Sinsheimer Schulen

Bereit für einen erneuten Lockdown?

An den Schulen werden zusätzliche Computer ausgegeben. Doch manche Schüler und Lehrer stehen vor anderen Herausforderungen.

20.10.2020 UPDATE: 21.10.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 31 Sekunden
„Für die ganz Schwachen ist es der Arbeitsplatz, der fehlt“, sagt Holger Gutwald-Rondot, Rektor der Kraichgau-Realschule. Manche Kinder müssten bei Schulschließungen am Küchentisch lernen. Symbolfoto: iStock

Von Christian Beck

Sinsheim. Die Infektionszahlen steigen, einzelne Klassen sind corona-bedingt in Quarantäne, weitere könnten folgen. Falls in absehbarer Zeit wieder alle Schüler zu Hause unterrichtet werden sollen, stellt sich die Frage: Wie steht es um die Voraussetzungen?

Ein wesentlicher Aspekt sind Geräte, mit denen Schüler den Fernunterricht empfangen oder Arbeitsmaterialien herunterladen können. Im Rahmen der Schulschließung im März zeigte sich: In einigen Familien hatten Kinder keinen Computer – häufig, weil mehrere Kinder zu Hause lernen sollten, oder die Eltern den Laptop fürs Homeoffice selbst brauchten. Manche Kinder versuchten, dem Unterricht via Smartphone zu folgen, andere waren komplett raus.

Vor diesem Hintergrund hat die Stadt 400 Geräte bestellt: 167 Laptops und 233 Tablets. Letztere sind laut Carmen Eckert-Leutz, Leiterin des Amts für Bildung, Familie und Soziales, alle eingetroffen, konfiguriert und zu mehr als zwei Dritteln ausgegeben. Sie würden von den Schülern des Wilhelmi-Gymnasiums genutzt, außerdem von den Grundschülern, da sie im Vergleich zu Laptops intuitiver zu bedienen seien. Bei den Laptops gebe es einen Lieferengpass, rund 100 Exemplare würden noch dieses Jahr geliefert. Knapp 70 seien jeweils zur Hälfte an die Kraichgau-Realschule und an die Theodor-Heuss-Schule (THS) ausgegeben worden.

Dort zeigt man sich glücklich über die zusätzlichen Geräte. Laut Realschul-Rektor Holger Gutwald-Rondot werden die ersten Laptops an diesem Mittwoch verteilt. Von den 36 Geräten seien 25 von Eltern bestellt. Man habe zuvor alle Eltern angeschrieben, diese mussten begründen, warum sie einen Laptop brauchen. Dabei habe es sich um Familien gehandelt, die nur ein Gerät oder gar keines besitzen, berichtet der Rektor. Die Nachfrage sei geringer als angenommen, sagt Gutwald-Rondot. Aus seiner Sicht spreche dies dafür, dass einige Eltern in der Zwischenzeit selbst einen Computer für ihr Kind gekauft haben. Er geht davon aus, dass über diesen Weg eher die finanziell Schwächeren unterstützt werden, beispielsweise Alleinerziehende. Timo Engelhardt, stellvertretender Leiter der THS, berichtet, dass die Laptops momentan an der Schule verwendet werden. Müssen die Schüler wieder nach Hause, werde geschaut, wer eines benötige.

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Doch ein Computer alleine hilft nicht: Einige Familien stöhnten zu Zeiten der ersten Homeschooling-Phase über eine schlechte Internetverbindung. Hier hat sich wohl ebenfalls etwas verbessert: Die Datenleitung, mit der das Gymnasium, die Realschule, die THS sowie die Carl-Orff-Schule mit den städtischen Servern verbunden sind, wurde von 600 auf 800 MBit/Sekunde hochgestuft. Doch Wolfgang Wagner, Amtsleiter Informations- und Kommunikationstechnik, macht darauf aufmerksam, dass es auch auf die Internetanschlüsse im jeweiligen zu Hause der Schüler ankommt. Und auf das Ausmaß, in dem diese genutzt werden. Wenn beide Eltern sowie mehrere Kinder das Internet nutzen, sinkt die Leistungsfähigkeit im Regelfall. Und nach wie vor gibt es in und um Sinsheim Bereiche, in denen die Verbindungsgeschwindigkeit sehr niedrig ist. Eltern hatten im Frühjahr der RNZ berichtet, dass sie Schulmaterial herunterladen, wenn sie zum Einkaufen in der Stadt sind.

Die Laptops und Tablets, die sich Schüler nun ausleihen können, sollen soziale Unterschiede ausgleichen. Doch Gutwald-Rondot merkt an, dass ärmere Familien oft beengt wohnen: "Für die ganz Schwachen ist es der Arbeitsplatz, der fehlt." Unter Umständen müssen mehrere Kinder zusammen am Küchentisch lernen. Vor diesem Hintergrund ist der Rektor froh, so lange der Unterricht noch regulär an der Schule stattfindet. Engelhardt stimmt zu: Die meisten Schüler erreichten die Lehrer zwar über den Fernunterricht, ganz vereinzelt seien aber Schüler im März und April "untergetaucht". Und Lehrer hätten Arbeitsblätter zu ihnen nach Hause bringen müssen. Der Konrektor vermutet, dass sich dies bei einer weiteren Schulschließung wiederholt.

Und es gibt weitere Herausforderungen: Einige Lehrer haben Bedenken, dass mit ihren Aufnahmen beim Videounterricht Schindluder getrieben wird und verweisen darauf, dass auch sie noch nicht mit Computern ausgestattet sind. Beim Thema Tests und Klausuren im Fernunterricht ist unklar, wie verhindert werden soll, dass Schüler schummeln. Des Weiteren ist noch völlig offen, was geschieht, wenn nach einigen Jahren die Computer der Schüler altersbedingt ersetzt werden sollen. Oberbürgermeister Jörg Albrecht ist sich relativ sicher, dass das Land sich dann nicht mehr so großzügig zeigen wird.

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