Das macht die Stadtmuseums-Leiterin in der Corona-Pause
Was macht Stadtmuseumsleiterin Dinah Rottschäfer, während die Türen geschlossen bleiben müssen? Auch ohne Besucher gibt es genug zu tun.

Von Berthold Jürriens
Sinsheim. Das kulturelle Leben liegt aufgrund der corona-bedingten Einschränkungen erneut brach. Auch das Stadtmuseum hat geschlossen. Dinah Rottschäfer, Leiterin des Museums und des Stadtarchivs, sowie ihre Mitarbeiterinnen nehmen diese Tatsache mehr oder weniger gelassen hin. "Denn es gibt immer etwas für uns zu tun", betont Rottschäfer.
"Ich war schon empört darüber, dass wir Museen bei der Schließung dem Bereich Freizeit zugeordnet wurden", berichtet sie. Denn so komme nicht zum Ausdruck, dass Kultureinrichtungen wie Museen wichtig und bedeutsam für die Gesellschaft sind. Als das Haus unter Pandemie-Bedingungen geöffnet hatte, hätten sich die Besucher besonnen verhalten, Masken getragen, Abstand gehalten und das Hygienekonzept habe gut funktioniert.
"Und mit den Besucherzahlen können wir in diesen besonderen Zeiten durchaus zufrieden sein", findet sie. Bis Oktober sind ihr zufolge dieses Jahr etwa 1000 Personen ins Museum gekommen. Die Sonderausstellung "Grüße aus Sinsheim – Zeitreisen im Postkartenformat" soll bei der "Wiedereröffnung" noch zu sehen sein, und auch der Kolonialwarenladen "Lichdi-Lädle" im Bürgersaal kann dann besucht werden.
Rottschäfer schätzt die gute Zusammenarbeit mit den "Freunden Sinsheimer Geschichte" und mit anderen engagierten Sammlern, Forschern und Bürgern, die immer wieder Ideen an sie herantragen. Denn auch wenn in diesem Jahr einiges an kulturellen Veranstaltungen, beispielsweise die Heimattage, ausgefallen sind, und es wohl noch dauert, bis das Stadtmuseum wieder öffnet, dreht Rottschäfer keine Däumchen. Museumsarbeit sei eben nicht nur Publikumsarbeit, sondern dazu gehöre Sammeln, Restaurieren, Inventarisieren, Konzipieren von Ausstellungen, Entwickeln von Strategien, Neugestaltung von Ausstellungsräumen oder Reparaturen.
Man bereite sich – Corona hin, Corona her – auch auf die nächsten Monate vor. So gut wie alle Veranstaltungen ließen sich eben nicht nur Tage oder Wochen vorher planen. Sich zurücklehnen und abwarten, wie sich die Pandemielage in Deutschland entwickelt, kann das Museumspersonal nicht. "Wir sind präsent, haben regelmäßig Anfragen von Forschern oder Studenten und sind auch in den sozialen Medien aktiv", ergänzt sie. Über 700 Abonnenten folgen auf "Instagram" dem "stadtmuseumsinsheim". "Eine beachtliche Zahl", freut sich die gebürtige Baden-Badenerin. Auf dieser Plattform möchte sie zukünftig unscheinbare, aber auch besondere Objekte des Stadtmuseums präsentieren, die dem undefinedBetrachter Geschichten der 1250-jährigen Stadtgeschichte erzählen.
Auch über die "Befreiung" des alten städtischen Tresors von seiner Verschalung wurde dort berichtet, der nun selbst zum Museumsobjekt wurde. Genau wie die 100 Jahre alte Zither, die als Spende aus einem Epfenbacher Haushalt nun direkt in die Sammlung als Teil des Biedermeier-Zimmers aufgenommen wurde. In diesem kleinbürgerlichen-familiären Idyll, in dem ein 200 Jahre alter Lyraflügel die Blicke auf sich zieht, berichtet Rottschäfer fast schon leidenschaftlich von ihrer Museumsarbeit.
Das liegt auch an einem ihrer Arbeitsplätze, denn über das historische Rathaus von 1712, das nach dem großen Brand von 1689 wieder aufgebaut worden war und in dem sich das Stadtmuseum befindet, gerät sie regelrecht ins Schwärmen. "Das Gebäude ist ja selbst ein Stück Geschichte. Eine Art Museum im Museum." So präsentiert sie ein "Geheimnis" in Form eines Lochs in der Decke, das sie lange Zeit beschäftigt habe. In der Etage drüber ist an dieser Stelle eine kleine Winde auf dem Boden angebracht. "Hier führte wohl das Seil der üblicherweise im Rathaus befindlichen Feuerglocke von oben bis in die untere Etage herab, damit man bei Alarm nicht nach oben laufen musste." Damit unterstreicht sie, dass sie "jeden Tag etwas dazulernt".
Erwähnenswert sei auch die Arbeit im Stadtarchiv, in dem es immer etwas zu tun gäbe und ehrenamtliche Forscher regelmäßig vor Ort seien. "Dort ist gerade ein neuer professioneller Scanner in Betrieb genommen worden." Von Ratsprotokollen über Standesbücher und Pläne bis hin zu umfangreichem Material für Heimat- bis Familienforscher finde sich vieles im Archiv.
Rottschäfer schätzt das Stadtmuseum auch, weil vieles hier nicht statisch sei und "man die Geschichte, anders als in großen Museen mit oftmals digitalen Überangeboten", spüren könne. "Letztendlich wird ein Museum aber erst durch die Besucher lebendig." Mit ein Grund, dass die Leiterin des Stadtmuseums hofft, dass die Politik die kulturellen Einrichtungen, seien sie noch so klein, nicht aus dem Auge verliert.