Landesheimattage 2020 in Sinsheim

Waldkirch hat die Messlatte hoch gelegt

Einige Sinsheimer besuchten am Sonntag den Landesfestumzug, um Erfahrungswerte für das Großereignis in zwei Jahren zu sammeln

10.09.2018 UPDATE: 11.09.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden

Ausgestattet mit Dreschflegeln, Heugabeln, Sicheln, Reffs und Sensen hielten die Dreschgemeinschaft Dühren und die Manschettenbauern die Tradition der alten Landtechnik hoch und konnten von Weitem im Festumzug in Waldkirch ausgemacht werden. Foto: privat

Von Christian Beck

Sinsheim/Waldkirch. "Das war eine bombastische Veranstaltung!" Dührens Ortsvorsteher Alexander Speer ist voll des Lobes für den Landesfestumzug, der sich am Sonntag durch Waldkirch schlängelte. Die Dreschgemeinschaft sowie die Manschettenbauern waren mitgelaufen, zahlreiche Vertreter der Stadtverwaltung waren ebenfalls in den Breisgau gefahren, um sich Anregungen für den "eigenen" Landesfestumzug zu holen. Am 13. September 2020 wird er Sinsheims Straßen bevölkern - als einer der Höhepunkte der Landesheimattage. Und Waldkirch hat die Messlatte offenbar hoch gelegt: Um hier mithalten zu können, "müssen wir uns ganz schön auf die Hinterfüße stellen", findet Speer.

In der Tat gibt es in den nächsten zwei Jahren noch eine ganze Menge zu organisieren, wie Oberbürgermeister Jörg Albrecht auf RNZ-Nachfrage erklärt. "Im ersten Drittel der Planung" befinde man sich. Weder Teilnehmer noch der Weg, den diese nehmen werden, stehen bislang fest. Klar ist allerdings: Der Landesfestumzug ist mit keiner sonst üblichen Veranstaltung vergleichbar, wie beispielsweise dem Fohlenmarktumzug. Sind es dort im Schnitt 5000 Besucher, rechnen die Organisatoren für das Großereignis mit 25.000.

Dies erfordert ein scharfes Sicherheitskonzept. Vor diesem Hintergrund waren auch Feuerwehrkommandant Michael Hess und Ordnungsamtsleiter Werner Schleifer in Waldkirch. Ein Fazit: So manche Ecke in Sinsheim könnte für die große Menschenmasse zu eng werden. Und das Fernsehen habe bei der Wegstrecke auch noch ein Wörtchen mitzureden, um gute Filmaufnahmen sicherzustellen, verrät Albrecht.

Hintergrund

Seit 1978 werden Landesheimattage in Baden-Württemberg abgehalten, den Auftakt machte damals Konstanz, Heilbronn schloss sich 1981 an, Bad Rappenau im Jahr 2001 und Eppingen 2007.

In der Fachwerkstadt brachte man es seinerzeit bis zum Jahresende auf

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Seit 1978 werden Landesheimattage in Baden-Württemberg abgehalten, den Auftakt machte damals Konstanz, Heilbronn schloss sich 1981 an, Bad Rappenau im Jahr 2001 und Eppingen 2007.

In der Fachwerkstadt brachte man es seinerzeit bis zum Jahresende auf 200 Veranstaltungen. Der Baden-Württemberg-Tag, bis heute fester Bestandteil der Heimattage, beinhaltete einen Markt der Möglichkeiten mit 115 Ausstellern, der sich in Eppingen das zweite Mal zutrug und sich gegenüber dem Vorjahr größenmäßig verdoppelt hatte. Das Thema der Leistungsschau hieß "Sport, Gesundheit, Tourismus". Die Festtage standen unter dem Jahresmotto "Zwischen Fachwerk und Fortschritt". Eppingens städtischer Beitrag zum Gesamtbudget lag damals bei 200.000 Euro, eine Größenordnung, wie sie auch in Sinsheim für 2020 vorgesehen ist.

