Sinsheimer Amtsgericht

Richterin bleibt auch in Robe sie selbst

Bärbel Hönes ist Richterin beim Amtsgericht. Die "Geschichten hintendran" sind für sie das Spannende. Bereut hat sie ihre Entscheidungen noch nie.

25.03.2021 UPDATE: 26.03.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 39 Sekunden
Bärbel Hönes ist seit April 2020 Richterin auf Probe am Sinsheimer Amtsgericht. Foto: Christiane Barth

Von Christiane Barth

Sinsheim. Schon als Kind war es ihr Wunsch, Richterin zu werden. Und nun befindet sie sich auf dem besten Weg dahin. Wenn sie in ihre Robe schlüpft, nimmt sie keine andere Rolle ein. Sie bleibt sie selbst. Die Richterrobe ist ihre Arbeitskleidung. Wenn sie eine Verhandlung leitet, Zeugen vernimmt und Angeklagte mit akribischen Fragen zur Detailtreue zwingt, legt sie keine einstudierte Attitüde an den Tag, sondern lässt sich auch gerne von ihrem Bauchgefühl leiten, wartet trotz gründlicher Vorbereitung auch mal ab, wie sich die Dinge im Gerichtssaal entwickeln.

Bärbel Hönes ist seit April 2020 am Amtsgericht Sinsheim Richterin für Straf- und Familiensachen. Sie arbeitete dort zusammen mit vier weiteren Richterinnen und Richtern und verbringt momentan – nach ihrem Jurastudium in Heidelberg und ihrem Referendariat in Baden-Baden – einen Teil ihrer Assessorenzeit als Richterin auf Probe. Das Amtsgericht Sinsheim ist ihre zweite Station. Wie lange sie in der Stadt bleiben wird, ist bislang noch unklar.

Hönes wohnt in Heidelberg, ihre Wurzeln hat sie im Schwäbischen. Sinsheim hat sie bislang lediglich in der Corona-Zeit kennengelernt, hat also weder Kultur noch Gastronomie in der Großen Kreisstadt wirklich erleben können. Als Prozessvorsitzende tritt sie mit viel Selbstvertrauen auf. Dies ist in diesem Beruf auch notwendig, bestätigt die 30-Jährige. Dennoch: Ihre Forschheit, ihre Art, sich nicht mit Halbwahrheiten, Ausflüchten oder Ungenauigkeiten abspeisen zu lassen und ihre Strenge im Gerichtssaal sei auch "Typsache", meint Hönes. Nicht nur beruflich muss sie Entscheidungen von großer Tragweite treffen, sondern auch sportlich eine neutrale Position einnehmen, in der sie unterschiedlichste Einflüsse berücksichtigen muss: Nach ihrer aktiven Sportlerkarriere ist sie nun Handballschiedsrichterin.

Ihr beruflicher Weg zeichnete sich schon früh ab und sie verfolgte ihn konsequent: "Die Ausbildung zur Richterin macht man nicht nebenher, da muss man schon viel Arbeit reinstecken," berichtet Hönes. Auch, wenn es manchmal anstrengend wird – gestresst fühlt sie sich trotzdem nicht. "Es kommt ja immer darauf an, wovon man sich stressen lässt", verdeutlicht sie, dass es immer eine Wahl gibt. Und sie unterstreicht: "Die Arbeit macht mir großen Spaß."

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Als "Moderatorin" einer Gerichtsverhandlung wirkt sie entspannt, nicht gehetzt: "Ich habe mich ja vorbereitet und weiß, was in den Akten steht. Außerdem freue ich mich darauf, die Leute, von denen ich gelesen habe, endlich kennenzulernen." Es seien dann vor allem die "Geschichten hintendran", die sie im Laufe des Verfahrens aus Angeklagten und Zeugen herausarbeitet, und die für sie das Spannende eines Prozesses ausmachen: "Da geht es ja dann nicht um Akten, sondern um gelebtes Leben."

Viel abgeschaut hat sie sich während ihrer Zeit bei der Staatsanwaltschaft in Mannheim. "Da habe ich gesehen, wie andere Richter ihre Verhandlungen führen und habe entschieden, was ich gut finde und was vielleicht nicht so gut." Persönlich angegriffen fühlt sie sich nicht, wenn ein Angeklagter nicht auf ihre Fragen eingeht. Welche Qualifikationen braucht es für den Beruf der Staatsanwältin oder Richterin? "Man muss Interesse mitbringen für die Menschen und sich einfühlen können, denn es sind keine Papierfälle. Ein bisschen Selbstbewusstsein schadet bestimmt auch nicht. Und man muss sich einfach trauen. Dann wird das schon", sagt Hönes.

Ihr Anspruch ist es, aus den unterschiedlichsten Verstrickungen den richtigen Weg zu erkennen. Der also, der im Gericht und nach der Verhandlung nicht nur mit einem angemessenen Strafmaß begangen werden kann, sondern differenzierter zu sehen ist. "Es geht ja nicht darum, jemanden unbedingt zu bestrafen, sondern um eine Lösung für den Menschen zu finden", erklärt Hönes. Nicht nur der Sühnegedanke zähle, sondern das Bemühen, dem Angeklagten zu helfen, aus einer Situation, die ihn zum Straftäter gemacht hat, herauszukommen. "Es geht auch darum, ihm nicht alles zu verbauen, sondern ihm eine Chance zu geben, es künftig besser zu machen."

Die Probleme, die sie im Gerichtssaal oft über mehrere Stunden von den verschiedensten Seiten beleuchtet, nehme sie aber nie mit nach Hause. Der Austausch mit Kollegen jedoch gehöre dazu, deren Rückmeldung ist ihr wichtig. Im Gegenzug hat sie auch ein offenes Ohr für die Fälle der Kollegen. Es gibt juristische Randbereiche, bei denen die Einschätzung der Kollegen helfen kann. "Man holt sich Tipps und gleicht sich ab", verdeutlicht Hönes. Bereut hat sie ihre richterlichen Entscheidungen noch übrigens nie.

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