Stillgelegt

Sinsheimer Elsenzhalle ist nicht mehr zu gebrauchen

Marode Bausubstanz, Mängel bis unters Dach, kaum Sanierungs-Perspektiven - Technik-Ausschuss berät am Dienstag

26.06.2020 UPDATE: 28.06.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 43 Sekunden
So kennt man sie, die Elsenzhalle: als einen Ort der Geselligkeit, wie hier beim Fohlenmarkt, und bestens geeignet für Biertische, Straßenschuhe, Veranstaltungen der rustikaleren Art. Für immer vorbei? Der Gemeinderat muss sich diese Frage wohl stellen. Archiv-Foto: C. Beck

Von Tim Kegel

Sinsheim. Die Nachricht ist ein Paukenschlag: Die Elsenzhalle – seit 1965 Ort der Wahl für alle Veranstaltungen, bei denen es ruhig etwas rauer zugehen darf – ist offenbar für nichts mehr zu gebrauchen. Und ein Risiko für Leib und Leben von Gästen und Veranstaltern. Wegen statischer, brandschutztechnischer und bauphysikalischer Mängel wurde sie nun tatsächlich komplett stillgelegt. Ob die Halle jemals wieder genutzt werden kann, ist mehr als fraglich.

Wenn der Gemeinderatsausschuss für Technik und Umwelt am kommenden Dienstag zur Vorberatung über das weitere Vorgehen zusammenkommt, hilft eine über 50-seitige Tischvorlage bei der Entscheidungsfindung. Das Papier enthält unter anderem ein Lärmgutachten, die Stellungnahme zu einer früheren Brandschutz-Untersuchung, den Bericht eines Statikers sowie die Foto-Dokumentation diverser Schäden und Risikofaktoren. Das Thema, sagt Baudezernent Tobias Schutz, sei "ein sehr schmerzliches", eines, mit dem man sich keine Freunde mache. Insider rechnen damit, dass es zur Zukunft der Elsenzhalle ein uneinheitliches Meinungsbild im Gemeinderat geben wird – und einen Aufschrei in der Vereinswelt sowie bei kleineren Veranstaltern, denen die Örtlichkeit lieb und teuer gewesen war. Und: Es werden Fragen kommen, weshalb das Ganze, wo es doch seit 1965 keinen Zwischenfall in der Elsenzhalle gegeben hat.

Hintergrund

> Ein Abriss der Elsenzhalle ohne Ersatz würde mit ziemlicher Sicherheit das Ende der Kleintier- und Hundeschauen in Sinsheim bedeuten. "Das wäre für uns fatal", sagt beispielsweise Markus Heizmann, Vorsitzender der Kreis-Kaninchen- und -Geflügelzuchtvereine, "für uns ist

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> Ein Abriss der Elsenzhalle ohne Ersatz würde mit ziemlicher Sicherheit das Ende der Kleintier- und Hundeschauen in Sinsheim bedeuten. "Das wäre für uns fatal", sagt beispielsweise Markus Heizmann, Vorsitzender der Kreis-Kaninchen- und -Geflügelzuchtvereine, "für uns ist die Halle Gold wert." Der robuste Hallenboden sei aus Hygienegründen gut für Tierschauen geeignet, die in Sinsheim eine lange Tradition haben, "auf einem schönen Sportboden geht das nicht". Heizmann fällt "keine alternative Halle im weiteren Umkreis" für Züchter-Zwecke ein. Flohmärkte, zumindest die gemeinnützigen der Initiative Sinsheimer Weihnachtsmarkt, könnten aus Rathaus-Sicht zwar "ohne weiteres" in der Dr.-Sieber- oder der Carl-Orff-Sporthalle stattfinden. Vorsitzender Hans-Jürgen Poppe gibt allerdings zu bedenken, dass zum Weihnachtsflohmarkt 300 Biergarnituren und 50 Paletten Ware mit Hubwagen, teils auch mit Gabelstaplern in die Elsenzhalle gebracht werden. Wohl oder übel würde der Flohmarkt an einem anderen Standort "weniger umfangreich ausfallen", glaubt Poppe. "Zwischen 50 und 70 Prozent der bisherigen Veranstaltungen" in der Elsenzhalle könne man Alternativen anbieten, sagt Schutz, etwa der Modellflug-, Eisenbahn-, Second-Hand- und Fotobörse oder dem Spielmobil. Unklar ist, ob und wo ein Ostergarten der Kirchen, Bogenschieß-Training oder Tierschauen und Spaß-Events "externer Veranstalter", wie das "Hüpfburgenland", stattfinden können. Beim Fohlenmarkt setze man auf ein anderes Konzept, etwa mit einem modernen Festzelt.

Tatsache ist aber auch: Die Zahl der Veranstaltungen in der Elsenzhalle ist rückläufig: 2007 waren es 35 mit 169 Belegungstagen. 2019 kam man auf 19 Veranstaltungen mit 89 Tagen Belegung. (tk)

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Doch zu der einen oder anderen brenzligen Situationen war es in vergangener Zeit tatsächlich gekommen, etwa als einzelne Elemente der Deckenverkleidung aus Kunststoff in die zum Zeitpunkt leere Halle gekracht waren. Dass es jedoch weit schlimmer kommen könnte, geht aus den Papieren hervor, die der Halle Mängel bis unters Dach bescheinigen. Dies geht so weit, dass das Dach bei einer Schneelast ab zehn Zentimeter eigentlich von einer Firma geräumt werden müsste. Es gebe starken Feuchtigkeitseintritt, Kondenswasser kann nicht verdunsten; sowohl die Haustechnik als auch die Türen und die Rettungswege erfüllten nicht die Brandschutz-Mindestanforderungen. Zahlreiche brennbare Baumaterialien, darunter Holz und Kunststoffe, kämen hinzu, die inzwischen marode seien. Die Tragkonstruktion sei ebenfalls nicht ausreichend vor Feuer geschützt.

Die Gutachter kommen zum Schluss, dass die statischen und bauphysikalischen Probleme "mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht zu beheben" seien und dass die Statik der Halle "so knapp bemessen" ist, dass auf die vorhandenen Außenwände und Fundamente "nur schwerlich ein komplett neues Dach aufgesetzt werden" könne.

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Nüchtern betrachtet, ein "Todesurteil". Drei Szenarien sind für Tobias Schutz nun denkbar: der "ersatzlose Abbruch" – das zentrumsnahe Areal wäre ein idealer Standort für Geschoss-Wohnbau –, der Abbruch mit Neubau einer Halle ähnlichen Standards, möglicherweise auch, indem geprüft wird, ob Teile des Bestands integriert werden können. Letztere Variante – in Zeiten klammer Kassen nicht einfach realisierbar – wäre ein Neubau als Sport- und Veranstaltungshalle. Mit "mindestens drei Millionen Euro" würde die einfache Hallen-Variante zu Buche schlagen, schätzt der Dezernent. Der Technik-Ausschuss wird das Thema Elsenzhalle am Dienstag, 19 Uhr, vorberaten. Schutz rechnet dann "mit einem längeren Entscheidungsprozess".

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