Mit selbst gebauten Solarbikes bis ans Mittelmeer
Familie Leippe aus Bockschaft mit ihren Liegerädern mit Solarpanels auf Abenteuerfahrt

Mit selbstgebauten Solarbikes begaben sich Susanne und Ingo Leippe mit ihrem Sohn Felix auf eine abenteuerliche Urlaubsfahrt ans Mittelmeer. Foto: Detlef Brötzmann
Von Detef Brötzmann
Kirchardt-Bockschaft. "Es war ein richtiges Abenteuer", sprudelt es Susanne Leippe über die Lippen, als ihr Mann Ingo und Sohn Felix gerade von einem Unwetter an der Ardèche und von umgestürzten Bäumen erzählen. Das Trio musste seine Liegefahrräder samt Anhänger über die Stämme heben. In nur 13 Tagen fuhr die Familie mit selbstgebauten Solarbikes von Bockschaft bis an die französische Mittelmeerküste - ohne festen Plan und ohne Französischkenntnisse.
Zunächst ging es über Bruchsal, Kehl und Straßburg zum europäischen Radfernweg Euroveloroute 6, der von Basel zum Atlantik führt. Die Strecke entlang des Rhein-Rhone-Kanals ist gut ausgebaut, und an einem Tag schaffte das Trio sogar 140 Kilometer - immer das Ziel vor Augen und immer auf der Suche nach einem Zeltplatz. Gebucht hatten sie in den dreieinhalb Wochen ihres Urlaub nichts. Nur einmal mussten sie in einem Hotel übernachten, da weit und breit kein Zeltplatz auszumachen war.
Einzige Hilfsmittel auf der insgesamt rund 2300 Kilometer langen Route waren eine Karte, das Smartphone und Funksprechgeräte, über die sie sich auf der Fahrt über Straßen und Wege verständigen konnten. In den beiden Fahrradanhängern das Zelt, Campinggeschirr und jede Menge Reparaturmaterial. Letzteres war besonders auf dem zweiten Teil der Strecke nötig, als sie von der Euroveloroute in Richtung Süden abbiegen mussten. Dort glichen die Radwege einer Mountainbikestrecke, und einmal ging es kilometerlang durch einen ausgedienten Eisenbahntunnel.
Pannen waren da programmiert. So war das Kugellager des Hängers auseinandergefallen, und Ingo Leippe verbrachte vier Stunden damit, den Schaden zu reparieren. Auch so manch andere Panne musste gemeistert werden. "Das nächste Mal nehme ich wärmere Kleidung mit", sagt seine Ehefau Susanne. Obwohl es am Tag glühend heiß war, fiel die Temperatur nachts in den Bergen auf nur sechs Grad.
Dem Rhônetal entlang ging die Fahrt über Avignon bis nach Saintes-Maries-de-la-Mer. Oft standen die Solarbiker vor Absperrungen, durch die nur ein normales Fahrrad hindurch passte, nicht aber ihre breiten, dreiräderigen Liegeräder, die mit Anhänger eine Gesamtlänge von 3,70 Metern haben. Umwege mussten gesucht und in Kauf genommen werden. "Das war wie bei einer Schnitzeljagd", erinnert sich der Familienvorstand.
Die Liegefahrräder mit einem Dach aus Sonnenkollektoren erregten jede Menge Aufmerksamkeit, und immer wieder wurde die Familie von Menschen aus allerlei Nationen darauf angesprochen. Die Idee, solche Räder zu bauen, entstand vor sechs bis sieben Jahren. Ingo Leippe kennt sich mit Fotovoltaik aus und wollte beim E-Bike vom Wechseln und Nachladen der Akkus unabhängig sein. So tüftelte er einen Aufbau aus einem Gestänge aus, das ein Solarpanel tragen kann. Dieses Panel speist den Akku während der Fahrt.
Die Solartechnik ersetzt allerdings nicht das Treten in die Pedalen: Wie bei einem Pedelec wirkt die Energie nur unterstützend. Jedes der drei Fahrräder ist ein anderes Modell. Die Standardrahmen aus Aluminium waren gekauft. "Die Frage war nun, wie baut man das Modul oben drauf", sagt Ingo Leippe, für den sich diese Frage gleich drei Mal stellte. Eine besondere Herausforderung, die er schließlich in drei Monaten Bauzeit gelöst hat. Die einzelnen Komponenten zum Umbau fand er im Internet. Erst wenige Tage vor der Urlaubsreise wurden die Solarbikes fertig und einer Probefahrt von 400 Kilometern unterzogen. Für Susanne Leippe war das schon zuhause der Beginn einer abenteuerlichen Unternehmung, denn sie war zuvor noch nie mit einem Liegefahrrad gefahren.



