Sinsheim/Eppingen

Die Maiwanderer im Blick

Polizei bereitet sich zwar auf viele Menschen vor, setzt am 1. Mai aber auf Augenmaß

29.04.2020 UPDATE: 30.04.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 47 Sekunden
In Eppingen hat die Polizei den Ottilienberg im Blick. Archiv-Foto: Detlef Brötzmann

Von Tim Kegel und Angela Portner

Sinsheim/Eppingen. Zwar werden in diesem Jahr zum 1. Mai keine Maibäume gestellt und Vereinsfeste gefeiert. Doch sicher ist: Mit dem Maifeiertag kommen die Maiwanderer. Wie der gesellige Frühlings-Feiertag mit den Gesundheitsauflagen in der Corona-Krise einhergeht, zeigen Stimmen aus zwei Zentren im Kraichgau.

Mit einer Sperrung des Parkplatzes an der Burg Steinsberg in Sinsheim-Weiler will das Polizeirevier ab Donnerstag, 19 Uhr, vermeiden, dass der beliebte Aussichtsplatz zum Treffpunkt der Maiausflügler wird. Zu Beginn der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen hatten an dem Parkplatz mehrfach Treffen von bis zu 150 überwiegend jungen Menschen stattgefunden, zwischenzeitlich gab es Klagen über Vermüllung.

An der seit Beginn der Corona-Krise praktizierten Strategie hat Revierchef Theo Härter für den Maifeiertag "nichts geändert", da sich das bisherige Vorgehen bewährt habe. Er erwartet "keine schwierige Lage am Wochenende", zumindest nicht schwieriger als in den Wochen zuvor: Drei zusätzliche Streifen haben an Feiertagen ein Auge auf "Corona-spezifische Dinge", in der Innenstadt sind zusätzliche Beamte zu Fuß unterwegs. Direkt in den Wald, wo sich Mai-Ausflügler traditionell bewegen, fahre man mit den Polizeifahrzeugen nicht, sagt Härter, "allerdings kommen wir an Waldparkplätze, Sitzgelegenheiten, Grillstellen und bekannte Treffs". Hierbei werde man zwar präsent und entschieden, aber zugleich besonnen vorgehen, beschreibt der Sinsheimer.

Härter glaubt nicht, dass sich der Maifeiertag wesentlich von anderen Wochenenden der Ausnahme-Phase unterscheiden wird: "Schon die ganze Zeit durch hatten die Leute mehr Freizeit, waren mehr unterwegs, weil das Wetter schön war." Hierbei hat Härter festgestellt, dass mit der Zeit weniger Personalienfeststellungen und Anzeigen aufgenommen werden mussten. Zwar seien "viele Menschen unterwegs", die sich aber im Gros an Abstandsregelungen hielten und keine großen Massen bildeten: "Nach meiner Wahrnehmung gehen die Beanstandungen leicht zurück." Die vorübergehenden Maßnahmen zum Gesundheitsschutz seien "in vielen Köpfen drin". Es habe sich "um einen Lernprozess für alle" gehandelt.

In Sinsheim schaut die Polizei auf dem Steinsberg-Parkplatz nach dem Rechten. Archiv-Foto: Siegfried Lörz

In der Sinsheimer Innenstadt liegen die beliebten Treffpunkte "am Busbahnhof und in der Allee", auch hier sei man präsent und setze bei Auffälligkeiten am liebsten zunächst auf Augenmaß und ein klärendes Gespräch. "Von der Situation hat keiner gewusst und keiner hat sie gewollt", sagt Härter. In aller Regel agierten die Kollegen daher sensibel und besonnen, man wolle "keine Menschen verärgern".

Auch in Eppingen sagt der dortige Polizeichef Fred Walko, dass man "keine großen Verstöße" erwarte. Bisher seien die Bürger sehr diszipliniert. Trotzdem sind er und sein Team gut vorbereitet. Gerade wenn das Wetter schön ist, wird es viele Menschen ins Freie ziehen. Aus der Erfahrung vergangener Jahre kenne man die Plätze, die von feierlaunigen Jugendlichen besonders gern aufgesucht werden. In der Fachwerkstadt sind das unter anderem der Ottilienberg und der Waldparkplatz, aber auch auf dem Schulgelände oder hinter dem Vereinsheim hätten früher oft Partys stattgefunden. Vielleicht denke sich gerade an diesem Tag so manch Heranwachsender, dass es jetzt mal genug mit "der Bevormundung" seitens der Politik sei, doch es gelte immer noch die Verordnung im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes. Danach dürfen sich im privaten Rahmen nur fünf, im öffentlichen Raum sogar nur zwei Menschen zusammen aufhalten. Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die umgehend angezeigt wird. "Wir sind mit doppelt so vielen Kollegen wie sonst unterwegs", erklärt Walko. Wie viele genau, das will er aus "einsatztaktischen Gründen" lieber nicht sagen. Für die Kollegen bedeutet das Urlaubssperre und Überstunden schieben. Kommen Personen einer "vollziehbaren Aufforderung" der Beamten nicht nach oder werden an anderer Stelle nochmals gemeinsam angetroffen, wird aus dem feuchtfröhlichen Zusammensein unweigerlich eine Straftat. Walko weist darauf hin, dass Anzeigen derzeit schnell bearbeitet werden. Das gilt auch für die, die letztlich vor dem Kadi landen.

In Sinsheim wird die Polizei vom Ordnungsamt unterstützt, speziell bei der Überwachung des Steinsberg-Gebiets. "Das sind wir auch den Anwohnern schuldig", sagt Sinsheims Oberbürgermeister Jörg Albrecht. "Mit Sorge" blickt er aber vor allem aus einem ganz anderen Grund auf den Maifeiertag, sieht "ein Desaster" auf die Vereine zukommen. Am 1. Mai 2019 hat Albrecht, wie er sagt, "mit dem Fahrrad acht verschiedene Feste" in den Stadtteilen besucht, darunter Veranstaltungsklassiker wie das Feuerwehrfest an der Sommerhälde oder das Fest auf dem Dührener Ortsmittelpunkt. Teils zählten diese Veranstaltungen 500 und mehr Besucher. Der Maifeiertag habe dazu gedient, sagt Albrecht, "den ersten Schwung Geld im Frühjahr in die Vereinskassen zu spülen". Der Ausfall könne, bedenkt man sowohl die finanzielle als auch die menschliche Seite, "eine bedenkliche Entwicklung in Gang setzen", fürchtet Albrecht: "Schlimm ist: Das alles kannst Du nicht nachholen."

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