Die Sache mit der subjektiven Sicherheit
Bürgerbefragung in Heilbronn soll Diskrepanz zwischen gefühlter und tatsächlicher Bedrohung klären. Ein Maßnahmenkatalog wurde vorgestellt.

Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Sein eigenes Bild, das Oberbürgermeister Harry Mergel zum Thema "Sicherheit" in Heilbronn zeichnet, ist nicht neu: Man kann sich fürchten vor der Gruppe der jungen Männer, die auf den Stufen der Kilianskirche sitzen – und sich fragen, was sie wohl im Schilde führen. Oder man kann sich sagen, wie froh man sei, dass die eigenen Kinder in Sicherheit aufwachsen und ihnen das Flüchtlingsschicksal dieser dort Versammelten erspart bleibt. Dann aber kann man diesen Gedankengang noch fortsetzen, etwa mit der Vorstellung, gerade in New York unterwegs zu sein. Dort würde man das Gemisch von Völkern und Nationen vielleicht einfach nur "cool" finden.
Hintergrund
> Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig. Die Angaben werden unter Einhaltung strenger Anforderungen des Datenschutzes erfasst und ausgewertet. Die Auswertung wurde dem Institut für Kriminologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg übertragen, das auf diesem
> Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig. Die Angaben werden unter Einhaltung strenger Anforderungen des Datenschutzes erfasst und ausgewertet. Die Auswertung wurde dem Institut für Kriminologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg übertragen, das auf diesem Gebiet entsprechende Erfahrungen hat, sowie durch das Markt- und Sozialforschungsunternehmen "aproxima". Die Kosten dafür liegen bei rund 50.000 Euro. Die Rücklaufquoten bei vergleichbaren Umfragen sahen so aus: In Heidelberg wurden im Jahr 2017 insgesamt 8000 Einwohner befragt; die Rücklaufquote lag bei rund 35 Prozent. In Pforzheim wurden 2020 ebenfalls 8000 Einwohner befragt, die Rücklaufquote lag bei 27,9 Prozent. In Mannheim wurden vor zwei Jahren 15.000 Einwohner online und 10.000 schriftlich befragt. Die Rücklaufquote betrug online 16 Prozent und schriftlich 33 Prozent. (bfk)
Heilbronn ist in dieser Beziehung offenbar nicht sehr cool. Die laut Statistik sicherste große Stadt in Baden-Württemberg hat ein Wahrnehmungsproblem bei ihrer Sicherheit, und das fasst OB Mergel so zusammen: "Sicherheit ist ein elementarer Baustein für die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger. Sie lässt sich nicht ausschließlich mit objektiven, statistischen Zahlen beantworten und bewerten. Ebenso wichtig sind auch Wahrnehmungen von Situationen, in denen sich Menschen nicht sicher fühlen. Diese Wahrnehmungen beeinflussen ihre Sicherheit subjektiv."
Gefühle, vor allem dann, wenn sie nicht von realen und objektiven Fakten herrühren, sind schwer fassbar, ernstnehmen muss man sie dennoch. Das tut die Stadt Heilbronn nun auch: in einer Bürgerumfrage, die am Montag, 20. Juni, online gegangen ist und für die 25.000 Bürger ab 14 Jahren nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurden, die dann per Zugangscode teilnehmen können. Diesen erhalten sie zusammen mit einem Anschreiben des Oberbürgermeisters.
Einzelne Fragen aus der Befragung werden nicht veröffentlicht, um jegliche Manipulation auszuschließen. Ein Beispiel gibt Dorothea Kleinhanns, die das Projekt leitet, dennoch: "Wann haben Sie zum letzten Mal eine Ordnungskraft/Polizei in der Stadt wahrgenommen?" Eben diese wird man in nächster Zeit vermehrt sehen. Ab Anfang Juni wird der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) der Stadt, unterstützt von vier weiteren Security-Mitarbeitern, abends, zwischen 20 und 1 Uhr, in der Innenstadt unterwegs sein, zunächst befristet auf zwei Monate und im Vorgriff auf die geplante personelle Verstärkung des KOD um vier weitere Stellen. Bei den Haushaltsberatungen im Herbst wird sich zeigen, ob es eine weitere Aufstockung der jetzt acht KOD-Mitarbeiterstellen geben wird.
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Bei der Pressekonferenz dabei war auch Polizei-Vizepräsident Thomas Schöllhammer. Die Diskrepanz zwischen der subjektiven Wahrnehmung und der objektiven Lage sieht er auch durch Zahlen bestätigt, will sich aber nicht auf sie allein fokussieren und sagt: Dort, wo es Angsträume gebe, gebe es auch mehr Polizeipräsenz. "Sicherheit in der Stadt ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe."
Was die Angsträume betrifft: Diesen wird mit einem neuen Lichtkonzept und mit mehr Sauberkeit begegnet werden, beziehungsweise wird es teils schon, weil auch diese Faktoren das Sicherheitsgefühl stärken. Auch wenn es so nicht gesagt wurde: Die Ursachen für das mangelnde Sicherheitsgefühl haben auch politische Aspekte, beispielsweise in der Flüchtlingssituation und -diskussion. Ebenso ist auch Bildung ein Faktor. Bürgermeisterin Agnes Christner kündigt dazu an, dass auch Bildungsprojekte, beispielsweise in den Schulen, ein Baustein zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls in Heilbronn sein werden.