Die Entscheidung: Shaun Willett fliegt zum Ring und stopft den Ball durch die Reuse. F: Disqué
Von Nikolas Beck
Heidelberg/Hagen. Die spektakulärste Aktion des Abends war die entscheidende: Zwei Minuten waren am Samstag in der Hagener Ischelandhalle noch zu spielen, die heimischen "Feuervögel" gerade drauf und dran, ein herausragendes Comeback gegen die MLP Academics zu vollenden. Dann dribbelte Heidelbergs Jordan Geist in die Zone, warf den Ball hoch über den Ring, als Shaun Willett angeflogen kam und krachend per Alley-oop vollendete. Als ob der US-Amerikaner, der auch in seinem zweiten Spiel für die Academics überzeugen konnte, mit Nachdruck betonen wollte: Bis hier hin und nicht weiter, die Punkte nehmen wir mit nach Heidelberg. "Ein sensationeller Abschluss", fand auch Branislav Ignjatovic, wenngleich "Frenki" auch um das große Risiko wusste: "Mit solch einer Aktion kann ein Spiel auch in die andere Richtung kippen."
Zittern mussten seine Schützlinge nur kurz. Die zwischenzeitliche 19-Punkte-Führung war kurz vor Schluss auf vier Zähler zusammengeschmolzen (37. Minute). Am Ende aber feierten die Heidelberger Zweitligabasketballer beim 81:67 (44:30) bei Phönix Hagen ihren vierten Sieg in Serie. Es war der neunte Erfolg im elften Spiel. Rang zwei ist erst mal gefestigt. Und wo die Reise hingehen soll, ist klar formuliert: Nach Spielende fand sich auf dem offiziellen Instagram-Account der Academics ein Bild der Tabelle, versehen mit dem Zusatz: "BBL (Basketball-Bundesliga), wir kommen!" Nach überstandener fünfwöchiger Corona-Pause ist das Selbstvertrauen rund um den Olympiastützpunkt so groß wie die Ambitionen.
Kein Wunder, dass der Trainer erst mal auf die Bremse drückt. "Es werden sicherlich auch wieder schlechtere Spiele und Niederlagen kommen", sagte Ignjatovic, der sich auch von der RNZ nicht aus der Reserve locken ließ: Ob es ihm denn schon mal so viel Spaß gemacht habe wie aktuell mit seiner talentierten Mannschaft, wollten wir wissen. "Ich habe bisher alle Saisons hier sehr genossen", wiegelt der Serbe, seit 2014 Chefcoach beim Ex-Rekordmeister, ab. Man habe schließlich gerade erst elf Spiele absolviert. Immerhin räumt Ignjatovic, der Realist, ein: "Wir sind auf einem guten Weg, die Playoffs zu erreichen."
Auch, weil der 54-Jährige diesmal mit seinem Team zufriedener sein durfte als noch drei Tage zuvor beim Sieg in Paderborn. Vor allem defensiv packten Kapitän Phillipp Heyden und Co. wesentlich entschiedener zu. "Nur 67 Punkte zuzulassen, ist in dieser Liga eine starke Leistung, egal gegen wen", sagte Ignjatovic.
Solche Siege seien ihm als Trainer sogar lieber als jene Erfolge, bei denen man mit einer überragenden Schussquote dominiert. Offensiv lief tatsächlich längst nicht alles rund: Sa’eed Nelson, Albert Kuppe, Ewan McGaughey und vor allem Jordan Geist, der nur einen seiner sieben Würfe aus dem Feld verwandeln konnte, erwischten einem gebrauchten Tag. Es spricht für die Qualität der Heidelberger, dass dann andere zu Stelle waren, Shy Ely (18 Punkte) beim Scoring zu unterstützen. Vor allem Heyden (17) und Niklas Würzner (13) sind hier zu erwähnen.
Und dann ist da ja noch der neueste Akademiker, Willett (14). "Mit ihm ist zurzeit noch viel improvisiert", sagt der Academics Coach, "wir hoffen, dass Shaun mit ein bisschen mehr gemeinsamer Trainingszeit noch besser wird."
Für die Konkurrenz muss das eigentlich wie eine Drohung klingen. Auch wenn "Frenki" Ignjatovic es so sicher nicht gemeint hat.
Hagen: Delaney 16 (2 Dreier), Lodders 15 (1), Aminu 11, Haney 9, Zdravevski 5 (1), Bishop 3, Spohr 3 (1), Giese 2, Loch 2, Cartwright 1.
Heidelberg: Ely 18 (3), Heyden 17, Willett 14, Würzner 13 (3), Nelson 8, Geist 8 (1), Trtovac 2, McGaughey 1, Kuppe, Loh, Vasiljevic.
Stenogramm: 8:12 (6.), 15:20 (1.V.), 19:34 (15.), 30:44 (Hz.), 36:54 (25.), 48:61 (3.V.), 58:65 (34.), 65:70 (37.), 67:81 (Endstand).