Angezapft wird unterhalb des Trinkwassers
Stadt hat keine Einwände gegen einjährigen Probelauf für Wasserentnahme durch Naturella – Wasser fließt in den Eulsbachgraben

Mineralwasserqualität - so lautete der Befund nach der Erkundungsbohrung im Gewann Butschnickel. Foto: Archiv
Waibstadt. (cla) In einem einjährigen Pumpversuch soll geklärt werden, ob der ortsansässige Getränkehersteller Naturella im Waibstadter Boden genug Wasser für seine Schorle-Produktion findet, welche ökologischen Folgen die Entnahme hat und mit welchen Auswirkungen durch das Projekt zu rechnen ist. Der Gemeinderat gab grünes Licht, die Entscheidung selbst liegt aber im Wesentlichen beim Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises.
Entscheidet der Gemeinderat leichtfertig über die Entnahme von großen Wassermengen? Wird die Bevölkerung ausreichend informiert? Wer haftet für Schäden, und wer kontrolliert die Einhaltung von Vorgaben? Ein Einwohner legte bereits in der Bürgerfragerunde eine umfassenden Fragenkatalog zum Thema vor.

Dieses Stück Rohr am westlichen Stadtrand markiert die Stelle, an der Naturella das Wasser für seine Schorle-Produkte gewinnen will. Foto: Christian Laier
Nachdem der Gemeinderat im Oktober 2017 einer Probebohrung zugestimmt hatte und Naturella tatsächlich auf ein brauchbares Wasservorkommen gestoßen war, lag den Stadträten nun der Antrag für die wasserrechtliche Erlaubnis des Pumpversuchs auf einem Privatgrundstück im Gewann Butschnickel vor. Das Pumpwasser soll in der Versuchsphase in den nahegelegenen Eulsbachgraben geleitet werden.
Hintergrund
Das sagen Naturella und Kreis zu den Pumpversuchen
"Schäden sind auszuschließen". Das versichern Firma und Behörde unisono auf eine RNZ-Nachfrage zu den anstehenden Pumpversuchen von Naturella. Das Unternehmen verwies auf die Vorgaben des geologischen
Das sagen Naturella und Kreis zu den Pumpversuchen
"Schäden sind auszuschließen". Das versichern Firma und Behörde unisono auf eine RNZ-Nachfrage zu den anstehenden Pumpversuchen von Naturella. Das Unternehmen verwies auf die Vorgaben des geologischen Landesamts Baden-Württemberg. Durch die Einbindung der Fachbehörden und die intensive fachliche Begleitung der Bohrung durch das geologische Büro GeoConsult aus Walldorf werde "allen denkbaren Risiken Rechnung getragen". Aufgrund der Ergebnisse einer nahegelegenen Erkundungsbohrung im Daisbachtal könne man geologischen Bohrrisiken ausschließen.Laut Firma wurden bei den Bohrarbeiten keine quellfähigen Gesteine, die zu Geländehebungen und Gebäudeschäden führen könnten, angetroffen, ebenso wenig Karsthohlräume: "Eine Beeinträchtigung der öffentlichen Trinkwasserversorgung kann ausgeschlossen werden, da diese ein anderes Grundwasserstockwerk nutzt."
