Wie wird die (Innen)Stadt wieder auf Vordermann gebracht?
Die Herausforderungen der Heilbronn Marketing sind es, die Menschen nach Heilbronn zu holen und die Innenstadt lebendig zu halten.

Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn geht auf einer sicheren finanziellen Basis in das Jahr, aber auch mit einer großen Ungewissheit: Wird es gelingen, die Innenstadt wieder "auf Vordermann" zu bringen? Auch wenn es bei der Jahrespressekonferenz der Heilbronn Marketing GmbH (HMG) viel um Feste und Feiern ging, Treiber für sie ist auch die Furcht vor einer weiteren Verödung, einem weiteren "Trading down", einem weiteren Verlust an Attraktivität, auch für Touristen und Kaufpublikum. Die Quadriga der Zugpferde besteht aus Wein, Wasser, Wissen und Wirtschaft. Das steht der ältesten Weinstadt Baden-Württembergs gut an, der "Stadt am Fluss", der "Wohlfühlstadt", der "Wissensstadt" – auch mit Blick auf die heimische Wirtschaftskraft.
Positive Etikettierungen sind leicht gefunden, die Inhalte dahinter und die Ansprüche dazu aber nicht immer so zu erfüllen. Dabei hat die Stadt die dämpfenden Wirkungen von Corona, Energiekrise und auch Hitzesommer alles in allem bisher gut überstanden, sogar als Chance genutzt, um neue Formate zu schaffen wie den "Weinsommer" oder den Weingarten auf dem zentralen Kiliansplatz.
Zu den Übernachtungs- und Besucherzahlen sagte HMG-Geschäftsführer Steffen Schoch: "Mit rund 380.000 Gästeübernachtungen kommen wir 2022 noch nicht ganz an das Niveau des Buga-Jahres 2019 (417.000 Übernachtungen) heran." Der Aufwärtstrend nach den Corona-Jahren aber sei "deutlich sichtbar". Oberbürgermeister Harry Mergel zeigte sich sehr angetan von einer noch etwas ungewohnten medialen Aufmerksamkeit über die Mainlinie hinaus. Wenn aber in einem der weit verbreiteten dpa-Texte Heilbronn nur als Ort der Kuriositäten gepriesen wird, ist auch da noch Luft nach oben. Eine gute Nachricht war diese: Die Besucher- und Tourismuszahlen 2022 hätten fast schon wieder das Niveau des Buga-Jahres erreicht. Das HMG-Motto "Schau doch mal rein!" haben viele wörtlich genommen. Schochs Anliegen, "ein gutes Gesamtbild zu schaffen", scheint weitgehend gelungen zu sein.
Gut lief es auch auf der gerade in Stuttgart zu Ende gegangenen Tourismusmesse CMT. Der Auftritt der HMG kam so gut an, dass es einen Design-Award gab (wir haben berichtet), und auch ein konkretes Ergebnis: Sieben Partner aus der Region Nordwürttemberg beschlossen eine Kooperation für einen gemeinsamen Auftritt im Tourismus, um voneinander zu profitieren.
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Die "experimenta" in Heilbronn hat sich als eine besondere lokale Attraktion erwiesen, dabei muss es nicht bleiben. Für die mit dem "Neckar-Käptn" belebte Schifffahrt gilt das auch, und wenn der vom OB so fest programmierte weitere Ausbau der innerstädtischen Neckaruferzone mit allen denkbaren Freizeit- und Gastroangeboten weiter geht, wenn vielleicht sogar die seit Jahren von CDU-Stadtrat Thomas Aurich herbeigesehnte "Surfwelle" auf dem Neckar eine Option wird, dann kann es mit der "Wohlfühlstadt" schon etwas werden.
Weihnachtsmärkte und Weindörfer gibt es in hoher Anzahl, aber ziemlich einmalig in seiner "historischen" Ausrichtung ist der Pferdemarkt von Heilbronn. Der Krämermarkt mit dem besonderen Ambiente, bei dem es tatsächlich auch noch um Pferde geht, findet wieder und am gleichen Standort statt: in der Innenstadt.
Die "Wissensstadt", die mit 10.000 Studenten rechnet, ist eine Aufgabenstellung in zwei Richtungen: in der Gestaltung städtischen Lebens und in der Außenwirkung. Damit Studenten und Lehrpersonal kommen und in der Konsequenz dann auch die Fachkräfte kommen und bleiben. Als "langfristig größte Herausforderung" sieht auch Schoch den Personal- und Fachkräftemangel. Diese Zielgruppe vor allem der jungen Neubürger ist anspruchsvoll und muss angesprochen werden. Ob Weindorf oder Weihnachtsmarkt – sie wollen feiern. Auch wenn es in der "Festkultur" kaum einen Unterschied macht, genießen Angebote wie das "Lichterfest", das es auch 2023 geben wird, oder "Jazz und Einkauf" sowie die drei verkaufsoffenen Sonntage eine Beliebtheit.
