Eppingen: Jazz in der Altstadt wartet diesmal mit zwei neuen Spielorten auf

Für die Süßmosterei ist es die erste und auch letzte Veranstaltung.

22.10.2014 UPDATE: 22.10.2014 06:00 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden
Michael Mairhofer (li.) und Günter Brenner sind gespannt auf die Stimmung im Kesselhaus, das beim Altstadt-Jazz erstmals Spielort sein wird. Foto: Guzy
Eppingen. (guz) Wieselflinke, kammermusikalische Saitenspiele im Alten Kesselhaus? Zwischen Rohrleitungen und Stellrädern? "Na ja, so ganz wissen wir noch nicht, wie's hier klingen wird mit Publikum", sagt Michael Mairhofer, klatscht einmal laut in die Hände und lauscht dem Echo. Der Ton hallt nicht zu lange nach zwischen den großen Kesselanlagen der Palmbräu. Mairhofer scheint zufrieden mit der Akustik. Es müsste also eigentlich alles ganz gut klappen, wenn hier am kommenden Samstag das Schweizer Duo Sauter & Schläppi mit Gitarre und Bass erstmals auch die Kessel zum Schwingen bringt - von 20 bis 0 Uhr beim 14. "Jazz in der Altstadt".

In einer Mischung aus Not und Pioniergeist haben die beiden Altstadtjazz-Macher Michael Mairhofer und Günter Brenner den ungewöhnlichen Ort zu einem der sechs Spielstätten gekürt. Not, weil der urige Grässle-Keller aus Brandschutzgründen von der Riege der Spielorte gestrichen werden musste. Pioniergeist, weil damit das Kesselhaus, dessen Zukunft nach wie vor ungewiss ist, zu einem Kulturort auf Zeit erhoben wird.

"Vom Ambiente her ist das nicht zu schlagen", ist sich Mairhofer sicher, zumal die Industrieanlage mit professioneller Lichttechnik in Szene gesetzt wird. Leitungen und Metallspinde, ein altes Pin-up - alles authentisch und ein passender Rahmen für handgemachte, lebensfreudige Musik, die bei den beiden Schweizern mal romantisch-exotisch, mal poppig-drängend daherkommt.

Seit 2000 gibt es Jazz in der Altstadt. Seither hat die Veranstaltung viele hochkarätige Formationen nach Eppingen gebracht. Und noch nie ist eine Gruppe zweimal aufgetreten - nicht etwa, weil die Musiker der Fachwerkstadt den Rücken gekehrt hätten (die meisten wollten sofort wiederkommen), sondern wegen Mairhofers und Brenners Credo: Abwechslung. Sechs Spielorte - sechs neue Bands - "Wir sind unserer Linie treu geblieben", sagt Brenner.

Weil der Grässle-Keller gestrichen wurde und auch die Katharinenkapelle diesmal nicht zur Verfügung steht, ballen sich die Veranstaltungsorte am Samstag rund ums Rathaus, mit der Folge, dass die klassischen Altstadtspielorte Alte Universität und Wirtskeller St. Georg nun am Rande liegen. Einen Stilbruch sieht Brenner darin nicht: "Wir sind noch immer Jazz in der Altstadt". Bei den Spielstätten seien Kompromisse nötig gewesen, nicht aber bei der Qualität der Musiker.

Und die ist seit 14 Jahren so ansprechend, dass viele der Jazzbegeisterten auch weitere Anfahrten in Kauf nehmen, um mit einem Eintrittsbändchen den unterschiedlichen Stil von sechs Gruppen genießen zu können. Um die richtige Mischung zu finden, haben sich Brenner und Mairhofer wieder wochenlang durch zig Demo-CDs gehört und dann die Köpfe zusammengesteckt und gemeinsam entschieden. Oder auch ganz spontan, wie bei der Mannheimer Formation The Windwalkers. Mairhofer war beim Besuch der Jazzopen in Stuttgart von dem lateinamerikanisch angehauchten funky-jazzigen Sound des Sextetts so begeistert, dass er sie von der Bühne weg engagierte. Die Windwalkers werden um 19.30 im Ahnenkeller der Palmbräu auch das Festival eröffnen.

Wer's knackig-rockiger mag, kann von dort zum Gitarrentrio Axiom weiterpilgern. Auf diese Gruppe freut sich Mairhofer besonders, blickt aber andererseits auch wehmütig auf deren Auftrittsort: die Alte Süßmosterei. Die Gitarrenriffs und Bassläufe der drei Dresdner Musiker werden das Requiem für das Gebäude sein, das bald einem Parkhaus weichen soll. Zuvor aber wird es erst- und letztmals als Spielstätte in Szene gesetzt (21 bis 1 Uhr). "Das wird richtig granatig", macht Mairhofer Lust aufs Zuhören.

Nebenan, im Wachlokal im Rathaus, greift das deutsch-türkische Ensemble FisFüz 3000 Jahre spanische, türkische, italienische und orientalische Musikgeschichte des Mittelmeerraums auf und transkribiert sie in die Neuzeit (20 bis 24) Uhr. Im Wirtskeller St. Georg nimmt das festivalerfahrene Ferenc und Magnus Mehl Quartett die Zuhörer mit fetzigen Eigenkompositionen, energiegeladenen Soli, aber auch stimmungsvollen Balladen mit auf eine musikalische reise durch die Nacht. Und in der Alten Universität verspricht die zehn Musiker starke Formation Grand Malheur Gute-Laune-Jazz und schwingende Hüften bis in die erste Stunde des neuen Tages (21 bis 1 Uhr).

Dank einer stattlichen Sponsorenriege, ohne die ein solches Niveau an verpflichteten Musiker nicht zu halten wäre, musste die Stadt in den vergangenen Jahren jeweils nur eine geringe Summe zuschießen. Wenn die erhofften 430 Besucher kommen, wird es wohl auch diesmal bei wenigen 100 Euro Defizit bleiben. Diskussionen darüber gab es im Gemeinderat noch nie, sagt Mairhofer: "Und die Strahlkraft ist das Geld auf jeden Fall wert."

Fi Info: Eintrittsbänder für 13 Euro gibt es bei den Buchhandlungen Holl & Knoll sowie Müller, der Volksbank, dem Wirtskeller St. Georg und beim Bürgerservice der Stadt. Am Veranstaltungsabend sind die Bändchen für 15 Euro an allen Spielorten zu haben.

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