Schneller Flitzer auf leisen Sohlen
Auch mit dem Elektroauto geht's auf der Autobahn rasch voran - Das Aufladen dauert 15 Minuten

Hier fließt kein Strom: Beim Auto- und Technik-Museum können Elektroautos kostenfrei geladen werden, Jörg Fürstenberger hat jedoch den passenden Stecker nicht dabei. Foto: Beck
Von Christian Beck
Sinsheim. Mit einem leichten Klacken rastet der Zündschlüssel ein. Doch beim Umdrehen erklingt nicht der leiseste Mucks. Kaputt ist das Auto jedoch nicht, es fehlt nur der Verbrennungsmotor. Denn es handelt sich um ein Elektroauto. "Man kann es schlecht erklären", findet Jörg Fürstenberger. "Man muss es selbst einmal ausprobieren." Genau deshalb unternimmt die RNZ den Praxistest: Rund zwei Stunden fahre ich mit Fürstenbergers VW E-Up durch die Stadt, über die Autobahn, durch die Ortsteile. Und natürlich auch zu den Ladestationen.
"Hier können Sie ruhig mal Gas geben", sagt Fürstenberger, als ich den Wagen auf die Autobahn lenke. Mein rechter Fuß drückt das Pedal durch, ich spüre, wie mein Oberkörper in den Sitz gepresst wird. Ein Grinsen breitet sich in meinem Gesicht aus: Die umgerechnet 86 PS verwandeln den Kleinwagen in einen Flitzer, es fühlt sich an, als schlummerten 200 Pferdestärken unter der Haube.
Doch der Spaß hat einen Haken, die Nadel zeigt es an: Während wir beschleunigen, saugt der Motor das Maximum an Energie aus der Batterie. "Wir fahren gerade ziemlich unwirtschaftlich", drückt es Jörg Fürstenberger sachlich aus. Also schauen wir uns nach Ladesäulen um.
Die Raststation auf der Autobahn bietet mit mehreren Steckertypen Auswahl, auch Schnelladen ist hier möglich. Ganz so fix wie bei Benzin und Diesel geht es aber trotzdem nicht: Nach etwa 15 Minuten ist der Akku vollständig geladen. Gewöhnungsbedürftig ist am Anfang außerdem Lage und Bezahlvorgang: Die Säulen stehen etwas abseits auf dem Parkplatz, zum Stromtanken braucht es eine Karte. Sie müssen beim jeweiligen Anbieter extra beantragt werden. Laut Fürstenberger gängige Herausforderungen: "Oft muss man die Ladestationen suchen, hier hilft aber eine App auf dem Smartphone." Außerdem sind die Karten zum Stromzapfen noch nicht vereinheitlicht. Für Ausflüge nach Mannheim hat Fürstenberger deshalb eine zweite "Tankkarte" im Handschuhfach.
Wie so viele andere Besitzer von Elektroautos tankt Fürstenberger deshalb meist zu Hause: Im Hof seines Hauses hat er eine so genannte Wallbox installiert, den Strom holt sie sich von der Solaranlage auf dem Dach. Das ist deutlich günstiger als an der Raststation, eine volle Ladung dauert allerdings drei bis vier Stunden. "Das macht aber nichts, ich lade meistens nachts", verrät der Reihener, der seinen Zündschlüssel bei Interesse bereitwillig fast jedem in die Hand drückt.
Auf dem Weg von Reihen zurück in die Stadt will ich den Akku schonen und streichele das Gaspedal. Außerdem schalten wir in den verschärften Energiesparmodus. "Dann geht allerdings die Heizung aus", erklärt Fürstenberger. Klar: Auch die braucht Energie. Doch das Wetter ist eher frisch, rund zehn Minuten später fühlt sich das Lenkrad schon merklich kühler an. Dann lieber schnell zur nächsten Ladestation.
Die liegt am Auto- und Technik-Museum. Doch auch hier ergeben sich Herausforderungen: "Eine Station am Tor ist meist zugeparkt", berichtet Fürstenberger - so auch an unserem Testtag. Die zweite am Eingangsbereich ist frei, doch der Stecker passt nicht. Wer dort den Strom der Solaranlage kostenlos zapfen möchte, braucht den Typ 1-Stecker: "Der ist nicht mehr Standard", berichtet Fürstenberger.
Zum Schluss schauen wir noch bei der Badewelt vorbei: Direkt am Eingangsbereich befinden sich zwei Ladestationen mit normaler Schuko-Steckdose. Auch hier dauert das Aufladen lange, doch hier ließe sich die Wartezeit mit Baden überbrücken. Badegäste bekommen die Ladung mit dem Eintritt verrechnet, wer dort nur laden möchte, muss Geld einwerfen.
Auf dem Rückweg hängen wir im Stau auf der Neulandstraße fest. Erneut macht sich die Ruhe des Elektroautos angenehm bemerkbar. Und die Abgase, die irgendwann den Weg ins Innere des Wagens finden, kommen heute nicht von uns. Nach knapp zwei Stunden muss ich den Fahrersitz des Flitzers räumen. Zugegeben: Es fällt mir schwer. Mit dem Elektroauto zu fahren, ruft Gelassenheit hervor. Und es macht Spaß. Nach einer passenden Ladestation zu suchen aber nicht. Hier sollte sich noch manches vereinfachen.