Das Wasserrechtsamt des Landratsamtes erklärte als Genehmigungsbehörde gegenüber der RNZ, dass von Naturella vorab keine Sicherheitsleistung oder eine Kaution gefordert worden sei. "Bei ordnungsgemäßer Durchführung der Bohrung sowie bei Beachtung der erteilten Inhalts- und Nebenbestimmungen sind Schäden auszuschließen", erklärte eine Vertreterin des Landkreises. Ferner sei die Bohrung gemäß des Antrags für den einjährigen Pumpversuch bereits von März bis Juni 2018 planmäßig ausgeführt und fertiggestellt worden. "Sollte es im Nachhinein dennoch zu Schäden kommen, haften sowohl die ausführende Bohrfirma als auch die Firma Naturella als Auftraggeber nach den gesetzlichen Bestimmungen", so das Wasserrechtsamt. Die Arbeiten würden in unregelmäßigen Abständen vom Landratsamts überwacht. (cla)
Bürgermeister Joachim Locher zeigte Verständnis für die vorgebrachten Nachfragen: "Wasser ist unser wichtigstes Nahrungsmittel. Sie können sich sicher sein, dass sich dessen auch der Gemeinderat bewusst ist." Die Firma Naturella rechne mit einem wachsenden Wasserbedarf. Bisher müsse das Wasser für Schorle-Produkte über weite Strecken angeliefert werden.
An allen anderen Standorten würden schon eigene Brunnen betrieben. Negative Auswirkungen auf das Grundwasser seien nicht zu befürchten, weil Naturella Wasservorkommen in wesentlich größere Tiefe anzapfen wolle, verwies Locher auf ein geologisches Gutachten.
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Waibstadt hole sein Wasser aus 30 bis 50 Meter Tiefe, Naturella habe 200 Meter tief und somit in eine völlig andere geologischen Schicht gebohrt, erklärte Locher. "Herr des Verfahrens ist das Wasserrechtsamt. Wir treffen nur die Entscheidung, ob wir die Einleitung des Pumpwassers in den Eulsbachgraben erlauben", so Locher. Der Bürgermeister stellte klar: "Wenn es Anzeichen für negative Auswirkungen geben sollte, hat sich das Thema erledigt."
"Die städtischen Brunnen werden mit Sensoren und Sonden ausgestattet, um zu beobachten, ob es Auffälligkeiten gibt", legte Bauamtsleiter Bernd Kiermeier dar. Er ergänzte, dass "nicht unser Grundwasser angebohrt wird, sondern Mineralwasser in einer Tiefe von 200 Meter. Weil der Tiefbrunnen sich im Bereich des Großeinzugsgebiets ’Große Stube’ befindet, ist eine permanente Überwachung gewährleistet."
Stadtrat Kurt Lenz regte an, während des Pumpversuchs eine Entnahmestelle einzurichten, an der Waibstadter Einwohner kostenlos Gartenwasser holen könnten. "Wenn es in einem Jahr tatsächlich losgehen sollte, ist das der bestkontrollierte Brunnen in Waibstadt", sagte Lenz.
Winfried Glasbrenner betonte: "Der Vorwurf des Fragestellers, es würde etwas gemauschelt, ist einfach falsch. Bereits im Oktober 2017 wurde die Öffentlichkeit informiert." Es sei ein ökologischer Vorteil, wenn Wasser vor Ort gefördert werden könne und nicht auf der Straße wie bisher aus Norddeutschland nach Waibstadt gefahren werden müsse, meinte der Stadtrat. "Überall gibt es Mineralwasservorkommen, die gefördert werden, und es stürzen keine Häuser ein", widersprach Glasbrenner den Bedenken des Fragestellers.
Gerhard Rieser schlug vor, während des Pumpversuchs in den öffentlichen Gemeinderatssitzungen regelmäßig Zwischenberichte vorzulegen. Marcus Moser empfahl, darauf zu achten, dass die Wege im Umfeld der Pumpstelle befahrbar bleiben.
Der Gemeinderat nahm den Antrag auf wasserrechtliche Erlaubnis zur Durchführung eines einjährigen Pumpversuchs zur Kenntnis und stimmte der Einleitung des Pumpwassers in den Eulsbachgraben zu. Die Stadtverwaltung regte zudem an, während des einjährigen Pumpversuchs eine öffentliche Entnahmestelle für Gartenwasser einzurichten, und bat die Wasserrechtsbehörde sicherzustellen, dass spätere Haftungsansprüche im Fall von Schäden gegenüber der Firma geltend gemacht werden können.