Epfenbach

Der Unmut in Sachen Windpark "Dreimärker" wächst weiter

Die Bürgerinitiative fühlt sich nicht ernst genommen. Ist der Beschluss über die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens korrekt?

20.07.2022 UPDATE: 20.07.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 36 Sekunden
Im Wald zwischen Epfenbach, Spechbach und Lobbach sollen insgesamt sieben Windräder entstehen. Dies möchte die Bürgerinitiative „Pro Landschaftsschutz“ verhindern und ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen. Foto: Christiane Barth

Von Anjoulih Pawelka

Epfenbach. Im Streit um die Rechtmäßigkeit ihres Bürgerbegehrens hat die Bürgerinitiative "Pro Landschaftsschutz" (BI) das Kommunalrechtsamt um Überprüfung gebeten. Denn die BI möchte verhindern, dass auf der Gemarkung "Dreimärker" sieben Windkraftanlagen im Wald gebaut werden.

Eigentlich hat der Gemeinderat geplant, dass eine Vertrauensperson der BI in der vergangenen Sitzung des Gemeinderats den Räten ihre Bedenken vortragen darf. Dies muss innerhalb von zwei Monaten nach dem Einreichen des Bürgerbegehrens stattfinden, so steht es in der Gemeindeordnung Baden-Württemberg. Erst dann kann der Gemeinderat darüber entscheiden, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Die Bürgerinitiative sagt, sie habe Bürgermeister Joachim Bösenecker darauf hingewiesen. Dieser sei in ihrem Telefonat völlig unwissend gewesen, sagt Olaf Straub, der Initiator der BI.

Bei besagter Sitzung gab es dann aber keine Anhörung der BI, denn die Vertrauenspersonen konnten den Termin nicht wahrnehmen, was sie Bürgermeister Joachim Bösenecker auch mitgeteilt und um Verlegung des Termins gebeten hatten. Zwischen Einladung und Gemeinderatssitzung lag eine Woche, es sei nicht möglich gewesen, eine Ersatzvertrauensperson zu bestimmen, die sich auf den Vortrag angemessen vorbereiten kann, so die Begründung der BI. Straub teilte das Bösenecker am Dienstag telefonisch mit (zuvor war Feiertag, Brückentag im Rathaus, und am Montag hatte Bösenecker Straub nicht zurückgerufen). Es folgte eine E-Mail von Bösenecker an Straub, in der er ihn bittet, eine Ersatzperson zu benennen (die E-Mails liegen der Redaktion vor).

Dennis Schumm, ein Mitstreiter der Initiative, antwortete Bösenecker im Auftrag von Straub und bat auch noch einmal um Verlegung der Anhörung. Der Wortlaut: "Herr Straub hat mich gebeten, Ihnen in obiger Angelegenheit stellvertretend zu antworten, da er bis in den späten Abend unabkömmlich sein wird." Diesen Satz legte Bösenecker in der Sitzung am darauffolgenden Tag so aus, dass Schumm ihm als Vertrauensperson genannt worden sei. Schumm hatte in seiner E-Mail auch noch einmal darauf hingewiesen, dass es "aufgrund des kurzen Vorlaufs" nicht möglich sei, eine Ersatzperson zu benennen.

Auch interessant
Epfenbach/Spechbach: Das Bürgerbegehren gegen den Windpark ist unzulässig
Windpark "Dreimärker": Der geplante Windpark bewegt die Spechbacher
Epfenbach: Diskussion zur Windenergie artet aus
Spechbach/Epfenbach: Verbal wurde viel Wind gemacht
Lobbach: Der geplante Windpark "Dreimärker" wächst weiter
Spechbach: Bürgerinitiative gibt beim geplanten Windpark "Dreimärker" nicht auf

Bösenecker hielt dagegen, dass bereits seit vergangenem Herbst bekannt sei, dass in dem Gebiet Windräder gebaut werden sollen. Die Verfahren seien dabei in den Gemeinden Spechbach und Epfenbach nahezu deckungsgleich gelaufen. Deswegen habe es eine gemeinsame Infoveranstaltung im Mai in Spechbach gegeben. Die Bürgerinitiative sei also ausreichend frühzeitig über die Sachlage informiert gewesen, schrieb Bösenecker und bemerkte, dass er daher keine zu kurze Vorlaufzeit erkennen könne und damit dem Wunsch der BI nach Verschiebung dieses Tagesordnungspunktes nicht nachkommen könne.