Mit der "Sportstadt" hapert es hingegen noch, das war auch Thema bei Sascha Straubs "Talk unter der Pyramide" in der Kreissparkasse, als die Stadträte Herbert Tabler (SPD) und Christoph Troßbach (CDU) von ihren fraktionsübergreifenden Bemühungen sprachen, hier noch mehr Leben in die Bude zu bringen. Sportliche Veranstaltungen wie der Trollinger-Marathon haben nicht unbedingt die Langzeit- und Breitenwirkung für eine Bindung an die Stadt.
Das Jahresprogramm 2023, das Schoch, OB Harry Mergel auch in seiner Funktion als HMG-Aufsichtsratsvorsitzender und Johannes Nölscher von der "stadtinitiative e.V." vorstellten, war so umfangreich, dass ein Überblick nicht einfach ist. Und dass der OB dabei wieder einmal die "spannende Entwicklung" der Stadt hervorhob, auf große innerstädtische Bauprojekte, wie die in der Fleinerstraße und auf dem Barthel-Areal verwies, für das Wollhaus-Zentrum eine günstige Prognose gab und sich auch in Bezug auf den Erhalt als Galeria-Standort hoffnungsvoll zeigte, war die Pflicht. Die "Kür" zur Markthalle als innerstädtische Attraktion ging daneben. Seine schlichte Formel, dass es diese schon lange gäbe, wenn private Investoren einen Bedarf dafür gesehen hätten, geht an dem vorbei, was Sache der Stadt ist. Vor allem dann, wenn er Heilbronn als "Wohlfühlstadt" deklariert, die man jeden Tag als "lebens- und liebenswert" erlebe.
Eher untergeordnet war auch die "Kulturstadt" – die Zuständigkeit der HMG ist da begrenzt. Aber ein Klassik-Open-Air wird es wieder geben, und auch die "Magie der Simmen". Fazit: Was die HMG mit dem Jahresprogramm als Menü auftischte, ist üppig – ihr Personalstand ist es aber nicht. Da liegt die Frage nahe, ob sich Zielsetzung und Umsetzung nicht in die Quere kommen und sich jede Anstrengung auch so lohnen wird, dass sie auch ihr Publikum findet.
Das Thema Wein wird in Württembergs ältester Weinstadt traditionell mit attraktiven Angeboten und auf allen Kanälen gespielt. Ob Weinfest oder Weinpicknick, ob Bollerwagenfahrt in den Weinbergen oder eine geführte Mädels-Sekt-Tour: Unter dem Stichwort "Weinsommer" wird wieder das gesamte Angebot der Stadt zwischen Juni und Oktober abgebildet. Seit 2022 fährt die Neckarflotte unter der Flagge des Stuttgarter "Neckar-Käpt’n", sie blickt optimistisch auf 2023. Die drei Tourismusaktionstage zu den Themen Parks, Neckar und Wein erfreuten sich 2022 reger Nachfrage und werden auch 2023 wieder stattfinden. Am 29. April
und am 29. Juli werden die Themen Wein, Wasser und Wissen wieder in den Fokus rücken. Viele der Angebote sind kostenfrei. Sie sind in den aktuellen Broschüren und online unter www.heilbronn.de/tourismus zu finden.
Vom 25. bis 27. Februar verwandelt sich das Gelände rund um die Harmonie wieder in einen großen Krämermarkt. Auf knapp drei Kilometern erstrecken sich die Budenstraßen, Händler aus ganz Deutschland bieten hier allerlei skurrile und nützliche Dinge an. Darüber hinaus findet an allen Tagen im Wilhelm-Maybach-Saal der Harmonie eine "rustikale" Bewirtung statt. Mit den Pferdeprämierungen am Trappensee und dem Funpark am Friedensplatz wird der Mix der Traditionsveranstaltung komplettiert. Um das Marktgelände mit den Reitanlagen zu verbinden, gibt es mit der Stadtbahnlinie 4 an allen Markttagen zwischen 9 und 17 Uhr einen kostenfreien Shuttle. Wer Flohmärkte liebt, ist beim Antik- und Trödelmarkt in der Harmonie (Theodor-Heuss-Saal) richtig: am Samstag von 9 bis 16 Uhr.