Nico Müller, der frischgebackene Gewichtheber des Jahres 2018, war erneut ein Garant des Sieges für den SV Obrigheim. Foto: S. Weindl
Von Roland Karle
Obrigheim. Auf Nico Müller ist Verlass. Wie eine Eins stand er auf der Bühne, bewältigte die immer höher werdenden Lasten im Spitzenduell gegen den AC Mutterstadt scheinbar mühelos. Der Europameister hat einen enormen Anteil daran, dass der SV Obrigheim die Wende geschafft hat: Durch den 3:0-Sieg am Samstag wurde ein Aus in der Gruppenphase vermieden - und weil der AV Speyer gegen Durlach mindestens einen Punkt abgegeben hat, wird der DM-Endkampf am 27. April höchstwahrscheinlich in Obrigheim stattfinden. Der 25-Jährige sagt im RNZ-Interview, warum er die Bundesliga mag, wie es international weitergeht und was ihm der gerade verliehene Titel "Gewichtheber des Jahres" bedeutet.
Nico Müller, ein fehlerfreier Wettkampf mit hohen Lasten, wieder mal bester Obrigheimer und dazu die Ehrung als "Gewichtheber des Jahres 2018" - haben Sie ordentlich gefeiert am Samstagabend?
Nico Müller: Der Wettkampf ist sehr gut gelaufen für mich, das stimmt. Und es war eine tolle Atmosphäre in der Neckarhalle, das motiviert einen umso mehr, auf der Bühne alles zu geben. Aber groß gefeiert habe ich nicht. Wir sind seit Sonntagnachmittag für eine Woche im Trainingslager auf dem Herzogenhorn, es geht also gleich wieder weiter. Und da muss ich frisch sein.
Wie ist das eigentlich nach so einem Wettkampf, in dem Sie nah an Ihre Leistungsgrenzen gehen - schmerzt da am nächsten Morgen der ganze Körper?
Direkt nach dem Wettkampf habe ich das deutlicher gespürt, am Tag danach ging es mir ziemlich gut. Also alles in Ordnung. Ich bin fit für die Woche.
Sie haben am Samstag zum 79. Mal in der Bundesliga gehoben. Der Druck war groß, denn Obrigheim musste 3:0 gewinnen, um ins Finale zu kommen. Und Mutterstadt galt als Favorit. Wie haben Sie den Wettkampf auf und hinter Bühne erlebt?
Solche Duelle erlebt man als Gewichtheber selten. Es war schon verrückt, wie eng es zuging und jeder Versuch entscheidend sein konnte. Wir Sportler haben uns auf unsere Aufgabe konzentriert, aber natürlich mitbekommen, wie es hin- und hergeht. Für mich war das einer der spannendsten und schönsten Bundesliga-Wettkämpfe, die ich mitgemacht habe. Solche Abende spornen an, weiter Gas zu geben. Die riesige Stimmung und diese Motivation nehme ich mit in die nächsten Trainingswochen.
War es geplant, dass Sie 155 Kilo reißen und 195 Kilo stoßen?
Mit meinem Trainer Oliver Caruso war besprochen, 150 und 190 Kilo anzugehen. Klar ist aber auch, dass ich in einem solch engen und wichtigen Wettkampf etwas draufpacke, wenn es sein muss und ich Reserven habe. Diesen Spielraum haben wir ausgeschöpft, das passt alles noch in die Trainingsplanung, die auf meine internationalen Wettkämpfe ausgerichtet sein muss.
Das heißt, Sie waren sich sicher, dass Sie die aufgelegten Gewichte schaffen werden?
Sonst wäre ich nicht drangegangen.
Es waren also keine 50:50-Versuche?
Auf solche Lasten muss man vorbereitet und kräftig genug sein, das ist klar. Aber ich wusste, dass ich 155 Kilo im Reißen draufhabe und im Stoßen habe ich mir die 195 Kilo auch zugetraut.
Sie wurden von Experten zum besten Gewichtheber 2018 gewählt, BVDG-Sportdirektor hat Ihnen den Preis vor dem Wettkampf überreicht. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung durch den Verband?
Darüber freue ich mich sehr, zumal ich diesen Titel zum ersten Mal zuerkannt bekomme. Er ist schon etwas Besonderes und eine tolle Anerkennung für das vergangene Jahr.
Wie geht es für Sie weiter?
Anfang März starte ich bei einem Turnier im Iran, dann folgt Anfang April die Europameisterschaft und im September/Oktober steht die Weltmeisterschaft auf dem Programm. Allesamt wichtige Wettkämpfe, weil es um Qualifikationspunkte für Olympia geht. Durch den neuen Modus muss man jedes halbe Jahr einen vom Weltverband anerkannten internationalen Wettkampf absolvieren. Es ist daher wichtig, konstant Leistung zu zeigen und ohne größere Verletzungen und Pausen durchzukommen.
Zwei Wochen nach der EM steigt das Finale um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft, höchstwahrscheinlich in der Neckarhalle. Werden Sie dann noch aus dem Vollen schöpfen können?
Nach der EM beginnt wieder ein neuer Trainingszyklus, da wird neu aufgebaut. Und da die WM schon recht früh terminiert ist, muss man seine Kräfte gut einteilen. Ich werde schauen, mein Leistungsniveau, das ich für die EM anpeile, bis zum DM-Finale zu konservieren. Denn bei einem Endkampf um den Titel, erst recht in eigener Halle, da will ich für unsere Mannschaft alles geben.