Bad Rappenau soll sich an Bad Wimpfener Sanierungskosten beteiligen
Eine geforderte Kostenbeteiligung am Ausbau des Bad Wimpfener Gymnasiums ärgert den Bad Rappenauer Gemeinderat.

Von Armin Guzy
Bad Rappenau. In Bad Wimpfen hat man ein dringendes Bedürfnis, das auch in Bad Rappenau zu mehr als nur einer Magenverstimmung führt – jetzt dampft die Kacke gewaltig, und das Porzellan drumherum liegt auch bereits in Scherben. Deckel drauf? Geht jetzt nicht mehr! Wohl selten hat sich das Verhältnis zweier Nachbarstädte so schnell abgekühlt, wie dieses. Es geht um einen Schulneubau, ausufernde Kosten, und darum, wer dafür zahlen soll. Bad Rappenau jedenfalls nicht, darin waren sich die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte am Donnerstag absolut einig. Die Stadt will nun einen Anwalt einschalten und: "prüfen, inwieweit die bisherige interkommunale Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Wimpfen einer Neuorientierung bedarf", wie es in der Sitzungsvorlage heißt.
Oberbürgermeister Sebastian Frei, selbst Jurist, gelang noch mit Ach und Krach ein sachlicher Vortrag der Materie, dann aber zeigten die Beiträge aus dem Gremium, wie groß die Empörung ist. Von "Raubrittertum", war die Rede (Rüdiger Winter, FW), von einem "befremdlichen" Vorgang, der "nicht von fairer Vorgehensweise" zeuge (Timo Reinhardt, CDU), von einer bisher guten Partnerschaft, die nun gefährdet sei (Gundi Störner, SPD), von einem Eigentor der Nachbarn (Robin Müller, Grüne) und einem schlechten Scherz (Klaus Ries-Müller, ÖDP).
Hinter dem als Überfallversuch auf die Bad Rappenauer Stadtkasse gewerteten Vorgang stehen drei, zunächst von niemandem bestrittene Tatsachen: Bad Wimpfen muss angesichts der Schülerzahlen sein Hohenstaufen-Gymnasium erweitern, viele dieser Schüler kommen aus der sechs Kilometer entfernten Kurstadt, die kein eigenes Gymnasium hat, und es gibt ein wegweisendes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden Württemberg. In diesem wurden die Nachbarkommunen der Stadt Geislingen in die Pflicht genommen, sich finanziell an der Sanierung des Geislinger Gymnasiums zu beteiligen, sofern der Anteil der auswärtigen Schüler in den vergangenen fünf Jahren mindestens 50 Prozent beträgt.
Bad Wimpfen hat Anfang des Jahres begonnen, einen Erweiterungsbau für das Hohenstaufen-Gymnasium zu schaffen, und will anschließend den Altbau sanieren. Rund 39 Millionen Euro sind dafür kalkuliert. Laut OB Frei gab es dann im Juni ein Gespräch, zu dem der seit 2021 amtierende Bürgermeister Andreas Zaffran die Nachbarkommunen eingeladen hatte. Als dabei der "Fall Geislingen" und eine "freiwillige Beteiligung" an den Schulbaukosten angesprochen wurde, habe Frei, so sagt er, klargestellt, dass er dies ablehne und sich nicht vorstellen könne, dass der Bad Rappenauer Gemeinderat dies anders sehen werde. Eine förmliche Anfrage habe es daraufhin nicht gegeben.
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Im Oktober erhielt Bad Rappenau dann Kenntnis von einem Antrag, den die Nachbarstadt beim Kultusministerium (KuMi) gestellt hat. Darin wird das KuMi gebeten, ein "dringendes öffentliches Bedürfnis" in Bezug auf Sanierung und Neubau des Gymnasiums nach Paragraf 31, Absatz 1 des Schulgesetzes festzustellen, damit die Nachbarkommunen an den Kosten beteiligt werden können.