Der Bürgermeister hatte den Tagesordnungspunkt zur Abstimmung gestellt und Schumm als Stellvertreter der BI das Wort erteilt. Dieser sagte aber nur, dass er dazu nichts sagen werde. Der Gemeinderat hatte dann trotzdem beschlossen, dass das Bürgerbegehren unzulässig ist, da die Initiative ihren Antrag zu spät eingereicht hat (wir haben berichtet). Die BI zweifelt die Richtigkeit des Beschlusses allerdings an. Sie bezieht sich auf ein Rechtsgutachten, das die Gemeinde Spechbach bei einer Kanzlei in Auftrag gegeben hat. Die Juristen kommen zu dem Schluss, dass zum einen die beiden Sachverhalte in Spechbach und Epfenbach gleichzusetzen sind, und zum anderen, dass die BI ihren Antrag rechtzeitig eingereicht hat. Epfenbach wiederum bezieht sich auf ein Schreiben von Kreisratsmitglied Dr. Edgar Wunder, der im Auftrag des Vereins "Mehr Demokratie" den beiden Gemeinden eine Einschätzung gegeben hatte.

Auf RNZ-Nachfrage, ob Böseecker das Gutachten aus Spechbach kennt, zögerte dieser, bevor er antwortete, dass ihm das Gutachten "flüchtig bekannt" sei. Die Bürgerinitiative kann sich das nicht vorstellen: "Wir gehen davon aus, dass bei der engen Kooperation bei diesem Jahrhundertprojekt Bürgermeister Bösenecker Kenntnis vom Inhalt dieses Gutachtens hatte und somit seine Ratsmitglieder auf Basis einer ihm bewusst falschen Begründung hat abstimmen lassen, um seine eigenen Versäumnisse zu kaschieren", heißt es in der Stellungnahme.

Bedenken, dass die Epfenbach Entscheidung ungültig ist, hat Bösenecker nicht. Man sei sich juristisch in der Sache so einig gewesen, dass man keine weitere Einschätzung gebraucht habe. Dass der Spechbacher Gemeinderat zu einem anderen Entschluss kam und sich juristischen Rat eingeholt hat, sei dessen "freie Entscheidung". Außerdem käme es bei Juristen häufig vor, dass man unterschiedliche Auffassungen habe. "Das ist bei Verwaltungsfachleuten so üblich", sagte er und fügte hinzu: "Es gibt bei den Juristen nicht nur eine Wahrheit." Der BI stehe es frei, die Rechtsaufsichtsbehörde zu kontaktieren.

Das bestätigte auch Ralph Adameit, stellvertretender Pressesprecher des Landratsamts. Da das Klagebegehren darauf gerichtet sei, die Gemeinde zu verpflichten, das Bürgerbegehren zuzulassen, käme nur eine Verpflichtungsklage in Betracht. Zuvor müsse aber ein Widerspruchsverfahren stattfinden. "Im Fall eines Widerspruches würde unser Kommunalrechtsamt die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens prüfen – sofern die Gemeinde dem Widerspruch nicht abhelfen kann", erklärte Adameit.

Nun gibt es weiteren Unmut, denn Bösenecker hat die BI zur Sitzung an diesem Mittwoch wieder ausgeladen. Dabei hatte der Gemeinderat in der vergangenen Sitzung darüber diskutiert und war sich mehrheitlich einig, die BI sprechen zu lassen. Sie soll nun im September bei einer separaten Bürgerversammlung ihre Bedenken vortragen dürfen. Zu dieser wird dann auch der Investor eingeladen. Es ergebe keinen Sinn, im Rahmen der Gemeinderatssitzung die Argumente der BI ein bis zwei Stunden anzuhören, wenn nichts entschieden werde, erklärte Bösenecker. "Da bringt eine große Diskussion nichts mehr, wenn schon alles zu spät ist." Die BI glaubt, dass Bösenecker auf Zeit spielt. "Wir fühlen uns als Bürger in dieser Sachfrage zurückgesetzt, benachteiligt und sabotiert", teilte die BI schriftlich mit. "Man behandelt uns wie Dreck."

Von der Bürgerversammlung verspricht sich Bösenecker nicht viel. Die Argumente seien alle bekannt. Und auch die BI ist gegen diese Bürgerversammlung. "Das ist eine Zumutung. Wir bestehen auf unserem Recht, im Gemeinderat gehört zu werden", heißt es. Darüber hinaus fordert die Initiative eine Einwohnerversammlung.

Dieser Artikel wurde geschrieben von:
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.