Ein Stück Sinsheim ist verschwunden
Eindrucksvolles Vorher-nachher-Schauspiel am Stadteingang West von Sinsheim

Die Rundung an der Ecke Muth-/Dührener Straße prägte den Stadteingang Sinsheims.
Von Larissa Cascino und Tim Kegel
Sinsheim. Seit dem frühen Donnerstagnachmittag ist "der Zweydinger" endgültig Geschichte. Damit ist das letzte bisschen Art Deco in Sinsheim verschwunden. Doch nicht ohne den bekannten Rundbau in den Stadtwohnungen und der Seniorentagesstätte baulich aufzugreifen, die hier in den kommenden etwa zwei Jahren hochgezogen werden sollen.
In Teilen der markanten Gebäude hat im späten 19. Jahrhundert Sinsheims erster Industriebetrieb, das Emaillierwerk der jüdischen Gebrüder Gumbel, bis zu Beginn der 30er-Jahre rund 300 Angestellte beschäftigt. Hier flackerte um die Jahrhundertwendezeit auch das erste elektrische Licht der Stadt. Und auch sonst ist das 5000 Quadratmeter weite Gelände reich an Sinsheimer Firmengeschichte. Unter anderem waren an der Ecke Muth- und Dührener Straße ein Haushaltswarengeschäft, zuletzt ein soziales Möbellager und ein Verleih für Transporter und Caravans ansässig.
Den Namen und das jedem Kind der 80er- und 90er-Jahre bekannte Logo verdankte das Ensemble dem Getränkevertrieb der Kaufleute Rolf und Hans Zweydinger, der "Bierkiste". Nach teilweise längerem Leerstand wurden die äußerlich hübschen aber maroden Hallen mit ihrem "Retro-Charme" 2014 an die Baumanager Günter Kotlik und Rüdiger Bucher verkauft, die bei einem ähnlichen Projekt auf dem Gelände der Mauerer Leimfabrik noch in diesem Monat den Grundstein setzen. Ins neue Sinsheimer Stadtviertel kommen 66 Wohnungen, vier Penthäuser, eine Tagesstätte, Gewerbeflächen und ein Innenhof mit kleinem Park und Tiefgarage.
Ein Kreis schloss sich im vergangenen Sommer beim letzten Akt auf dem Zweydinger-Areal: Besitzer und Investoren gaben zwei Sinsheimer Kreativen das Okay, die morbide Abbruchstimmung als Fotoset zu nutzen.



