Integration in Sinsheim-Steinsfurt

In der Schule am Giebel wird Verschiedenheit normal

Kinder mit und ohne Behinderung werden in Steinsfurt dank einer Schulkooperation weitgehend gemeinsam unterrichtet

12.02.2018 UPDATE: 13.02.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 45 Sekunden

Schüler mit und ohne Behinderung werden in Steinsfurt gemeinsam unterrichtet. Welches Kind eingeschränkt ist, können Außenstehende oft nicht erkennen. Foto: Christian Beck

Von Christian Beck

Sinsheim-Steinsfurt. Montagmorgen, 9.30 Uhr an der Schule am Giebel: Die Kinder der Klasse 2b lauschen gebannt der "Geschichte vom grimmigen König". Sie warten auf ihren Einsatz, bringen sich ein, kichern, haben Spaß. Dass ein Kind mit einem Herzfehler zur Welt gekommen ist, fällt Außenstehenden nicht auf, der Autismus eines anderen ebenso wenig. Vier Kinder mit Behinderung und 15 ohne werden gemeinsam unterrichtet. Von zwei Lehrerinnen. Doch wie funktioniert die Inklusion? Wo liegen die Herausforderungen? Und wie fallen die Reaktionen der Kinder und Eltern aus? Die RNZ war zu Gast und fragte nach.

"So viel gemeinsam wie möglich, so viel getrennt wie nötig." Den Satz, den Florian Dold, Abteilungsleiter Primarbereich der Stephen-Hawking-Schule Neckargemünd, ins Feld führt, haben viele schon einmal gehört. Doch er beschreibt das Konzept und Ziel der Kooperation recht gut: Sonderschullehrer der Stephen-Hawking-Schule und Lehrer der Schule am Giebel unterrichten in Steinsfurt Kinder mit Körperbehinderung und Kinder ohne Behinderung gemeinsam - wann immer es möglich ist.

Denn Unterschiede gibt es, das ist klar. Kinder mit Behinderung werden deshalb mit Schülern unterrichtet, die ein Jahr jünger sind - mit Handicap dauert die Grundschulzeit fünf Jahre. "Die Kinder haben ein anderes Lerntempo", erklärt Susanne Amler, Leiterin der Schule am Giebel. Und das Schreiben oder Ausschneiden gehe mit körperlicher Einschränkung einfach langsamer. Deshalb wird ab der 3. Klasse in Mathe und Deutsch getrennt unterrichtet. Dazu geht ein Teil der Kinder ins Nebenzimmer, zu den restlichen Fächern kehren sie zurück. "Die Kinder verstehen sich so als Klasse", betont Susanne Amler.

Für die Lehrer war die Kooperation anfangs sehr ungewohnt: "Lehrer sind Einzelgänger", berichtet Dold schmunzelnd. Zu zweit vor der Klasse zu stehen, sei da nicht selbstverständlich. Doch mittlerweile betonen sie, dass das System viele Vorteile biete. Denn so könnten Aufgaben geteilt werden. Und zwei Lehrer könnten besser auf die Schüler eingehen, als einer alleine.

Doch was sagen die Schüler selbst? Jedes Elternteil weiß, dass Kinder gemein sein können. Und ja: Dumme Sprüche in Sachen Behinderung gibt es, bestätigen mehrere Lehrer. "Oft sind es aber eher Fragen. Zum Beispiel, warum ein Kind etwas Bestimmtes nicht essen darf", berichtet Grundschullehrerin Christina Walter. Und das werde dann im Unterricht thematisiert. "Verschiedenheit wird so eher normal", findet Dold. Das gefällt übrigens auch Eltern nicht behinderter Kinder: Die Kooperation sei so beliebt, dass immer mehr Anfragen reinkämen, berichtet Susanne Amler. Welches Kind in einer Kooperationsklasse unterricht wird, müsse demnächst wohl per Los entschieden werden.

Klar ist aber auch: Nicht alles ist möglich. Der Ausflug in den Wald funktioniert mit einem Kind im Rollstuhl nicht. Drachen steigen lassen aber schon. "Und die Kinder wollten den Jungen dann abwechselnd schieben", erzählt Christina Walter. Die Pädagogen sind sich einig: So lässt sich Verantwortung und Rücksichtnahme üben.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.