In Bad Rappenau wurde 2001 ein Lied zur Stadt gesucht. Man entschied sich für den Song mit der Zeile "Der Himmel ist blau über Bad Rappenau", eingereicht von der damaligen Band "Kyzon". Bei der Aufnahme des Lieds wurden Grundschulkinder beteiligt; später fand es Einzug in die Stadtgeschichte - als Warteschleifen-Song der Rathaus-Telefonanlage. Für ein krasses Gegenteil zur lässigen Nummer war ebenso Raum bei den Bad Rappenauer Heimattagen: In Zusammenarbeit mit der Landesarchivdirektion und dem Staatsarchiv Ludwigsburg wurden Unterlagen der Nachkriegszeit als Quellen zur Geschichte des Dritten Reichs im Rahmen eines archivfachlichen Kolloquiums aufgearbeitet. Die Arbeit ist heute "für die Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus von herausragender Bedeutung", wie es heißt.

"Stadt, Land - alles im Fluss" heißt es dieses Jahr in Waldkirch mit stattlichen 250 Veranstaltungen. Auch im Schwarzwald wurden die Planungen erst spät öffentlich gemacht, darunter ein "Schwarzwälder Film-Kultur-Fest". Wegen "lebendiger Traditionen, der Echtheit regionaler Produkte, ursprünglicher Natur, bewusstem Genießen und eines nachhaltigen Lebensstils" sei Waldkirch als erste Stadt Baden-Württembergs "in den auserwählten Kreis" sogenannter "Cittaslow"-Städte aufgenommen. Die Kombination von "regionalem Brauchtum mit zukunftsorientierten Projekten" solle dazu inspirieren, "auch selbst eine bewusste, weltoffene Lebensweise zu verfolgen", hat man sich in Waldkirch hohe Ziele gesetzt.

In Karlsruhe fanden die Heimattage 2017 erstmals in einer Großstadt statt - mit entsprechenden Größenordnungen: Rund 50.000 Besucher zählte der Landesfestumzug in der Fächerstadt, das Sonderthema des Umzugs mit 90 Gruppen lautete "200 Jahre Fahrrad" mit historischen und futuristischen Gefährten. Insgesamt spricht Karlsruhe von 685.000 Besuchern der Landesheimattage. Ein Höhepunkt war auch ein internationales Tanz- und Folklorefestival.

In Sinsheim nimmt derweil die Umgestaltung des Stadtfests zu einem Stadt- und Freiheitsfest Gestalt an, mit dem man an die 1848er-Revolution erinnern möchte. "Die Eulen vom Steinsberg" heißt ein Kinderbuch, das mit Hilfe örtlicher Akteure verfilmt und im Rahmen der Heimattage gezeigt werden soll.

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Was für Erfahrungswerte haben die Sinsheimer noch aus Waldkirch mitgebracht? Gute Organisation sei enorm wichtig, betont der OB. Gefallen hat ihm deshalb, dass jeder Bus, der zum Umzug angereist ist, mit einem einheimischen Lotsen bestückt wurde, um so Verkehrschaos zu vermeiden. "Das werden wir übernehmen", erklärt Albrecht. Dass verschiedene Gruppen beim Umzug Themen aus Waldkirch aufgegriffen haben, sagt dem OB ebenfalls zu. Nicht ganz optimal fand er dagegen die Organisation rund ums Essen und Trinken: Nach dem Umzug habe es viel zu wenig Stände gegeben, außerdem hätten Besucher viel zu lange anstehen müssen, um das Getränkepfand wieder zu erhalten. Das sollte in Sinsheim besser laufen, findet Albrecht.

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Apropos laufen: 94 Gruppen waren es, die in Waldkirch dabei waren, ähnlich viele sollen es in Sinsheim sein. "Nur die ersten 80 sieht man aber in der Fernsehübertragung", berichtet Albrecht. Interesse sei von der einen oder anderen Gruppe bereits signalisiert worden, für eine konkrete Planung sei es jedoch zu früh. Laut OB sei es zudem Sinn und Zweck des Landesfestumzugs, die Vielfalt Baden-Württembergs abzubilden. Nicht alle Gruppen werden deshalb aus Sinsheim und der Umgebung kommen können.

Neben Fragen der guten Organisation ist die Stimmung wichtig. Die sei in Waldkirch super gewesen, betont Speer. Und so solle es in Sinsheim auch werden. OB Albrecht ist zuversichtlich: "Ich freue mich immer mehr auf die Heimattage in Sinsheim und darauf, was unsere Bürger dann erleben können."

Info: Fragen und Informationen rund um den anstehenden Landesfestumzug und die Heimattage in Sinsheim beantwortet Ines Kern von der Geschäftsstelle Heimattage, Telefon: 07261 / 404118.

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