Stand heute, könnten damit auf Bad Rappenau Kosten von etwa zehn Millionen Euro zukommen, verteilt auf drei Tranchen, je Bauabschnitt. Alleine der bereits begonnene Neubau wird voraussichtlich fast 13 Millionen Euro kosten.
Was die Bad Rappenauer Gemeinderäte an der ohnehin pikanten Angelegenheit, der großen Summe und dem wenig sensiblen Vorgehen – Winter sprach von einer "Zahlungsaufforderung aus dem Nichts" – besonders ärgert, ist der Zustand der eigenen Schullandschaft: Bad Rappenau hat in den vergangenen Jahren bekanntlich bereits zwei vergebliche Anläufe unternommen, an seiner Verbundschule eine gymnasiale Oberstufe einrichten zu dürfen, zuletzt 2017. Maßgeblicher Ablehnungsgrund war die prognostiziert zu geringe Zahl an Schülern, da es ja in Bad Wimpfen, Neckarbischofsheim und Sinsheim Gymnasien gibt.
Kreistagsabgeordneter Ries-Müller erinnerte nun daran, dass "Bad Wimpfen im Kreistag und auf anderen Ebenen gegen diese gymnasiale Oberstufe gearbeitet" habe und stellte die Frage, ob man Bad Wimpfen nicht auch am kommenden Neubau des Bad Rappenauer "Rappsodie"-Bades beteiligen könnte, und forderte die Stadtverwaltung auf, nun den "ganz engen Schulterschluss" mit dem KuMi zu suchen und eventuell einen dritten Antrag auf Einrichtung einer Oberstufe in Bad Rappenau zu stellen. "Mitten im Bau wird festgestellt (von Bad Wimpfen, Anm. d. Red.), dass die Kosten nicht getragen werden können", echauffierte sich Störner über den zeitlichen Ablauf der Angelegenheit, und OB Frei kündigte hinsichtlich der eigenen zurückliegenden und geplanten Schulsanierungen an: "Wir werden uns überlegen, ob da noch Kosten im Raum stehen." Auch Reinhardt schlug vor, eine "Gegenrechnung" aufzumachen, und Winter fragte lakonisch: "Bekommen wir bald die Rechnung aus Neckarbischofsheim auf den Tisch?"
"Wenn es je einen gefühlten Exklusivstandort für die gymnasiale Schulbildung im nord-westlichen Landkreis Heilbronn gab — und viele Generationen der Bad Rappenauer Bevölkerung haben das Gefühl so wahrgenommen —, dann haben die handelnden Gremien und die Verwaltungsspitze der Stadt Bad Wimpfen das jetzt selbst gründlich rasiert", machte Müller die drohenden Folgen der Vorgehensweise deutlich. Der Schulkrieg beider Städte scheint eröffnet.
> Bürgermeister Zaffran verwies auf Anfrage der RNZ darauf, dass weitere Kostensteigerungen bei dem Bauprojekt – er gab es mit 35 Millionen Euro an – nicht ausgeschlossen seien. "Dies übersteigt grundsätzlich die finanzielle Leistungsfähigkeit der meisten Gemeinden, auch die unsere. (...) Da ein hoher Anteil an Schülern des HSG aus den umliegenden Gemeinden kommt, haben wir um eine entsprechende Beteiligung gebeten und versucht, eine gemeinsame öffentlich-rechtliche Schulkostenvereinbarung auf den Weg zu bringen, wobei uns natürlich bewusst war und ist, dass das eine finanzielle Belastung darstellt, die keine Gemeinde gern oder freiwillig trägt. Leider konnten wir die anderen Gemeinden nicht von diesem Weg überzeugen und sind nun den nächsten logischen Schritt gegangen, beim Kultusministerium um die Feststellung eines dringenden öffentlichen Bedürfnisses zu ersuchen", schreibt Zaffran. Der Gemeinderat sei über den Sachverhalt informiert und habe sich auch dafür ausgesprochen, allerdings nicht in einem formellen Beschluss. Das Verhältnis zu Bad Rappenau sieht Bad Wimpfens Bürgermeister nicht gestört: "Das Verhältnis war, ist und bleibt gut und nachbarschaftlich."