. Kehrer) – Kimmich - Kroos, Gündogan (84. Müller) – Brandt (70. Petersen), Werner (88. Havertz) – Reus (46. Draxler).
Peru: Gallese – Advíncula, Araujo, Santamaría, Trauco – Aquino, Yotun (76. Calcaterra) – Flores (67. Lopez), Cueva, Farfán – Ruidíaz (86. Peña).
Schiedsrichter: Schörgenhofer (Österreich); Tore: 0:1 Advíncula (22.), 1:1 Brandt (25.), 2:1 Schulz (84.); Zuschauer: 25.494 (ausverkauft); Beste Spieler: Kimmich, Kroos – Gallese, Advíncula, Farfán.