Durchs Wortlabyrinth auf Spurensuche
Auftakt von Stadtteil-Reihe: Stadtarchivar Marco Neumaier berichtet über Hoffenheim in der frühen Neuzeit.

Sinsheim. (bju) Ob Hoffenheim wirklich eine der "ansehnlichsten Ortschaften der Gegend" ist, wie eine Ortschronik findet, das konnte auch Sinsheims Stadtarchivar Dr. Marco Neumaier in seinem Vortrag nicht klären. Der Ort feiert zurzeit noch seine Ersterwähnung vor 1250 Jahren und bildete den Auftakt einer Vortragsreihe über die Sinsheimer Stadtteile.
Zahlreiche Gäste zeigten Interesse für die Geschichte des "dicht bebauten Haufendorfs" am rechten Hang des Elsenztals. Der Archivar beleuchtete vor allem das 16. bis 18. Jahrhundert, die frühe Neuzeit, auch weil die wesentlichen Quellen aus den vier Bänden mit Dokumenten aus den "Hoffenheimer Brieffschaften" bestand, die Neumaier erstmals umfassend ausgewertet hat. Die Schriften von 1617 bis 1792 zeigten "das vielfältige Gemeindeleben" und enthalten Rechnungen, Korrespondenzen, Inventarlisten, Gerichtsurteile oder Urkunden mit teilweise gut erhaltenen originalen Siegeln.
Eine historische Reise durch Hoffenheim, das im Zug des Dreißigjährigen Kriegs mehrere Male verwüstet und entvölkert worden war: Seit dem 14. Jahrhundert teilten sich die Erzherzöge von Österreich und die Grafen von Katzenelnbogen die Herrschaft über den Ort. Nach dem Aussterben der Letzteren waren die Landgrafen von Hessen Nachfolger. Die Herren von Hirschhorn erhielten später beide Teile als Lehen, das sie bis zum Aussterben 1632 innehatten.
Wie kompliziert und holprig die damalige Amtssprache klang, davon konnten sich die Gäste mehrfach überzeugen. Neumaier verlas unter anderem die Lehensbestätigung – mit Sätzen, die so lang waren, dass am Ende kaum erinnerlich war, was am Anfang gesagt worden war. Wortlabyrinthe, zig "von und zu"-Titel und altdeutsche Worte, die sich nicht sofort erschlossen. Schmunzeln unter den Zuhörern, Atemlosigkeit aufgrund der Satzlängen beim Archivar: Quellenkunde – eine Herausforderung für Forscher und Zuhörer. Glücklicherweise überstrapazierte Neumaier nicht die Lesungen, sondern hatte auch mal ein "das erspare ich Ihnen" auf den Lippen.
Gleichzeitig warf der Abend ein Schlaglicht auf die Arbeit des Historikers, dessen Begeisterung für die "Hoffenheimer Brieffschaften" spürbar ist. Weiter ging es mit den Herrschaftswechseln zu den Herren von Gemmingen, deren Wappenelement "goldener Balken auf blauem Grund" mit der Hirschhorner "Hirschstange" noch heute im Ortswappen zu sehen ist. Der kaiserliche Geheime Rat Otto Heinrich von Gemmingen ließ sich 1781 in Hoffenheim ein Schlösschen errichten, und auch die Zehntscheune stammt aus dieser Zeit: "Von der ist nur noch ein Portaltrakt übrig", sagte Neumaier.
Andere Schriften handelten von der Gerichtsbarkeit, der Verwaltung oder der Schäferei, die womöglich die in den Hoffenheimer Siegeln eingeprägten Schafe inspirierte. Die Pflichten der Untertanen, die herrschaftlichen Gebäude, die Kriegszeiten, aber auch die Wälder sowie der "Zankapfel Religion" und das "Jüdische Hoffenheim" wurden angesprochen. Und auch die hohen Kosten von Bürgermeistern werden in den Schriften kritisiert, die auch eine Auflistung von Geldstrafen für "Rügen" beinhalten.
Inventarlisten bei Sterbe- oder Heiratsfällen zeigen, dass ein "Wundarzt" Lampe, Geschirr und "medizinische Messer, Scheren und eine Zahnzange" besaß, die Frau jedoch die Äcker und sogar einen Weinberg in die Ehe brachte: "Alles richtig gemacht", scherzte ein Besucher.
Die Reformation, die mehrmalige Zerstörung des Orts durch französische Truppen oder die regelmäßige Nutzung als Soldatenquartier sind ebenfalls in den Dokumenten erwähnt. Auch eine zunächst bewilligte jüdische Hochzeit inmitten der Fastenzeit, über die es dann Beschwerden gab, wurde in einem Schriftwechsel bezeugt. Im Jahr 1806 geht der Ort an das neu formierte Großherzogtum Baden.